Schlüsselherz (German Edition)
Dauer zu auffällig w ä re, und sie stimmte zu.
Sie stiegen aus, Valender bezahlte beim Kutscher den horrenden Fahrpreis, und Cera streichelte dem Pferd die Stahlwollmähne. Aus dem Augenwinkel nahm Valender wahr, wie sie dabei unauffällige Blicke auf die Schaltkreise warf, die darunter verborgen am Hals l a gen.
„ Was für ein prachtvolles Pferd“, lobte sie. „Verfügt es schon über das kinetische Energierückgewinnungssystem?“
Der Kutscher richtete sich stolz höher auf seinem Bock auf. Vor Erstaunen vergaß er glatt seinen Waliser Akzent. „Wahrhaftig, das hat es. Das System ist in diesen Modellen nicht serienmäßig eing e baut, aber mein Pferd gehört zu einer Testreihe. Ist eine gute Sache: Wann immer ich es zügle, baut sich Energie in der Hinterhand auf. Wenn ich sie freisetzen und kurzzeitig die Leistung erhöhen will, berühre ich mit der Peitsche einen Punkt an der linken Flanke, und schon geht so richtig die Post ab.“
„ Und das ist sicher?“, hakte Cera neugierig nach. „Ich habe Beric h te gelesen, laut denen das System die Außenhaut des Pferdes unter Strom setzen kann. Aber ich nehme an, der Peitschengriff ist is o liert?“
Dem Kutscher entfuhr ein Lachen. „Darauf können Sie sich ve r lassen, Miss. Sie haben richtig Ahnung, hat Ihnen das schon mal j e mand gesagt?“
Cera winkte verlegen ab, aber man merkte ihr an, dass sie das Kompliment nicht zum ersten Mal bekam.
„ Buchen Sie doch einmal eine Überlandfahrt, Miss, dann zeige ich Ihnen die ganze Pferdestärke“, schlug der Kutscher vor.
„ Dann müssen Sie mich aber auf dem Bock mitfahren lassen, Sir.“
„ Na, wenn Sie wollen, dürfen Sie auch die Zügel und die Peitsche halten.“
Ceras Augen strahlten. „Wirklich? Oh, wie freundlich von Ihnen. Das wäre fantastisch!“
„ Immer gern, Miss. Immer gern.“
Valender musste schmunzeln, aber es verging ihm sofort wieder. In wenigen Stunden schon würde Cera ins Theater zurückkehren müssen, wohin er sie nicht begleiten konnte. Der Entführer und p o tenzielle Mörder – Gott weiß, wer er war – möglicherweise aber schon.
Kapitel VIII
Die Witwe Macallistor hatte für ihren Empfang keine Kosten und Mühen gescheut. Sie hatte die ganze Straße sperren und weiße, mit bunten Lampions behangene Pavillons aufstellen lassen, in deren Windschutz Getränke und Speisen angeboten wurden; von Kaffee, Tee über Sekt und Sherry bis hin zu giftgrünem Absinth; von Kan a pees und Brothäppchen bis hin zu einem ganzen Wildschwein, das am Spieß über offenem Feuer röstete.
„ Warten Sie, Valender“, bat Cera und fasste ihn am Arm, damit er stehen blieb. „Vielleicht ist es klüger, wenn wir uns nicht zusammen beim Empfang zeigen. Das könnte Verdacht erwecken. Leider bin ich ja nicht ganz unauffällig.“
Er schien mit sich zu ringen, und währenddessen, fand Cera, kon n te sie seinen Arm ruhig weiter festhalten. Es war nun nicht so, dass sie nicht gern mit ihm zusammengeblieben wäre.
„ Sie könnten sich Mrs Macallistor vorstellen“, schlug sie vor, „während ich mich unter die anwesenden Damen mische. Vielleicht gelingt es mir, Kontakt zu ihren Puppen aufzunehmen und diese zu befragen.“
Valender rieb sich das Kinn. „Ich weiß nicht recht. Ich lasse dich ungern allein, nach dem, was gestern passiert ist.“
„ Ach, hören Sie schon auf. Der Schurke wird mich kaum hier vor allen Leuten aufspießen und neben dem armen Schwein da übers Feuer hängen. Kommen Sie. Keinem ist geholfen, wenn wir so viel Misstrauen erregen, dass man nicht mit uns reden mag.“
Widerwillig gab er schließlich nach. „Aber ich bleibe in deiner N ä he. Hast du deine Einladung?“
Cera nickte. Die wundervolle Mrs Keyman hatte Valender und ihr die Karten überlassen, die ursprünglich für sie und Mr Keyman g e dacht waren. Sie wäre – nach eigenen Worten – eher nackt durch Buckingham Palace stolziert, statt der Einladung ihrer Nebenbuhl e rin zu folgen.
„ Viel Erfolg, bis später“, sagte sie, drückte Valenders Arm noch einmal und ging dann vor, um beim Sicherheitsdienst ihre Karte vo r zuzeigen. Problemlos ließ man sie vorbei, und sie mischte sich unter die Menschen, die in kleinen Grüppchen zwischen den Pavillons flanierten, an Stehtischen Getränke zu sich nahmen oder etwas a b seits Plausche hielten.
Ihr war nicht klar, ob sie ihren Plan für vernünftig, verwegen oder dumm halten sollte. Betrachtete sie das Problem rational, gab es nichts zu rütteln: Das
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