Schlüsselspiele für drei Paare
Wüste und suchte das Hauptquartier der britischen Armee. Und plötzlich stand ich davor, und die Funkstation und zwei Millionen Liter Benzin gingen in die Luft. Das waren Zeiten, lieber Ollenhoff …
»Ihr Feuerzeug übergebe ich der Polizei«, sagte Fallers mit von Haß erstickter Stimme.
»Das ist klug.« Ostra lächelte milde. »Dann wird man mich verhaften. Und dann? Was soll ich verbrochen haben?«
»Das gestohlene Militärauto …«
»Wenn das nun ein Bierscherz war? Sie haben die anderen Abende bei Volberts leider nicht miterlebt. Da ging es hoch her! Die Ideen purzelten nur so aus den gekitzelten Gehirnen. Man sollte nicht glauben, wie phantasieanregend so ein Schlüsselspiel ist. Es muß nicht immer Erotik sein. Nicht immer ist Rita ein Raubtier. Nicht immer Fleischbeschau. Wir haben neckische Spielchen getrieben. Unter anderem klauten wir einen Militärwagen, fuhren in den Wald und setzten die nackte Marlies als Kühlerfigur auf die Haube.«
Ostra lachte leise. Gelobt sei die Phantasie, dachte er. Sie ist eine meiner hervorstechendsten Eigenschaften. Fallers atmete tief auf. Seine Augen hatten einen wirren Blick.
»Sie lügen!« sagte er laut.
»Zeigen Sie mich an! Unser ganzer Kreis wird als Zeuge aussagen, daß es nur ein Bierscherz war. Grober Unfug. Urteil: Dreihundert Mark fürs Rote Kreuz. Auf den Rücken fallen Sie!«
»Wieso?« Fallers sah sich um. Hunderte von Menschen waren in der Halle. Er umklammerte in der Manteltasche einen kurzstieligen Hammer, den er sich auf dem Weg zum Flughafen in einer Eisenhandlung gekauft hatte. Ob ein Schlag genügt? dachte er. Gegen die Schläfe. Schnell muß es gehen, blitzschnell. Hand aus der Tasche, zuschlagen und treffen. Und während er fällt, noch einmal … hinten, auf das Kleinhirn. Was dann kommt, ist mir gleichgültig.
Er hat das Leben Julias auf dem Gewissen.
Er hat es verdient, erschlagen zu werden wie ein tollwütiger Hund.
Fallers atmete noch einmal tief auf.
»Wissen Sie, daß Julia verschwunden ist?« sagte er. Es war, als schwinge Schluchzen in diesen Worten. »Daß sie tot ist?«
»Ja …«, sagte Ostra ruhig. Fallers zuckte zusammen wie unter einem Peitschenhieb.
»Ja?« schrie er.
»Mein Gott, mäßigen Sie sich! Die Leute sehen ja schon her. Ich will gleich einen Irrtum berichtigen: Julia lebt.«
»Sie … sie lebt?« stotterte Fallers. Er ließ den kurzstieligen Hammer los und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. »Woher wollen Sie das wissen?«
»Ich habe mich ein wenig um Julia gekümmert.«
»Sie –«
Ostra klopfte Fallers auf die Schulter. Es war die Geste eines gönnerhaften Siegers.
»Wilder Knabe! Es ist ein Irrtum, wenn man denkt, einen Ostra so behandeln zu können, wie es in Romanen steht oder in Filmen zu sehen ist. Dort sind die großen Gangster dumm und die jungen Helden kleine Götter. Im Leben ist es umgekehrt, genau umgekehrt. Die großen Gangster werden wie die Helden gefeiert, denn von ihren Gangsterstücken profitieren ganze Regierungen – und diejenigen, die ihnen ans Fell wollen, werden als weltferne Idioten verlacht und in falsche Richtungen geschickt. Sie werden in einigen Tagen vielleicht in allen Zeitungen lesen, wer dieser Ostra ist. Wundert es Sie nicht, wie ehrlich ich zu Ihnen bin? Ich kann es ohne Furcht, denn Julia ist in sicherer Obhut, und wenn der wilde Knabe Ernst den Mund aufmacht und den lieben Onkel Ostra stört, wird Julia das schreckliche Erlebnis haben, zu verhungern und zu verdursten, denn nur ich kenne ihren Aufenthaltsort.«
»Sie Satan! Sie Teufel!« keuchte Fallers. Schweiß rann ihm über die Augen. »Man wird Sie zwingen, das zu sagen.«
»Wie?« Ostra lächelte mokant. »Durch Verhöre? Darf ich einmal herzhaft lachen? Ich möchte den Kriminalbeamten sehen, der mir die Seele aus dem Leib fragt! Verschärfte Verhöre, Druck, sogenannte dritte Grade sind in Deutschland verboten. Früher, zu meiner Zeit, mein idealistischer Knabe, war das anders. Da hatten wir Methoden, den Stummsten zum Solosänger zu machen. Da gab es Abspritzen mit eiskaltem Wasser, elektrisch geladene stählerne Zellenböden, den berühmten Bock, das Aufhängen mit dem Kopf nach unten … man gestand alles, auch was man nie getan hatte.« Ostra schüttelte den Kopf. »Seien Sie vernünftig, Fallers. In ein paar Tagen haben Sie Julia gesund und unversehrt wieder, wenn Sie schweigen.«
»Ich bringe Sie um!« sagte Fallers dumpf. »Ja, ich bringe Sie um.«
»Das wäre noch dümmer. Mein Hirn
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