Schluß mit cool (German Edition)
ich, weil wir miteinander zur Schule gegangen waren, wir alle drei sogar, von der Grundschule bis zur Junior High, als ihre Eltern dann mit ihnen nach New York umzogen. Bald danach starben ihre Eltern und hinterließen ihnen wahre Wagenladungen von Geld, also kehrten sie nach Kalifornien zurück, um die Familienvilla zu beziehen – gut zwanzig Zimmer und drum herum fast ein ganzer Hektar Rasenfläche und Blumenbeete, mit denen ich engstens vertraut war. Moira war kein allzu berauschender Anblick mehr – zu viele Haarnadeln und irgendwie streng –, aber Caitlin konnte, wenn man sie im richtigen Licht erwischte, ausgesprochen entzückend wirken. Ihr Stil war irgendwie Retro-Grufti: pechschwarze, enganliegende Kleider, kabukiweiße Haut und so weiter. Fingernägel schwarz natürlich. Die Zehennägel auch. Ich sah die perfekte Reihe ihrer schimmernden Zehen unter dem Kleidersaum hervorlugen.
»Na ja«, hielt Moira dagegen, in ihrem barschen Großmutterton, obwohl sie gar keine Großmutter war, sie hatte nicht mal geheiratet und war kaum älter als vierundvierzig, fünfundvierzig. »Ich würde das nicht so überstürzt betrachten. Jedenfalls möchten wir die Sträucher und Bäume weghaben – also alles, was innerhalb des Zauns wächst.«
Ich hatte schon einiges hinter mir (Uni angefangen und abgebrochen, eine Zeitlang bei der Handelsmarine, zweimal verheiratet und zweimal geschieden, und ich hatte in Poughkeepsie, Atlanta, Juneau, Cleveland und Mazatlán gelebt, ehe ich nach Hause zu meiner Mutter nach Kalifornien zog), deshalb konnte mich nichts mehr überraschen. Nicht allzusehr jedenfalls. Ich musterte Moiras Gesicht und bohrte die Spitze meines Arbeitsstiefels in die Linoleumfliese vor mir. »Ich weiß nicht recht«, sagte ich schließlich, »das wird ein gewaltiger Job – das mit den Bäumen jedenfalls. Die Sträucher und die Blumen krieg ich ohne weiteres allein hin, aber die Arbeit an den Bäumen muß ein Profi machen. Ich kann gern ein bißchen rumtelefonieren, wenn ihr wollt.«
Moira fuhr zu mir herum, energisch und messerscharf: »Du kennst ja die Regeln – schwarze Jeans, weiße T-Shirts, schwarze Mützen. Ohne Ausnahme.«
Ich trug selbst schwarze Jeans – und ein weißes T-Shirt samt schwarzer Baseballmütze, von der ich auf ihre Anweisung den silbernen Raiders-Aufnäher abgetrennt hatte. Die Parameter hier waren klar formuliert. Aber sie zahlten gut, sehr gut sogar, und ich war den Umgang mit reichen Exzentrikern gewohnt – eigentlich gab es in unserem putzig-verschüchterten Städtchen am Meer sowieso keine andere Kundschaft. Und wie wir alle wissen, ist exzentrisch nur ein Codewort für total bekloppt. »Klar doch«, sagte ich. »Kein Problem.«
»Du stellst uns die Rechnung?« fragte Moira, strich ihren Rock glatt und trippelte durch den Raum, um den Kühlschrank zu öffnen und hineinzuspähen.
Zehn Prozent, ich sah es bereits vor mir – und die Baumarbeiten würden sich leicht auf elf-, zwölftausend Dollar belaufen, vielleicht noch mehr. Das war kein Abzocken, nicht wirklich, nur meine Provision dafür, daß ich ihren Launen nachkam – oder ihren Bedürfnissen. Schwarze Jeans und weiße T-Shirts. Klar doch. Ich nickte nur.
»Und keine Mexikaner. Ich weiß schon, daß man praktisch niemand anders mehr zum Arbeiten findet heutzutage, und ich hab auch gar nichts gegen sie, überhaupt nichts, aber du weißt ja, was ich will, Vincent. Oder?« Sie nahm einen gläsernen Krug voll Milch aus dem Kühlschrank und ein Glas dafür aus dem Schrank. »Gegen einen Arbeitstrupp von Schwarzen hätte ich nichts einzuwenden – und gegen Weiße auch nicht. Aber es muß das eine oder das andere sein, keine Vermischung, und hör mal...« Sie hielt inne, in der einen Hand das Glas, in der anderen den Milchkrug. »Wenn es aber Schwarze sind, dann hätte ich sie gern in weißen Jeans und schwarzen T-Shirts. Könnte das ein Problem werden – falls sich die Frage überhaupt stellt?«
»Nein«, sagte ich mit langsamem Schütteln des Kopfes, als gelänge es mir nur mit Mühe, ihn geradezuhalten, »nicht im geringsten.«
»Gut«, sagte sie, goß sich ein reinweißes Glas Milch ein und stellte es auf der Anrichte neben dem Krug ab, als wolle sie ein Stilleben arrangieren. Sie verschränkte die Hände vor der Brust, warf ihrer Schwester einen Blick zu und grinste dann, als hätte sie soeben die Welt wie eine Melone zerteilt und überreichte ihr nun die triefenden Stücke. »Dann fangen wir so bald wie möglich an?
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