Schluss mit der Umerziehung!
Eisberge, Felsen, Hurrikane zu achten â oder den Radar auszuschalten. Die Arbeit wird gut erledigt, sie wird auch gern getan. Interne Prozesse gelten als gesetzt und zum Beispiel durch ISO- Normen gewissermaÃen in Stein gemeiÃelt. Wir haben professionelle Strukturen und Zertifikate, alles ist in Ordnung. Das Team bildet einen Kokon.
Hier lauern echte Gefährdungen: Wie und vom wem werden, wenn es drauÃen stürmt, die Segel neu gesetzt? Wohin wird umgesteuert? Wer reiÃt das Ruder herum? Wohin richtet sich die Energie? Wie bildet sich ein neuer Konsens? Diese Fragen stellen sich, weil nach einer Gründungsphase mit Alleinstellungscharakter natürlich Wettbewerber auftreten, mit niedrigeren Preisen, anderen Arbeitsmodellen, anderen Produktmischungen, schickeren Internetseiten. Nun stellt sich die Frage der Organisationsstruktur und der Führungskultur, der Entscheidungsprozesse in einem komplexen Unternehmen, das letztlich von der Begeisterung aller seiner Kolleginnen lebt. Wie hoch wird das Gefährdungspotenzial beurteilt? Welche Strategie wird eingeschlagen? Andere Preise? Andere Leistungen? Mehr Internet? Neue Geschäftszweige? Es ist das ganz normale Wirtschaftsleben â auch eine Frauenkultur muss unternehmerische Antworten darauf finden. In erster Linie sein Führungspersonal.
In einem sich ständig verändernden System ist die Aufgabe von Führungskräften immer schwer zu beschreiben. Der Schwerpunkt liegt ohne Zweifel auf Inspiration, auf das Mitnehmen der Kolleginnen und Kollegen zu den Zielen, die die Organisation insgesamt setzt. Auf der lokalen Entwicklung gemeinsamer Ziele â nicht zu hoch, nicht zu niedrig. Auf der Koordination von Teams. Auf der intelligenten Steuerung der knappen Ressourcen. Wo können wir wie viel Arbeitskraft einsetzen? Wie können wir lokal unsere Prozesse optimieren, um Kraft freizuschaufeln für wichtige Aufgaben und Innovationen? Auf der Vermittlung in Konfliktfällen. Vor allem aber, und letztlich am wichtigsten: auch auf der erfolgreichen Festigung und Ausweitung der Marktposition vor Ort.
Wir haben schon gezeigt, dass Frauen auf den formalen Aufstieg und die Beförderung von Kolleginnen oft abwehrend reagieren â sie sind sehr ungern Befehlsempfängerinnen. Also ist erfolgreiche Führung im Frauenkosmos immer so weit wie möglich Inspiration, dann Koordination, Coaching, Unterstützung, Delegation, denn diese Rollen werden von den geführten Frauen noch am ehesten angenommen. Führung ist dann klar und unstrittig, wenn die Person Sicherheit und Zuversicht vermitteln kann, wenn ihr einfällt, wie ein Problem gemeinsam zu lösen ist. Wenn die Kolleginnen ihr â murrend, knurrend oder freudig â in Zeiten der Krise bereitwillig folgen, zur Not mit viel Extrakraft und Extraaufwand. Führung heiÃt: sich nicht einschüchtern lassen von schwierigen Situationen, von Verträgen, die wegbrechen, von Mitbewerbern, die plötzlich auftreten.
Führungsfrauen brauchen Unterstützung darin, ihre Kolleginnen durch Ãberzeugung mitzunehmen, Fehler zu tolerieren, Konflikte nicht eskalieren zu lassen, keine indirekten Aggressionen von oben auszusenden. Es gibt Frauen, die ganz unbewusst und unschuldig in ihrer Führungsrolle machtvolle negative Signale senden, ihr Gesicht zur Maske machen, den Blickkontakt verweigern. Oft verbirgt sich dahinter die immerwährende Sorge, nicht wirklich akzeptiert zu werden. Es stimmt tatsächlich: ÃuÃere Autorität ist in unserer Firma nur beschränkt vorhanden. Innere Autorität ist die wichtigste Währung. Wer Frauen primär durch Weisung führen will, hat schon verloren. Weisungen, Abmahnungen oder gar Entlassungen sind immer nur Notlösungen. Wer für alle Konflikte eine Supervision braucht, kann sie nicht lösen. Bei Führungsfrauen kann zusätzlich das berühmte negative weibliche Erinnerungsvermögen eine groÃe Rolle spielen. Während die Organisation als Ganzes immer wieder neue Chancen bietet, wiegt ein Konflikt mit einer Kollegin, der Jahre zurückliegen kann, für die Führungskraft bisweilen schwer und lässt in ihren Augen keine Neubewertung zu.
Eine alte Regel sagt: Führungskräfte können nicht mit ihren »Untergebenen« befreundet sein. Im Sinne einer engeren Freundschaft mag das manchmal zutreffen, obwohl ich es für mich schon erfolgreich anders praktiziert und erlebt habe. Aber
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