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Schlüsselspiele für drei Paare

Schlüsselspiele für drei Paare

Titel: Schlüsselspiele für drei Paare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Unterschlupf natürlich, aber nie sah man Besuch zu ihr kommen. Auch Kriminalmeister Ratzel, der wieder in seine Monteurkluft schlüpfte und die Wohnung inspizierte, fand nichts Verdächtiges. »Mir kommt das vor wie ein Ablenkungsmanöver«, sagte er zu Kommissar Singert, der noch immer zu Hause auf dem Sofa lag und untätig sein mußte. »Während wir die Schwabinger Wohnung bewachen wie einen Banktresor, geschieht woanders eine Schweinerei Ostras nach der anderen. Ich sage Ihnen, Herr Kommissar, das Luder hält uns zum Narren.«
    Und genauso war es.
    Die Beschatter Ritas zogen mit ihr nach Schwabing. Um die Villa in Bogenhausen kümmerte sich keiner mehr. Groß, dunkel, verwittert, mit geschlossenen Läden lag sie in dem verwilderten Park, schneite ein. Eine lose Dachrinne klapperte nächtelang, bis der Wind sie vollends abriß, ab und zu kontrollierte eine Isar-Wagen-Besatzung die Siegel, ob sie noch unverletzt waren, und fuhr dann weiter.
    Keiner kam auf den Gedanken, daß Ostra stundenlang in den dunklen, kalten Räumen herumging, eingemummt in einen dicken Pelzmantel, am Schreibtisch in der Bibliothek saß und die Tonbänder langsam abspielen ließ und auf einer Schreibmaschine alles niederschrieb. In dem Fotolabor, das nicht ausgeräumt worden war, weil man für einen Prozeß und einen Lokaltermin alles so lassen mußte, wie es am Tage der Schließung war, entwickelte und vervielfältigte Ostra stundenlang Fotos, vergrößerte sie, machte Ausschnittvergrößerungen und stellte eine Kollektion von Bildern her, die zu den scheußlichsten gehörten, die je aus einer Entwicklerwanne gekommen waren. Vor allem bei den Ausschnittsvergrößerungen zeigte Ostra geradezu künstlerische Begabung. Was er aus Szenen herausnahm und wie er es vergrößerte, war von der Gemeinheit eines Teufels geprägt.
    Das ist eine stille Atombombe, dachte Ostra, als er eine neue Kollektion zusammengestellt hatte: Foto und Tonbandabschrift. Bundestagsabgeordneter Werner Sch., Mitglied des Verteidigungsausschusses.
    Das hebt Bonn aus den Angeln, wenn es bekannt wird. Aber es wird nie bekannt werden. Die Betroffenen werden dafür sorgen und zahlen. Zahlen mit Wissen.
    Über einen Kellereingang verließ Ostra dann immer in der Dunkelheit die Bogenhausener Villa. Es war ein Weg, den die Polizei nicht entdeckt und deshalb auch nicht versiegelt hatte: von der Waschküche durch den Weinkeller in einen langen Gang, der im Keller des Geräteschuppens endete. Dort war der Ausstieg. Die Polizei konnte es nicht wissen: Vor der Tür zum Gang stand ein Weinregal auf Rollen. Der Unbefangene sah nur Flaschen und ging weiter.
    So hatte also die Wohnung Ritas in Schwabing wirklich nur den Sinn, die Polizei abzulenken von der alten Villa. Und immer, wenn Ostra sich in dem Labor befand oder die Tonbänder abschrieb, saß Rita in ihrem kahlen Atelier, las Romane oder Illustrierte und schlug die Zeit tot. Sie wußte dann, daß auf der Straße zwei Kriminalbeamte standen und Ostra in Sicherheit war.
    Um so mehr wunderte sie sich, als es an diesem Tage an der Tür klingelte. Es war das erste Mal, daß Rita überhaupt eine Klingel in dieser Wohnung hörte. Sie legte den Roman weg, sah schnell in einen alten Spiegel, ordnete ihr langes, schwarzes Haar und öffnete. In dem engen Treppenhaus stand in einem schwarzen Persianermantel Marlies Düppel.
    »Du hier?« sagte Rita betroffen. »Woher weißt du denn, daß ich hier eine Wohnung habe? Komm rein!«
    Marlies Düppel sah an Rita vorbei in den weiten Atelierraum.
    »Ich bin dir einmal nachgegangen«, sagte sie. »Zufällig sah ich dich auf der Leopoldstraße. Da bin ich dir gefolgt.« Sie trat in die Wohnung, die Hände in den Taschen des Pelzmantels. »Wo ist Peter?«
    »Peter? Wieso? Wo soll Peter sein?«
    »Er wollte verreisen.«
    »Das kann sein. Peter ist oft auf Reisen. Er ist ja schließlich zu Geschäften nach Europa gekommen.«
    »Er will vier Tage wegbleiben.«
    »Warum nicht, wenn es nötig ist?«
    Rita trat zur Seite. Mit starrem, gerötetem Gesicht ging Marlies Düppel an ihr vorbei und sah sich um. Auf ihrer Pelzkappe schmolz der Schnee und tropfte über den Kragen und die sich ringelnden nassen Locken, die unter der Kappe hervorkamen.
    »Wo ist er?« fragte sie wieder.
    »Was ist denn mit dir los?« Rita faßte Marlies am Ärmel. »Komm, zieh dich aus. Da du nun einmal da bist, koche ich uns eine Kanne Tee.«
    »Peter ist bei dir«, sagte Marlies unbeirrt. »Er ist nicht verreist! Das war eine Lüge!

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