Schlüsselherz (German Edition)
kamen ihm gerade jetzt andere Gedanken? Vielleicht bloß, weil er nicht wollte, dass Valender schlecht von ihm dachte. Seltsam war nur: Seit wann interessierte ihn, was andere von ihm dachten?
Warum war ihm ausgerechnet die Meinung eines verschrobenen Buchhändlers so wichtig?
„ Das ist …“, begann Valender zögerlich.
Widerlich, dachte Nathaniel. Pervers. Pietätlos. Dafür kam er b e stimmt in die Hölle!
„… eine wirklich innovative Idee. Du solltest das für den Preis „Recycling of the year“ anmelden.“
Nathaniel ließ sich neben einem Stapel Pizzakartons auf das Sofa fallen. Erleichterung erfüllte ihn, weil Valender nicht den Rückzug antrat. „Du glaubst mir also, dass ich nichts mit Yasemines Ve r schwinden zu tun habe?“
„ Ich habe lange nachgedacht. Und ja, ich glaube dir. Ich weiß zwar nicht warum, aber ich tu es. Mein …“, er zögerte, sprach dann aber doch weiter, „mein Gefühl sagt es.“
„ Du hörst aber nicht oft auf deine Gefühle, kann das sein?“
Valender lachte, aber es war kein glückliches Lachen. „Bisher nie, um ehrlich zu sein. Aber das will ich ändern. Nein, das muss ich ä n dern. Für Cera.“
„ Du hast von ihr gehört?“, fragte Nathaniel, um möglichst schnell auf ein anderes Thema zu kommen. Die Katzen würden noch de n ken, er hätte das Ufer gewechselt, wenn er länger mit einem anderen Mann über dessen Gefühle lamentierte. Diese Büchermenschen w a ren aber auch ein besonderes Völkchen!
Valender sank in sich zusammen. „Ich hatte gehofft, dass du vie l leicht weißt, wie es ihr geht. Keyman lässt mich oder Lyssandra nicht einmal in ihre Nähe.“
Nathaniel steckte ein Lachen in der Kehle fest. „Kein Wunder.“
„ Ja, reite ruhig noch darauf herum. Es war ein dummer Fehler. Ich war ein Idiot – ein betrunkener Idiot auf Drogen. Und Lyssandra war einsam. Sie wusste nicht, dass zwischen mir und Cera … du weißt schon … dass wir etwas füreinander empfinden. Sie macht sich schreckliche Vorwürfe. Und ich mir ebenso.“
Hey, dann waren sie schon zu dritt und könnten in einer Selbsthi l fegruppe Skat spielen.
„ Aber“, ließ Valender verlauten und richtete sich kerzengerade auf, was seinen Worten den Anschein verlieh, von unsagbarer Wichti g keit zu sein, „die Zeit der Vorwürfe und des Jammerns muss jetzt ein Ende haben.“
„ Hört, hört. Und so was von unserem braven Buchhändler.“
„ Ich bin eigentlich kein Buchhändler. Lach mich nicht aus, Nath a niel, aber ich bin ausgebildeter Soldat der Royal Army. Einer der letzten organischen Soldaten. Auch wenn sich das auf den ersten Blick überhaupt nicht mit meinem Job in der Buchhandlung ve r trägt.“
„ Na, da bin ich platt. Das hätte ich nicht von dir gedacht. Nun gut, Soldat Beazeley, was hast du denn jetzt vor?“
„ Ich werde mir Ceras Respekt erarbeiten und dann vor ihr kniend um Verzeihung bitten. Und wenn sie es will, dann werde ich meine Gefühle für sie vor der ganzen Stadt ausbreiten – egal, was dann pa s siert.“
In Valenders Augen war zu lesen, dass das, was er befürchtete, nicht ganz bedeutungslos für ihn war. Doch Nathaniel freute sich darüber, dass Valender seine Entschlusskraft zurückgewonnen hatte, und applaudierte spontan, statt nachzufragen.
„ Das bedeutet, dass ich als Erstes herausfinden muss, was mit Yasemine geschehen ist. Ich bringe ihren Mörder hinter Gitter. Dann muss Cera mich einfach anhören.“
Ob es so einfach werden würde? Nathaniel zweifelte daran. Aber den Mörder der unschuldigen Puppe zu finden war ein Vorhaben, dem er sich nur zu gern anschloss, egal, wohin es führen würde.
„ Ich bin dabei“, sagte er, und Valender ballte wie in einem ung e wollten Reflex die Hand zur Faust. „Wo wollen wir beginnen?“
„ Bei dem Kreuz. Ich habe mir schon Gedanken darum gemacht. Was denkst du, warum Yasemine sich das Kreuz in die Wange geritzt haben könnte?“
Nathaniel rieb sich das Kinn. „Als Hinweis auf ihren Mörder? E r innerst du dich, was ich sagte, nachdem ich die Neces gesehen h a be?“
„ Fass es noch mal für mich zusammen.“
„ Sie könnten darauf hinweisen, dass das Opfer seinen Mörder kannte. Ihm vielleicht vertraut hat. War Yasemine nicht Christin? Du hast das mal erwähnt.“
Valender nickte nachdenklich. „Du meinst, das alles könnte auf e i nen Mann der Kirche hindeuten. Das liegt nahe, allerdings habe ich inzwischen mit Lyss gesprochen und bin auf eine andere Erklärung für die vielen
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