Schlüsselherz (German Edition)
stand in einem Zimmer. Alles war abgeschlossen. Die Schlüssel hatte Mr Keyman.
Und der war verschwunden.
Cera bekam es mit der Angst zu tun, als das Uhrwerk der ersten a n deren Puppe auslief. Muriel wurde langsamer, bewegte sich ein paar Schritte stockend durch den Raum und blieb dann einfach stehen. Ihre Lider senkten sich zur Hälfte und ihr Kinn kippte auf ihre Brust.
Unbehagen stand in den Augen aller Mädchen, als sie sich fragende Blicke zuwarfen.
„ Was machen wir nun?“
„ Ob Muriel uns noch hört? Muriel?“
„ Reißt euch zusammen. Mr Keyman wird bald wieder hier sein und alles aufklären.“ Farina, die immer die Besonnenste war, ve r suchte vergeblich, die aufkommenden Sorgen zu besänftigen.
„ Was, wenn er nicht zurückkommt?“
„ Ich will nicht – ich will nicht so … schlafen!“ Esra schien von a l len die größte Angst zu haben.
Auch Cera spürte ihre Hände zittern. War es Furcht oder ein Ze i chen dafür, dass auch ihr Uhrwerk ablief? Konnte Mr Keymans Ve r schwinden mit dem Mord an ihren kleinen Vögeln zu tun haben? Was, wenn er den Eindringling erwischt und dieser ihm etwas ang e tan hatte? Einerseits schrie alles in ihr danach, den anderen alles zu erzählen. Andererseits kannte sie ihre Schwestern zu gut: abgesehen von Farina würden sie alle panisch werden.
„ Beruhigt euch!“, forderte Cera. „Hat irgendjemand Mr oder Mrs Keyman heute Morgen schon gesehen?“
Esra nickte. „Ja, ich. Vom Fenster aus.“ Cera wusste, dass Esras Fenster zum Hof hinausführte. Aufmunternd nickte sie ihr zu. „Z u erst sah ich einen fremden Mann auf einem gigantischen Pferd d a von galoppieren. Er ritt, als sei der Teufel hinter ihm her. Dann sti e gen die Keymans in eine Kutsche und fuhren in dieselbe Richtung.“
Cera biss sich auf die Lippe. Ein fremder Mann auf einem großen Pferd … ihr fiel nur Nathaniel Charles ein. Doch was hatte der die ganze Nacht im Theater gemacht? Hatte er etwa ihre Vögel …?
Nein, das durfte nicht sein. Sie traute ihm nicht recht, aber das b e deutete nicht, dass sie ihm etwas derart Abscheuliches zutraute.
Fieberhaft überlegte sie, wie alles zusammenhing; versuchte, einen Gedanken zu erlangen, der ihr sagte, was sie tun sollte. Doch je stä r ker sie sich konzentrierte, desto schneller spürte sie ihr Uhrwerk au s laufen. Ihre Bewegungen bekamen Lücken. Ihr Denken Risse.
Und dann, unter den großen, besorgten Augen von Esra und Far i na, spürte sie, wie ihre Lider niedersanken und ihre Arme und Beine schwer wurden. Und es war zu spät.
Cera schlief ein.
***
„ Richard, hör auf!“
Lyssandra zog an Richard Keymans Arm, sodass der Tritt, den er Beazeley in den Bauch hatte verpassen wollen, ins Leere ging. Dieses Miststück, erst betrog sie ihn und dann das! Er holte aus und ve r passte ihr eine Ohrfeige. Ihr spitzer Schrei rief Charles auf den Plan, der dazwischen ging.
„ So, damit reicht es aber. Ruhig, Grauer!“ Der Mann sprach mit Richard wie mit einem Pferd, was ihn noch wütender gemacht hätte, wenn das möglich gewesen wäre.
„ Mischen Sie sich nicht ein! Was glauben Sie, wer Sie sind!“
Doch egal wer er war – er war sehr viel stärker als Richard, und so musste dieser wohl oder übel aufgeben und einen Schritt zurückm a chen. Fürs Erste hatte er genug. Valender Beazeley lag mit blutender Nase mehr bewusstlos als wach auf seinem Fußboden und Lyssandra, das untreue Biest, hielt sich die gerötete Wange. Tränen liefen ihr übers Gesicht.
„ Und nun beruhigen wir uns alle wieder“, sagte Nathaniel Charles.
Richard hatte diese Floskel schon in seiner Schulzeit gehasst, wenn die Lehrer damit aufgebrachte Jungs zu beschwichtigen versuchten. Er stieß verächtlich die Luft aus.
„ Das war es, Richard“, sagte seine Frau, um Beherrschung ringend. „Ich packe meine Sachen und gehe. Ja, ich habe einen Fehler g e macht und es tut mir leid. Aber das ist keine Entschuldigung für das, was du hier getan hast. Wir sind fertig miteinander.“
Richard schüttelte ungläubig den Kopf. „Gehen willst du? Ja w o hin denn? Willst du etwa bei deinem kleinen Lover hier bleiben?“
„ Zu meiner Schwester. Sie hat mir das Angebot vor Langem g e macht. Als du deine Affäre mit der Witwe Macallistor hattest, wenn du es genau wissen willst.“
Das war in Richards Augen etwas vollkommen anderes. „Du wirst nicht gehen!“, beharrte er. „Und wenn doch, dann wirst du es bere u en. Keinen Cent siehst du mehr von mir und
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