Schlüsselspiele für drei Paare
ist das einzige, das weiß, wo Julia ist. Der dumme Zufall, der Sie mein Feuerzeug finden ließ, kam zu früh. Aber ich verspreche Ihnen: Sie können zu Weihnachten Julia heiraten. Mein Ehrenwort.«
»Ehrenwort …«, sagte Fallers bitter.
»Zweifeln Sie nicht an meiner Ehre, Fallers! Sie ist anders als Ihre, aber für mich ebenso wertvoll. Wissen Sie, daß ich mich eine kurze Zeit in Julia verliebt hatte? Richtig verliebt wie ein Jüngling? Daß ich Sie beneidete um dieses Mädchen, das wie ein Engel ist? Doch dann siegte wieder meine Vernunft. Zu mir paßt Rita besser. Wir zelebrieren keine Moral, wir setzen sie ein als Spielmarke auf dem Roulette unseres Lebens. Jeder nach seiner Fasson … verstehen wir uns?«
»Ja«, sagte Fallers. »Ja.« Er starrte Ostra in die kalten, dunkelblauen Augen. »Julia geht es gut?«
»Sie hat alles, was sie braucht.«
»Ihr Vater ist zusammengebrochen. Er liegt unter einem Sauerstoffzelt. Er glaubt, Julia ist tot.«
»Gehen Sie hin, klären Sie den Irrtum auf und trösten Sie ihn. Oder nein … warten Sie noch ein paar Tage. Wir können ja keine Erklärungen abgeben. Warten Sie ab.«
»Und wann … wann sehe ich Julia wieder?«
»Ich gebe Ihnen Nachricht.« Ostra zog seine pelzgefütterten Handschuhe an. Es war deutlich: Er beendete das Gespräch. »Mein Ehrenwort gilt nur, wenn Sie völlig schweigen.«
»Was bleibt mir anderes übrig?« stammelte Fallers.
»Das ist das erste vernünftige Wort von Ihnen.« Ostra blinzelte Fallers zu. »Soll ich Julia etwas bestellen? Ich sehe sie nachher.«
»Sagen Sie ihr, daß ich sie liebe und daß sie Mut haben soll.«
»Sehr schön.« Ostra wandte sich ab. »Sie wird sich sicherlich darüber freuen.«
Julia hörte Radiomusik und lag auf einer mit silbernem Damast bezogenen Couch, als Ostra eintrat. Auf dem Tisch standen unberührt eine Obstschale, kaltes Geflügel in Aspik, kalte Pökelzunge, Roastbeef mit Remouladensoße und drei verschiedene Salate. Von dem besten Feinkostgeschäft Münchens hatte Ostra das Essen besorgt. Dazu hatte er eine Flasche Bordeaux gekauft. Auch das reich geschliffene venezianische Glas stand unberührt neben der Flasche.
»Hungerstreik ist das Dümmste, was man tun kann, Julia«, sagte Ostra und warf seinen dicken Mantel ab. »Es verbraucht Kräfte, die man später viel nutzvoller einsetzen kann. Ich habe nie verstanden, warum indische Politiker in Hungerstreik traten und damit auch noch Erfolg bei den Engländern hatten. Ich hätte sie verhungern lassen.«
»Wo haben Sie mich hingebracht?« fragte Julia. Sie zeigte keinerlei Angst. Nur Abscheu lag in ihrem Blick. Den Mann zu sehen, der sie zwischen seinen Händen zerbrochen hatte und dessen Kind sie nun in sich fühlte, bereitete ihr unerträglichen Ekel. Sie schüttelte sich, als sich Ostra vor ihr in einen Sessel warf und die Beine ausstreckte.
»Sie befinden sich in einer alten, ehrwürdigen Villa im Stadtteil Bogenhausen. Von außen sind alle Eingänge von der Polizei plombiert, und keiner wird sie betreten, bis es zum Prozeß gegen Rita Camargo kommt. Sie staunen? In dieser Villa hatte Rita ein Liebesnest. Hier gingen Diplomaten, Wirtschaftler, Politiker ein und aus, fanden für einige Stunden Entspannung und redeten sich ihre Seele frei. Aber um das zu begreifen, sind Sie zu jung und zu unverdorben, kleine Julia. Ich bin ein schlechter Mensch, das wissen Sie …«
»Was wollen Sie von mir?« fragte Julia hart. Ihr Gesicht glühte plötzlich.
»Von Ihnen will ich, daß Sie sich wohl fühlen, daß Sie gut essen und trinken, traumlos schlafen und sich, wenn auch unfreiwillig, erholen. Dagegen verlange ich von Ihrem Bräutigam, daß er den Mund hält! Ihr Ernst ist ein heller Kopf. Er hat etwas entdeckt, was meinen ganzen Plan stört, und an diesem Plan hängen Millionen und die Zukunft einer südamerikanischen Regierung. Sie sehen: Alles ist sehr politisch, und wo es um Politik geht, hat es noch nie Skrupel gegeben! Da heiligt der Erfolg alle Mittel … von der Bombardierung Dresdens bis zur verbrannten Erde in Algerien, von Coventry bis zur Atombombe von Hiroshima. Recht hat zu allen Zeiten der Sieger. Und ich bin es gewöhnt, immer der Sieger zu sein. Deshalb die Vorsichtsmaßnahme: Julia in einen goldenen Käfig – nur ein paar Tage – und Schnabel zu für den zwitscherfreudigen Vogel Ernst.«
»Und Ernst macht das schmutzige Spiel mit?« Julia sprang auf. »Wie infam Sie lügen können!«
»Was bleibt Ernst anderes übrig, als still zu
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