Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
Vom Netzwerk:
vorherbestimmt, das fühlte sie, fühlte es in den Schläfen pochen und in der vollkommenen Maschine ihres Herzens. Der Zorn hatte sich in ihre Beine zurückgezogen, ein bitterer, brennendheißer Treibstoff. Sie sog die Luft ein, klemmte sich in den Tria-Lenker hinein und flog dahin. Wenn sie die Rennen bisher immer nur für sich selbst bestritten hatte, für einen unbezähmbaren Teil ihres Inneren, so tat sie es jetzt wegen Jason, um es ihm zu beweisen, um ihm zu zeigen, wer sie war, wer sie wirklich war. Für ihn gab es keine Entschuldigung. Absolut keine. Und sie würde dieses Rennen gewinnen, sie würde Zinny Bauer schlagen und die anderen paar hundert schlaffen, kurzatmigen, untertrainierten Angeber auch, die herumkrähten und sich auf die Brust klopften, und dann würde sie die Trophäe entgegennehmen und an ihm vorüberschreiten, als gäbe es ihn gar nicht, denn sie war nicht zimperlich, ganz und gar nicht, und er würde das ein für allemal feststellen.
    Als Jason zurück an den Strand kam, fühlte er sich, als wäre er selbst eine Art Rennen gelaufen. Er atmete schwer – muß mit dem Rauchen aufhören –, und seine Tequilamigräne steigerte sich soeben zu einem Punkt, wo er ernsthaft erwog, kurz im Clubber’s vorbeizuschauen und sich ein, zwei Gläschen reinzukippen, obwohl es erst halb zehn und der Laden bestimmt voller Touristen war, die sich Butter auf ihren Toast schmierten und »Könnten Sie bitte mal den Honig rüberreichen« und »Vielen Dank auch«. Er hatte bis zu Drakes Haus laufen und ihn wachrütteln müssen, damit er ihm etwas Tuinol gab – eins von den sechstausend Medikamenten, die Drakes Mutter sich verschreiben ließ, um die vernichtenden Schmerzen ihrer gut siebzig Jahre abzuwehren. Tuinol, Nembutal, Dalmadorm, Jason war das egal, Hauptsache genug davon. Barbiturate nahm er nicht mehr – hatte seit gut zehn Jahren keine Downers mehr geschluckt –, aber er erinnerte sich noch gut an das sanfte, betäubte Glühen, das man davon verspürte, und an die Art, wie die Beine in Baumstämme verwandelt wurden, die tief in der Erde steckten.
    Die Sonne hatte inzwischen den Nebel weggebrannt, und es war ein klarer Tag, der auf dem Wasser glitzerte. Sie hatten das Rennen um halb acht gestartet, damit hatte er noch ein wenig Zeit – die ersten Männer würden nach knapp unter drei Stunden durchs Ziel gehen, die Frauen liefen um die drei zehn, drei zwölf, so in der Preisklasse. Jetzt brauchte er sich nur noch in die Betreuerzone hineinzuschmuggeln, irgendwo ein verlassenes T-Shirt und so eine Kappe aufzutreiben, einen Becher mit Gatorade zu besorgen und sich ein paar Kilometer vor dem Ziel aufzustellen. Natürlich bestand die Möglichkeit, daß die Frau mit dem Wunderskelett seinen Becher nicht nehmen würde, vor allem wenn sie ihn von neulich abend erkannte, aber er würde die Kappe tief ins Gesicht ziehen, sich hinter der Sonnenbrille verschanzen und ihr eine devote Miene entgegenbringen. Eine Sekunde, länger brauchte er nicht. Eine Hand, die aus der Menge kam, der Becher, auf dem die kühlen Perlen standen, der Helfer Schritt haltend mit ihr, so daß sie nicht einmal das Tempo drosseln mußte – was gab es da zu überlegen? Sie trinkt und begegnet dem Mann mit dem Hammer. Und wenn sie beim erstenmal nicht anbiß, würde er in den Wagen springen und sie einen Kilometer später erwischen.
    Er hatte beobachtet, daß einer der freiwilligen Ordner vor dem Anhänger postiert war, der als Kommandozentrum diente. Ein Junge von etwa Achtzehn, fettige Haare, ein übergroßes Kreuz am Ohrläppchen, Schorf von einer frisch überstandenen Akne im Gesicht. Er war die exakte Kopie der Kids, denen er Neoprenwesten und Bienenwachs-Lippenstifte verkaufte – vielleicht war er sogar mal in seinem Laden gewesen. Jason schärfte sich ein, behutsam vorzugehen. Schließlich hatte er ein Gewerbe hier, er gehörte zu den Stützen der Gesellschaft, und es könnte ihn jemand erkennen. Andererseits: und wenn schon? Er opferte eben ein bißchen Freizeit, sonst nichts, ein engagierter Mitbürger, der sein Bestes für die Allgemeinheit und zur Förderung des Tourismus tat und noch ein paar andere lobenswerte Dinge. Er duckte sich unter dem Absperrseil durch. »Hallo, Alter«, sagte er zu dem jungen Ordner und hob die Hand für einen lässigen Gruß – den der Bursche prompt mit Abklatschen erwiderte. »Tut mir leid, ist später geworden. Jeff schon da?«
    Das Gesicht des Jungen öffnete sich zu einem breit strahlenden,

Weitere Kostenlose Bücher