Schluss mit dem ewigen Aufschieben
schafften es stets auf die gleiche Weise: indem Sie das taten, wovor Sie sich fürchteten.
Klug, wie Sie damals schon waren, machten Sie es nicht nur einmal, sondern oft. Zuerst erlebten Sie dabei ein Gemisch von
Angst und Lust, dann verschwand die Angst ganz. Dieses alte Rezept können Sie auch gegen Angst als Motiv des Aufschiebens
anwenden. Erst wenn Sie beginnen, gegen die Angst anzukämpfen, haben Sie eine Chance, dass sie allmählich geringer wird. Je
länger Sie sich der Angst fügen, desto ängstlicher werden Sie.
Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern, dass es generell nützlich ist, wenn Sie ein Entspannungsverfahren erlernen, wie
autogenes Training oder die progressive Muskelrelaxation. Gehen Sie im entspannten Zustand die Situationen durch, die Sie
ängstigen. Meistens bringt es mehr, sich gleich voll in das Entsetzen zu stürzen und sich nicht in langsamen Steigerungen
heranzutasten. Je häufiger Sie im entspannten Zustand Ihre schlimmsten Befürchtungen wahr werden sehen, desto weniger wird
die Vorstellung Sie ängstigen. Sie werden sich daran gewöhnen. Beim ersten Gruselfilm, den Sie gesehen haben, waren Sie vor
Angst noch ganz starr. Beim zehnten tut sich bei Ihnen nicht mehr viel. Sie können Ihre Fantasie auch dazu benutzen, die ängstigenden
Situationen ins Groteske zu übersteigern, sodass Ihre Furchtgedanken unglaubwürdig werden.
Beates Angst vor dem Erfolg hat sich gelegt, nachdem sie sich wiederholt in die folgende Fantasie vertiefte: Sie würde dem
Vorstand ihr Konzept überreichen. Die Herren würden das Werk in Leder mit Goldprägung binden lassen und wie eine alte Bibel
in einer Vitrine in der Eingangshalle des Verlagshauses ausstellen, zusammen mit einem Foto von Beate. Alle Angestellten müssten
Konzept und Verfasserin jeden Morgen beim Betreten des Hauses durch eine Verbeugung grüßen. Die neidischen Kollegen würden
sich aus dem Internet Geheimrezepte herunterladen und zu Giftmischern werden. Beate bekäme eine Vorkosterin zugeteilt. Wo
sie vorbeiging, färbten sich ihre Neider knallgrün ein. Das Lachen, das Beate mit diesen Vorstellungen verband, wirkte als
Angstbremse.
|201| Tipp: Angst ist ein unangenehmes Gefühl, das Sie möglichst bald loswerden wollen. Der sicherste Weg besteht darin, gerade das zu
tun, wovor Sie Angst haben. Dabei gilt: Je mehr Sie sich starker Angst aussetzen, desto schneller werden Sie Fortschritte
machen. Sie können sich natürlich auch an die maximale Angst auslösenden Situationen heranschleichen, indem Sie zunächst etwas
machen, was ein wenig Angst auslöst, so lange, bis Sie keine Angst mehr spüren. Oder stellen Sie sich sehr ängstigende Situationen
so lange in entspanntem Zustand vor, bis sich Ihre Anspannung deutlich gelegt hat. Am wirksamsten aber ist die sogenannte
Exposition: rein in den vollen Horror!
Wut und Ärger abbauen
Als jemand, der bislang aus Trotz aufgeschoben hat, müssen Sie zunächst Ihre Selbstwahrnehmung verbessern, um feststellen
zu können, wie häufig Sie Ihr Verhalten als Gegenbewegung gegen die vermeintlichen Wünsche, Forderungen und Aufträge anderer
erleben. Tragen Sie in Ihr Veränderungslogbuch ein, wann Sie wegen einer solchen »Ungerechtigkeit« aufgeregt und verärgert
waren und was Ihnen dabei durch den Kopf ging. Später setzen Sie sich in der oben beschriebenen Weise mit Ihren Gedanken auseinander.
Fragen Sie sich, ob das wahr ist, was Sie gedacht haben. Und: Was wäre geschehen, wenn Sie Ihre kritischen, zornigen Gedanken
gleich geäußert hätten? Falls Sie negative Reaktionen befürchten: Wie könnten Sie Ihre Einwände formulieren, ohne dass die
»Gegenseite« (Ihre Verhandlungspartner!) sich gleich zurückgewiesen fühlt?
Sie können es lernen, die Äußerungen Ihrer Vorgesetzten, Ihrer privaten Partner und auch die Bemerkungen Unbekannter als Bitten,
Vorschläge und Wünsche wahrzunehmen statt als Forderungen, denen Sie zu genügen haben. Bitten, Vorschläge und Wünsche können
Sie auch ablehnen oder über sie sprechen und verhandeln. Damit erweitern Sie Ihr eingefahrenes Verhaltensspektrum wesentlich.
Sie können lernen, Ihre üblichen Reaktionen (sofortige Zustimmung, wütende Ablehnung, Aufschieben) um eine Fülle von Handlungsmöglichkeiten
zu erweitern, indem Sie beispielsweise unterscheiden, |202| welche Widerstände in der Art der Aufgabe begründet sind und welche in der reinen Tatsache, dass Sie mit dieser Aufgabe
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