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Schlüsselspiele für drei Paare

Schlüsselspiele für drei Paare

Titel: Schlüsselspiele für drei Paare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zeigefinger zum Abzug der Pistole. Langsam schob der Daumen den Sicherungsflügel herum.
    »Wer sind Sie?« fragte er, ohne auf die Frage zu antworten. »Ich kenne Sie nicht.«
    Der Mann in der schwarzen Kleidung und dem weißen Hemd blieb stehen und sah auf die Hand Ostras, die in der Rocktasche stak.
    »Ich bin ein friedlicher Mensch«, sagte er. »Ich kämpfe nicht mit Waffen. Hinter mir steht Gott.«
    »Reden Sie keinen Quatsch!« sagte Ostra grob.
    Der Mann deutete ein Nicken an. »Ich bin Josef Hall. Pater Josef Hall.«
    »Ein Pfaffe!« entfuhr es Ostra verblüfft.
    »Ja, ein Pfaffe. Sogar ein Jesuit.«
    »Mir bleibt auch nichts erspart«, sagte Ostra sarkastisch. Er ließ die Pistole los und lachte plötzlich. »Sie wollen sammeln? Mein lieber Pater, ich bin ein ungeeignetes Objekt für eine Seelenmassage. Ich glaube nicht an die Ewigkeit, die Wiederauferstehung, den Himmel und die Hölle. Ich lebe und krepiere, wie's sein soll unter Lebenskünstlern. Noch etwas, Pfäfflein?«
    »Ja.« Pater Hall sah Ostra mit seinen großen, starken Augen an. Ein Blick, dem sich selbst Ostra nicht durch Spott entziehen konnte. »Ich muß mit Ihnen sprechen.«
    »Über Gott und die Apostel?«
    »Nein. Über Julia Bentrob!«
    Ostras Gesicht verlor alles Spöttische. »Was … was ist mit Julia …«, fragte er stockend. »Warum sind Sie hier … ein Priester … So reden Sie doch … mein Gott, reden Sie doch!«
    Einen Augenblick standen sich die Männer stumm gegenüber. Die würdige Ruhe, die Pater Hall ausstrahlte, machte Ostra mehr als nervös. Ein Schuldbewußtsein, das ihm sonst völlig fremd war, drückte auf sein Herz und behinderte das Atmen.
    »Was ist mit Julia?« fragte Ostra noch einmal. Seine Stimme war heiser, wie mit Rost belegt.
    »Das fragen Sie noch?« sagte Pater Hall.
    Ostra hob die Schultern, aber es war eine matte Abwehr der Unwissenheit. »Was haben Sie mit Julia zu tun?« fragte er rauh.
    »Sie war bei mir.«
    »Ach!«
    Pater Hall schwieg wieder. Er musterte Ostra mit unverhohlener Abscheu und doch großem Interesse. Genauso hatte er sich nach Julias Erzählungen diesen Mann vorgestellt. Der moderne Satan trägt Maßanzüge, hat das Benehmen eines Gentleman, fährt große Wagen, hat ein gutes Bankkonto und ist überall eine geachtete Persönlichkeit. Nur wer in den Bannkreis seiner Interessen gerät, spürt etwas von der Hölle, die er um sich gebaut hat. Peter Ostra war solch ein Typ. Im Frack hätte man ihm einen Schönheitspreis für den männlichsten Mann zuerkannt, aber schon sein Händedruck bedeutete Verderben.
    »Sie wissen, warum ich hier bin?« fragte Pater Hall nach dieser langen, stummen Betrachtung Ostras.
    »Nein.« Das klang abwartend, lauernd.
    »Sie haben die Seele eines Mädchens zerstört.«
    »Es war eine fröhliche Nacht.«
    »Sie haben Gewalt angewendet.«
    »Ich war etwas betrunken.« Ostra lächelte unsicher, noch wußte er nicht, was kommen würde. »Frauen wollen erobert werden. Die Sprödesten werden hinterher die glühendsten Geliebten. Aber das ist nicht Ihre Welt, Herr Pater. Das steht nicht in Ihrem Brevier.«
    »Sie wußten, daß Julia kein Mädchen ist, das man …«
    Ostra hob die Hand. »Stopp, Pater! Keine Moralitäten! Was ist geschehen? Warum stehen Sie hier? Hat Julia sich etwas angetan?«
    »Noch nicht.«
    »Das wäre auch eine Dummheit. Man muß lernen, Erlebnisse solcher Art von sich abzuschütteln wie einen Wassertropfen. Man duscht sich ab – und Schwamm drüber! Man macht sich ja auch keine Gedanken über Essen und Trinken. Es gehört einfach zum Leben. Mein lieber Pater, wir sind doch moderne, aufgeklärte Menschen. Wir sind tolerant. Ohne Toleranz wäre diese Welt gar nicht mehr zu ertragen. In Ihrer Bibel steht es anders, ich weiß, aber die Bibel ist auch bald zweitausend Jahre alt, und es hat sich einiges auf der Welt geändert, seit Moses vom Berge stieg und wetterte, weil sein Volk um das Goldene Kalb tanzte. Heute ist es genau umgekehrt: Wer nicht um das Goldene Kalb tanzt, wird als Idiot betrachtet.«
    »Die Moral ist unsterblich und unwandelbar.«
    »Moral!« Ostra trat an das große Fenster und blickte in den Garten. »Moral hat es nie gegeben, lieber Pater. Nur eine als Moral getarnte Heuchelei. Ein bis auf die Knochen moralischer Mensch ist ein Unding, eine bedauerliche Mißgeburt, ein saftloser Kasten aus Knochen und dürren Geweben. Das ist meine Ansicht.«
    »Und danach leben Sie?«
    »Ja.«
    »Und zerstören das Leben anderer …«
    Ostra

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