Schlüsselspiele für drei Paare
zurück. »Die Tür ist zu!« rief sie triumphierend. »Abgeschlossen! Du kannst nicht weglaufen.«
»Gib den Schlüssel her!« sagte Ostra ruhig. Er hielt seine Hand hin.
Marlies schüttelte wild die Locken. »Nein!«
»Es wird dir leid tun, wenn du den Schlüssel nicht hergibst.«
»Hol ihn dir!« Marlies' Körper straffte sich. »Er liegt unter mir! Hol ihn dir, du Feigling. Erobere ihn dir, mein Ritter!« Ihr nackter Leib zitterte heftig. »Du mußt ihn dir erstürmen wie eine Burg …«
Einen Augenblick zögerte Ostra. Dann wandte er sich ab, zog den Kopf ein, drückte die Arme an sich, nahm Anlauf und warf sich mit aller Wucht gegen die Zimmertür. Das starke Holz warf ihn zurück, Schmerz durchzuckte seine Schulter, aber noch einmal lief er an, warf sich auf die Türfüllung und hörte, wie das Holz splitterte. Da hob er das Bein und trat dagegen, zerfetzte das Türblatt und stieß mit beiden Fäusten die splitternden Hölzer ein.
»Adieu!« sagte er, als er jenseits der Trümmer stand. Er blickte durch die zerstörte Tür in das Zimmer. Marlies hatte ihre Haltung nicht verändert, nur ihre Augen waren dunkel, fast schwarz. Quer über die Brüste fiel ein Strahl der kalten Wintersonne. »Wir reden in einer Woche wieder darüber.«
»Das vergesse ich dir nie!« sagte Marlies, als die letzte Tür, die Wohnungstür, zuklappte. »Nie vergesse ich das!« Und dann sprang sie auf, raste durch das Zimmer und schlug alles mit den Fäusten auf den Boden, was oben stand. Tischlampen, Karaffen, Leuchter, Aschenbecher, eine Gebäckschale, zwei Vasen mit Blumen. Wie eine Furie tobte sie herum, bis sie zuckend auf die Couch fiel und laut weinte.
Unterdessen hatte Ostra im Büro des toten Düppel mit einem Nachschlüssel den Schreibtisch geöffnet. Drei Pässe lagen dort, die Düppel noch kurz vor seinem Tode besorgen mußte. Sie waren ausgefüllt und mit Ostras Porträtfotos versehen.
Douglas Smith.
Dr. René Valeur.
Kuoni Bäderli.
Man hatte die Auswahl, Engländer, Franzose oder Schweizer zu sein.
Peinlich genau musterte Ostra die falschen Pässe. Es war nichts auszusetzen. Zufrieden steckte er sie in die Brusttasche, verschloß die Schublade wieder und verließ mit ruhigen Schritten durch den Privateingang die Druckerei.
Von oben, aus der Wohnung, hörte er Scheppern und Klirren.
Der Vulkan Marlies war ausgebrochen.
Die Villa in Bogenhausen war amtlich verschlossen und versiegelt worden. Das hatte Bruckmayer nicht verhindern können. Zwar konnte Rita nach ihrer Freilassung aus der Untersuchungshaft noch zwei Tage in der Villa wohnen, aber dann wurde diese endgültig gesperrt. Rita hatte sich deshalb eine kleine Wohnung in Schwabing gesucht, eine typische Atelierwohnung unterm Dach, mit einer schiefen Glaswand nach Norden. Sie war frei geworden, weil der Vormieter, ein schwedischer Maler, wegen Leberschrumpfung ins Krankenhaus gekommen war.
Von dieser Wohnung wußte keiner. Weder Volbert noch Bruckmayer ahnten, daß Rita sich in Schwabing aufhielt, wenn sie angeblich beim Friseur war, bei der Schneiderin oder draußen in Geiselgasteig, wo man sie – wie sie stolz erzählte – zu Probeaufnahmen hinbestellt habe. »Ist das lustig«, sagte sie zu dem ständig eifersüchtigen Volbert. »Sie glauben alle, ich sei ein armes Mädchen. Man sollte nicht glauben, was einem armen Mädchen alles für Angebote gemacht werden!«
»Du solltest dich da heraushalten!« sagte Volbert.
Seit dem Abtransport der Steuergeräte für Raketen war er nervös und fahrig geworden. Er wußte nicht, wo die Geräte waren und wie sie aus Deutschland herauskommen sollten. Ostra schwieg darüber. »Man soll sich nicht unnötig mit Wissen belasten«, war eine seiner Antworten.
»Es macht Spaß, die Männer zu betrügen«, sagte Rita keck.
»Du weißt, daß wir alles vermeiden müssen, um nicht aufzufallen.« Volbert ging zur Hausbar und goß sich einen Kognak ein. Er trank jetzt mehr als früher. Sein Verhältnis zu Rita hatte sich geändert. Bis zu dem Tage, an dem er sie in den Armen hielt, hatte er sie angebetet wie eine unerreichbare Göttin; jetzt füllte sie ihn völlig aus, machte ihn zum Hampelmann, zu einem Sklaven. Volbert wußte das, er sah seine Schwäche wie in einem Spiegel, aber er wehrte sich nicht dagegen. Wenn Rita begann, sich vor ihm auszuziehen, hätte er morden können, wenn es von ihm verlangt wurde.
Was in dieser Wohnung in Schwabing geschah, wußte keiner. Die Polizei, die Rita überwachte, kannte den
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