Schlüsselherz (German Edition)
dem Theater.“
Sie lachte bitter auf. „Als würde das Theater auch nur noch einen Cent abwerfen.“
„ Ach , daher weht der Wind. Hinter dem Geld bist du her.“ Er wandte sich an Charles. „Hab ich mir doch gleich gedacht, dass das Flittchen wieder nur …“
„ Mr Keyman, ich würde Ihnen empfehlen, jetzt den Mund zu ha l ten und zu gehen“, unterbrach der Mann ihn. „Ansonsten trage ich Sorge dafür, dass Sie auf schnellstem Weg zu Ihrem Wagen gela n gen.“
Irrte Richard, oder wies der seltsame Kerl mit dem Blick zum Fenster? Waren jetzt alle verrückt geworden?
„ Ich werde nur Cera mitnehmen“, sagte Lyssandra leise. Das hätte Richard sich denken können. Ja, an Cera hing Lyssandra.
„ Kommt gar nicht in f rage. Die gehört mir, wie sie alle mir geh ö ren.“
„ Aber …“
„ Kein Aber! Die Puppen sind mein Eigentum. Soll dein neuer Liebhaber dir eigene kaufen – meine bekommt ihr nicht! Basta!“
Er nahm noch die hilflosen Blicke wahr, die Lyssandra erst Mr Charles und dann dem jämmerlichen Liebhaber zuwarf, dann warf er sich herum, stürmte die Treppen herab und eilte zu seiner Kutsche.
Gehen wollte Lyssandra? Dann sollte sie gehen. Aus seinem The a ter würde sie nichts mitnehmen; rein gar nichts.
Und erst recht keine seiner Puppen. Das war Richard Keymans letztes Wort.
Als er zum Theater kam, erwarteten ihn zwei seiner Puppen bereits im Foyer.
„ Mr Keyman, Mr Keyman, Sie müssen uns aufziehen!“
Himmel noch mal, das hatte er vollkommen vergessen! Er ging mit Farina und Esra zu seinem Büro, wo er die Schlüssel aufbewahrte, bemühte sich, sie nichts von dem Streit bemerken zu lassen und fragte wie nebenbei, ob jemandem der Name Valender Beazeley ein Begriff war.
Farina musste nicht lange überlegen. „Cera hat sich einige Male mit einem Mann getroffen, der so heißt.“
„ Cera trifft sich mit Männern? Was sagt Mrs Keyman dazu?“
Farina riss erschrocken die Augen auf und Esra machte eine Geste, als hätte die andere Puppe zu viel gesagt.
„ Farina!“, mahnte er.
Sie zögerte, sprach dann aber doch. „Ich glaube, Mrs Keyman wusste nichts davon. Cera war in den letzten Tagen sehr schwei g sam. Richtig komisch.“
„ Aber Mrs Keyman hätte es gewiss erlaubt“, mischte sich Esra ein.
Gewiss, da war Richard sicher. Aber damit war es nun vorbei. Es war wieder an der Zeit für etwas Zucht und Ordnung in seinem Theater.
Als sie sein Büro erreicht hatten, öffnete er den Schrank, in dem er die Schlüssel verwahrte. Farina und Esra derweil öffneten gegenseitig die Reißverschlüsse ihrer Kleider, sodass das winzige Schlüsselloch am Rücken, etwa auf Höhe des Bauchnabels freilag. Er drückte die Schlüssel in die Öffnungen und drehte sie bis zum Anschlag auf. So hielten die Uhrwerke etwas über vierundzwanzig Stunden. Norm a lerweise machte diese Arbeit seine Frau …
Die Schlüssel der Puppen, die mit bereits abgelaufenem Uhrwerk im Salon saßen, nahm er mit sich. Der Weg zu ihnen führte an den Zimmern vorbei. Vor Ceras Tür blieb er stehen.
Irgendetwas war hier eigenartig. Und was hatte Farina gesagt? Cera war schweigsam in letzter Zeit? Komisch?
Da, jetzt fiel es ihm auf. Normalerweise hörte man Ceras K a narienvögel vormittags bis auf den Gang singen. Heute war es mucksmäuschenstill.
Wenn es wahr war, was Farina und Esra gesagt hatten, dass Cera verliebt in diesen Beazeley war, dann musste es ihr das Herz herau s reißen, wenn ausgerechnet Lyssandra ihr den Mann wegnahm. Richard konnte den Schmerz, den Cera spüren musste, gut nachvol l ziehen. Ihm selbst trieb der Betrug einen glühenden Dolch in den Magen, den er nur aushalten konnte, indem er seiner Wut Luft machte. Aber wie würde Cera, die so unerfahren und ahnungslos war, damit umgehen?
Er betrat das Zimmer entgegen seiner sonstigen Prinzipien, den Mädchen Privatsphäre zuzugestehen. Sofort fiel sein Blick auf das am Boden liegende Bühnenkostüm vom gestrigen Abend. Das T o tenkleid der Julia. Und dann sah er die Hutschachtel auf dem Bett stehen. Darin aufgereiht die Leichen von fünf Kanarienvögeln. D e nen man die Herzen herausgeschnitten hatte.
„ O Cera“, murmelte er betroffen. „Was hast du nur getan?“
Kapitel XVII
Zwei Wochen lang hörte Nathaniel weder von Valender Beazeley noch von Cera.
Der Buchhändler schien endlich einmal zu tun, was Buchhändler so taten, wenn sie keine Schwierigkeiten bekommen wollten . Wann immer Nathaniel an Beazeleys Books vorbeiflanierte,
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