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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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mit verängstigtem Blick, aber entschlossener Miene, sie trug ein Blumenkleid, das alles zeigte, was an ihr dran war. »Ach ja?« wiederholte Stan, bellte es heraus wie ein Hund. »Und was zum Teufel weißt du darüber?«
    »Ich weiß das hier«, sagte Walt und schlug so fest zu, daß Stan mitten durch die Fliegentür geschleudert wurde und auf dem Rücken im Korridor landete. Und als er aufstand, verpaßte ihm Walt gleich noch eine.
    Jetzt aber, jetzt war der einzige Gegner die Sonne, die bereits durch die Bäume brannte. Er roch das satte feuchte Chlorophyll des Grases und die Morgenluft, die vom Meer heranwehte, uralte Gerüche, so undenklich alt wie sein Leben, und als er das leise, von Nachrichten kündende Plumpsen der Zeitung auf der Einfahrt hörte, stieß er abrupt einen Schrei aus, aber seine Stimme war so schwach, daß er sie selbst kaum wahrnehmen konnte. Eunice war still. Still und stumm. Und es machte ihm angst, daß er ihr Schnarchen nicht mehr hörte, und als er seine Stimme wiederfand, flüsterte er: »Eunice, Liebes, gib mir die Hand. Kannst du mir deine Hand geben?«
    Er hätte schwören können, daß er sah, wie sie die Schulter hob und sich zu ihm umdrehte, ihr Gesichtsausdruck lebhaft und im Morgenlicht strahlend, aber er mußte sich das eingebildet haben. Denn als er alle Kraft aufbot, die er noch in sich hatte, und es irgendwie schaffte, die Hand auszustrecken, da war da gar nichts.

Peep Hall
    Ich lasse mir meine Privatsphäre nicht nehmen. Mein Telefon hat eine Geheimnummer, mein Briefkasten ein Schloß, und das Tor an der Einfahrt geht automatisch hinter mir zu, wenn ich heimkomme. Ich habe mein eigenes kleines Grundstück von rund zweitausend Quadratmetern im Herzen dieser sonnigen kleinen Universitätsstadt, und drum herum verläuft ein Zaun. Das Haus ist ein Bungalow aus der Craftsman-Ära, erbaut 1910, und die Vegetation im Garten ist üppig; zu nennen sind die beiden mächtigen alten Eichen, die mich zur Straße hin abschirmen, die Flutwelle der Bougainvilleen, die schon längst den Maschendrahtzaun zu beiden Seiten des Grundstücks überwuchert haben, ein halbes Dutzend Baumfarne im Fünf-Meter-Bereich, und ein feuchter, süß nach Erde riechender richtiger Wald von Pittosporum, Akazien und Eukalyptusbäumen verdrängt allmählich, was vom Rasen noch zu erkennen ist.
    Wenn ich am Nachmittag auf meiner Veranda sitze, sehe ich nichts als zwanzig verschiedene Grüntöne, und wenn jemand auf dem Fahrrad vorbeifährt oder sich das Ehepaar von gegenüber in die Haare gerät – zweimal die Woche –, bin ich vollkommen unsichtbar, obwohl ich ja gleich hier oben sitze, die Füße hochgelegt, und alles mitkriege. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich das letztemal bei einem Konzert oder einer Sportveranstaltung war, auch ins Theater und ins Kino gehe ich nicht mehr, weil mir Menschenmengen widerwärtig sind, das Gewusel und Gebrabbel, der Mundgeruch, die bösen Blicke, ganz zu schweigen von den Mikroben, von denen solche Massenauftriebe umschwärmt werden wie schlechte Investitionen von schlechtem Geld. Und nein, ich bin kein Spinner. Ich bin nicht verrückt. Und ich bin auch nicht alt, jedenfalls nicht so richtig (im November werde ich einundvierzig). Aber meine Privatsphäre lasse ich mir nicht nehmen, und ich denke, das ist auch kein Verbrechen, besonders wenn man so hart arbeitet wie ich. Wenn ich heimkomme, möchte ich meine Ruhe haben.
    Sechs Abende die Woche und zweimal über Mittag rühre ich Mojitos und schüttle Martinis im El Encanto Hotel, wo ich mich mit Jackett und Fliege und gefrorenem Lächeln präsentiere. Ich habe keine Haustiere, stehe nicht aufs Spazierengehen, meine Eltern sind tot, und meine Frau – Ex frau – könnte es von mir aus ruhig auch sein. Wenn ich nicht im El Encanto arbeite, dann lese ich, buddle im Garten, brate mir was in der Pfanne, putze in unregelmäßigen Abständen oder höre mir an, was im schrägen Kulturradiosender läuft. Wenn ich dazu aufgelegt bin, arbeite ich an meinem Roman (Arbeitstitel: Grandma Rivers ) – entweder das oder an meiner Magisterarbeit: Klaustrophobie in Franz Kafkas gedanklichem Universum , die inzwischen elf Jahre überfällig ist.
    Ich saß also eines Spätnachmittags auf meiner Veranda – an einem Montag, meinem freien Tag, die Sonne schwebte über den Bäumen, Vögel sirrten durch die Luft, jede Knospe und jede Blume verköstigte ihre eigene Biene –, als ich auf der Veranda nebenan eine Frau hörte, die etwas

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