Schlüsselherz (German Edition)
w o rauf Jane ihr „Jaja!“ abschoss und die Gertenschlanke im Chor mit der vierten Dame, einer kleinen, runden Frau, entsetzt ausrief: „Aber meine Liebe – er ist neuste Mode!“
Cera bereute, nur ein kleines Hütchen auf dem Kopf zu tragen, statt eines Hutes mit breiter Krempe, hinter dem sie dieses Lachen hätte verbergen können, das unbedingt hinaus wollte. Sie nahm sich zusammen und wandte sich an die Kanarienlady. „Sie kennen Mr Nathaniel Charles?“
„ Ja, wer kennt ihn nicht!“
„ Jaaa“, stöhnte die Auberginenfrau, ihre Stimme klang im höch s ten Maße abfällig und so schrill, dass in der Nähe ein Schoßhund zu jaulen begann. „Wer kennt ihn nicht? Diesen Flegel! Ich habe ein Gemälde von ihm anfertigen lassen – und der Schurke hat mich fünf Pfund schwerer aussehen lassen, als ich wirklich bin.“
„ Das fand ich gar nicht, Zuckerschnute!“, plärrte der Hut.
Die Auberginenfrau jammerte etwas, was ihre Nerven betraf und schnüffelte an einem Riechsalzfläschchen.
„ Mr Charles ist Mrs Macallistors Mäzen“, klärte die Kanariengelbe Cera dankenswerterweise auf. Endlich fiel ihr auch ihr Name wieder ein: Suzan. „Er kommt und geht immer, wann er will, aber dass er auftaucht und verschwindet , bevor eine Feierlichkeit beginnt, ist sonderbar, selbst nach einem Streit. Und schade ist es obendrein.“ Sie warf ihren Freundinnen mitleidig freundliche Blicke zu. „Mr Charles ist nicht gerade die Höflichkeit in Person, aber er ist imme r hin au s gesprochen unterhaltsam. Was man leider nicht von jeder Gesel l schaft behaupten kann.“
„ Er ist ja auch Schotte“, meinte die Auberginenfrau und tat dabei gelangweilter als sie war. „Zumindest zur Hälfte. Mütterlicherseits, übrigens, nur falls ihr es genau wissen wollt.“
„ Wollen wir nicht, Labertäschchen“, plärrte der Hut.
„ Schottische Mutter, jaja.“
„ Und außerdem ist er Junggeselle. Und es kommt noch besser! Er ist: heterosexuell!“
„ Dann gab es einen Streit?“, hakte Cera vorsichtig nach.
Suzan nickte begeistert. „O ja. Hast du das nicht mitbekommen? Vermutlich warst du noch nicht da, sonst hättest du es keinesfalls verpasst. Denk jetzt nicht, ich wäre immer so früh auf Veranstaltu n gen – man könnte ja meinen, ich hätte nichts Besseres zu tun –, aber der Kutscher hat ein solches Tempo an den Tag gelegt … Ist ja auch egal.“
„ Will niemand wissen!“, rief der Hut.
Die Auberginenfrau schlug nach ihm und drohte mit der Kleide r sammlung für Bedürftige.
Suzan ließ sich in ihrem Redeschwall nicht unterbrechen und hakte sich bei Cera ein. „Ich sah sie im Pavillon, in dem sie Getränke se r vieren. Mr Charles trank Whisky und Mrs Macallistor rauchte. Dabei redeten sie; erst leise, aber man sah sofort, dass etwas nicht stimmte. Mr Charles wirkte pikiert. Denk nicht, ich hätte gelauscht, aber zufä l lig war mein Sherry leer, so habe ich mich in der Nähe angestellt, um nachschenken zu lassen und konnte jedes Wort mit anhören. Jedes Wort!“
„ Nein“, hauchte die Gertenschlanke. „Und was haben sie bespr o chen?“
Der auberginefarbene Hut flüsterte: „Schmutzige Details?“ Seine Besitzerin wies ihn zum ersten Mal nicht zurecht, sondern lauschte.
Suzan vergewisserte sich mit kurzen Blicken, die Aufmerksamkeit aller zu haben, und sonnte sich darin mit zufriedenem Gesicht. Nach einer gedehnten Kunstpause sagte sie: „Ich habe natürlich versucht wegzuhören, als mir bewusst wurde, dass es sich um Privatgespräche handelt.“
„ Natüürlich!“, ertönte es im Chor.
„ Aber Mr Charles wurde immer lauter. Er beklagte sich bei Mrs Macallistor, dass die ganze Mühe völlig umsonst gewesen war, und was ihr denn einfiele, seine Arbeit so zu dis… diskra…“
„ Diskreditieren?“, riet Cera ungeduldig.
„ Ja, das sagte er. Und dann rief er“, Suzan räusperte sich und ve r stellte ihre Stimme auf zwei Oktaven tiefer, „Sieh doch zu, wo du deine Kröten herbekommst.“
„ So vertraulich – in aller Öffentlichkeit?“ Die Auberginenfrau war empört.
„ Wenn ich es doch sage! Und danach brüllte er richtiggehend: Ich tu hier keinen Handschlag mehr, ist doch eh alles für die Katzen!“
Cera grübelte, um welche Arbeit die beiden gestritten haben kön n ten. Ob es etwas mit Yasemine zu tun hatte?
„ Es heißt doch für die Katz“, fiel die kleine Runde ein.
„ Er sagte aber: für die Katzen – ich habe es genau gehört.“
Die Gertenschlanke knurrte wie
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