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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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mir dabei über die Schulter, als spräche sie zu jemandem, der hinter mir stand. Und dann: »Kann ich dir was zu trinken anbieten?«
    »Hoffentlich keine Milch, oder?« fragte ich, und sie lachte.
    »Nein, keine Milch, versprochen. Ich hätte Saft, Soda, Bier für dich – hast du Lust auf ein Bier?«
    Der Hund schnupperte an meinem Bein – zumindest hoffte ich, daß er schnupperte, weil man bei seinem tief mattschwarzen Fell gar nicht sagen konnte, wo bei ihm vorn und hinten war. »Ein Bier klingt echt gut«, sagte ich, »aber ich weiß nicht recht, wie deine Schwester und du damit zu Rande kommt – ich meine, Bier ist doch nicht weiß.« Ich legte eine kurze Pause ein. »Oder schwarz.«
    Sie lächelte weiter, nicht im mindesten verlegen. »Erstens mal«, antwortete sie, »hält Moira immer ein Schläfchen nach dem Essen, also wird sie nicht dabeisein. Und zweitens« – sie sah mir jetzt geradewegs in die Augen, das Lächeln war einen Zahn stärker aufgedreht – »servieren wir in diesem Haus nur Guinness.«
    Wir saßen in der Küche – schwarz-weiße Fliesen, weiße Schränke, schwarze Geräte – und kippten uns jeder drei Flaschen rein, während die Sonne über die Fensterscheiben zog und draußen die Bleiwurz allmählich über ihren nackten, abgehackten Wurzeln dahinwelkte. Ich weiß nicht, woran es lag – am Bier, an der Tageszeit, an der Tatsache, daß sie hier war und mir zuhörte –, jedenfalls wurde ich ihr gegenüber richtig vertrauensselig. Ich erzählte ihr von Janine, meiner zweiten Frau, und wie sie ständig an mir herumgenörgelt hatte – nie war ich gut genug für sie, egal, was ich tat –, und schweifte dann ab zu meiner Transformationserfahrung auf Hawaii damals, bei der mir zum erstenmal klargeworden war, daß ich mit Erde arbeiten wollte: dieser ganze erlösende Prozeß von Graben und Pflanzen, Blumenbeete anlegen, Bewässerungssysteme planen, Bäume einsetzen. (Das war oben am Kraterrand des Haleakala gewesen, mitten auf der Gartenparadiesinsel dieser Welt, und rings um mich nichts als vulkanische Ödnis, eine geronnene Landschaft aus versteinerten Symbolen. Die Sonne ging gerade auf, ich hatte nicht geschlafen und stand mit Janine im pfeifenden Wind, wie die übrigen verschwiemelten Touristen, die in die Leere starrten, und auf einmal begriff ich, was ich mir vom Leben wünschte: Ich wollte, daß die Dinge grün waren, sonst nichts. So einfach lag die Sache.)
    Caitlin war eine gute Zuhörerin, und mir gefiel die Art, wie sie ihr Glas beim Trinken in winzigen Schlucken kippte, wie ihre Augen glänzten und sie die freie Hand flach auf der Tischplatte spreizte, als wäre sie auf hoher See und müßte sich abstützen. Sie strich sich ständig das Haar aus dem Gesicht und beugte sich dann vor, um es wieder nach vorn fallen zu lassen, und immer, wenn ich ein schmerzliches oder sensibles Thema ansprach (fast alles über Janine fiel ja in diese Kategorie), erschien eine mitfühlende kleine Furche zwischen ihren Augenbrauen, und sie schnalzte mit der Zunge, als wäre ihr etwas am Gaumen klebengeblieben. Beim zweiten Bier wandten wir uns weniger persönlichen Themen zu – dem Wetter, der Gärtnerei, gemeinsamen Bekannten. Als wir das dritte anbrachen, ergingen wir uns in Erinnerungen an die lahmen, miesen und verrückten Lehrer, die wir in der Junior Highschool hatten, und an ein paar der erwähnenswürdigeren Katastrophen jener Tage, etwa der, als es fast eine Woche lang Tag und Nacht geregnet hatte und Felsblöcke von der Größe eines VW Käfers aus den Flußbetten auf die Überholspur der Autobahn geschwemmt worden waren.
    Ich hatte hervorragende Laune, was seit meiner Scheidung ziemlich selten vorkam. Ich fühlte mich göttlich und sah alles recht gelassen: die Sträucher, so dachte ich, konnten bis morgen warten – und die Bäume und der Rasen und der Himmel auch. Es war prima, zur Abwechslung mal den Nachmittag vor den Fenstern vorbeiziehen zu lassen und sich um überhaupt nichts kümmern zu müssen. Ich war betrunken. Betrunken um drei Uhr nachmittags, und es war mir egal. Wir hatten gerade herzlich miteinander über Mr. Clemens gelacht, den Englischlehrer, der zwei Jahre hindurch denselben Anzug mit Schlips trug und »Lyrik« immer wie »Lürük« aussprach, da stellte ich mein Glas ab und fragte Caitlin, was ich schon fragen wollte, seit ich vor sechs Monaten meine Karte in ihrem Briefkasten deponiert hatte. »Sag mal, Caitlin«, begann ich und schwang mich in die Heiterkeit des

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