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Schluss mit der Umerziehung!

Schluss mit der Umerziehung!

Titel: Schluss mit der Umerziehung! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela A. Erler
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außerhalb entwickelt, und Entscheidungen ermöglichen, nur im Notfall diese auch rasch selbst treffen. Sie müssen erkennen, wo ein Umsteuern notwendig ist, selbst wenn sich Widerstände zeigen. Die Balance zwischen einer Hauruck-basta-Kultur und einem allzu langen Aushandlungsprozess ist nicht leicht zu finden. Die Schaffung von Beratungs- und Entscheidungsgremien ist oft teuer und produziert eigene Logiken, die sich nach kurzer Zeit überholt haben können.
    Die gesamte Organisation ist also ein Organismus in ständiger Veränderung. Führung bedeutet letztlich »nur«, die richtigen Impulse zur richtigen Zeit zu geben und die Menschen mitzunehmen und zu begeistern. Die Impulse kommen nicht nur von oben, sondern entstehen auch lokal durch die Fühler, die überall nach draußen ausgestreckt sind. Es gibt Standorte, in denen viele neue Anstöße generiert werden und andere, die eher darauf warten, was sich auf den Märkten tut. Es gibt Standorte, die verlässlich Gewinn abwerfen, aber wenig Neues entwickeln, andere, die schwächere Zahlen haben, dafür aber neue Chancen und Gefahren erkennen. Wer ist nun zu loben? Beides ist nötig, aber beides geht nicht immer zusammen. Standorte, Produkte und Personen haben außerdem bessere und schlechtere Phasen – auch dies lässt sich über die Zeit gut erkennen. Es gibt Personen, die im Laufe der Zeit an Grenzen gestoßen sind und auch leistungsschwächere Phasen zeigten, sich dann aber auch wieder zu neuen Höhen aufschwangen. Oder auch nicht. Es gibt wichtige Leistungsträgerinnen, die bei Führungsaufgaben in zu viele Konflikte geraten – in solchen Fällen müssen wir Wege finden, ihre Kompetenz zugänglich zu machen, ohne dass zu viel Kraft verloren geht.
    Der ewige Konflikt gerade für Frauen zwischen Fokus und Multitasking, zwischen Struktur und Offenheit zeigt sich so auch in der Organisation. Wird dem Wunsch nach Klarheit und festen Strukturen, nach wohldefinierten Budgets und harten Wirtschaftsplänen jedoch zu sehr nachgegeben, so erreichen wir nicht nur wenig, sondern das Falsche: uninspirierte Regelerfüllung bei den einen – oder subtilen Widerstand bei den anderen. Um Frauen wirklich an Deck zu halten, bereit für Sturm und Wind und Wetter, müssen die Strukturen ihre Vorschläge und Anregungen aufgreifen und ihre Ängste mit Respekt behandeln. Sonst bleibt ein großer Teil des weiblichen Potenzials auf der Strecke. Wir aber haben den Anspruch und das Ziel, dass der größte Teil unserer Kolleginnen sich weiterhin aktiv einbringt – unser Geschäftsmodell basiert darauf. Die Voraussetzung dafür ist eine flüssige, geschmeidige, allerdings etwas diffuse Organisation, der Preis, dass es kein klares Organigramm für unsere Firma gibt und auch nicht geben kann. Organigramme töten Motivation, jedenfalls in unserem Unternehmen. Eine nach Frauendynamik aufgebaute Organisation ist viel weniger von formalen Hierarchiestrukturen geprägt – und der Versuch, das Leben der Firma hauptsächlich in formale, hierarchiebestimmte Formen zu pressen, würde den Lebensnerv der Motivation in diesem Kosmos zerstören.
    Jede mittelmäßige Software bietet heutzutage einfache Möglichkeiten, eine Organisation abzubilden: Eine Geschäftsführung, Abteilungen, Unterabteilungen – eine Pyramide eben, oben Funktionen mit Namen, weiter unten können dann die Mitarbeiterinnen, wenn überhaupt, dann nur noch N.N., anonym bleibend also, aufgeführt werden, weil sonst die Namen gar nicht mehr lesbar wären. Eine solche optische Pyramide, die auf Top-down-Prozesse ausgelegt ist, verletzt nicht nur optisch den Stolz vieler Akteurinnen. Sie bildet auch überhaupt nicht ab, wie vielfältig Kompetenzen in unserem Unternehmen verknüpft sind und wie Entscheidungen letztlich getroffen werden. Denn unser System ist eher ein dreidimensionaler Kosmos mit vielen elastischen internen Knotenpunkten und Verzweigungen. Ein Gehirn? Ein Sternennebel? Ein Spinnenetz? Eine Art Atomium? Ganz sicher jedenfalls keine Pyramide – so wie die meisten Organigramme sich darstellen.
    Für Männer in ihrem Ordnungsbedürfnis ist es meist wichtig, wer »wirklich« zählt – das befriedigt ihr Hierarchiebedürfnis. Für viele Kolleginnen mit ihren vernetzten unterstützenden Funktionen, die für den Erfolg genauso wichtig sind wie

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