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Schluss mit der Umerziehung!

Schluss mit der Umerziehung!

Titel: Schluss mit der Umerziehung! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisela A. Erler
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elementare Rücksicht werden die meisten Frauen in einem Unternehmen nicht wirklich zu ihrer Höchstform auflaufen. Für uns gilt: Egal, wie die private Aufgabe sich stellt, ob ein Kind mit Pseudokrupp oder Down-Syndrom, ein Ehemann mit Herzinfarkt oder Spielschulden, ein Teenager-Sohn mit Problemen, ein Liebhaber, der in Afrika wohnt, ein Hund, der das Leben bereichert – solche Probleme dürfen und sollen formuliert werden, und es werden darauf ernsthafte Antworten gesucht. Das können sein: Zeit für notwendige Reisen, eine Arbeitszeit, die genügend Luft lässt, Arbeiten von daheim, wenn gewünscht, private Anrufe selbstverständlich, ohne Vorwürfe. Unsere eigene Beratung zu Eldercare oder Beziehungskrisen dürfen bei diesen Fragen auch kostenlos um professionelle Hilfe gebeten werden.
    Eine solche Balance entsteht nur durch Wechselseitigkeit – wenn ein Team zum Beispiel die Kollegin auch nachmittags benötigt, dann wird über Hilfe bei der Kinderbetreuung nachgedacht oder die Kinder werden mitgebracht in unsere Back-up-Einrichtungen. Die Lösung ist immer individuell, die Bedürfnisse der Firma sind dabei nicht nachrangig – und umgekehrt. Wenn es um Konfliktlösungsmuster geht, dann lieber solche, die kooperativ sind und für beide Seiten einen Mehrwert bringen statt faule Kompromisse. Eine kreative kooperative Lösung ist es etwa, wenn eine Kollegin aus privaten Gründen eine Auszeit in Spanien braucht und sich diese auch nehmen kann – sich aber per Skype gerade in wichtigen Fragen konzentriert einbringt. Ein schlechter Kompromiss ist es, wenn eine Mutter mit Kleinkind ihre Arbeitszeiten immer auf vormittags legt, obwohl diese für das Team nicht wirklich günstig sind. Ihr Angebot – ich komme jeden Tag eine Stunde länger – löst das Problem nicht wirklich. Viel besser könnte sein: Ich komme zweimal ganztags und bleibe nachmittags noch einen weiteren Tag verfügbar, aber von daheim aus.
    Wir fördern bei den jungen Müttern in unserer Firma keine langen Berufsaustiege – es ist uns lieber, sie kommen früh zurück, am besten nach wenigen Monaten – und wir helfen ihnen, ihr Kind unterzubringen. Oder der Vater nimmt Elternzeit. Aber auch bei längeren Ausstiegen werden wir sie wieder einfädeln und sich in ihrem Rhythmus weiterentwickeln lassen. Länger als ein Jahr bleiben Frauen bei uns praktisch nie daheim nach der Geburt eines Kindes. Wir haben ein Auge auf die Frauen in sensiblen Phasen und versuchen, sie auch in dieser Zeit zu ermuntern, sich bald wieder aktiv einzubringen. Hier gibt es bisweilen Interessenkollisionen: Wenn etwa ein Standort Verträge verloren hat und gerade weniger Mitarbeiterinnen hat, kann die Versuchung groß sein, eine Kollegin in Elternzeit de facto auszugrenzen. Doch was kurzfristig günstig erscheinen mag, ist meist immer ein Verlust einer aus Unternehmenssicht teuer erreichten Qualifikation. Außerdem ist jede Verletzung ethischer Grundprinzipien ein Schaden, der sich in einem Verlust an Vertrauen im Unternehmen rächt. Es ist Führungsaufgabe im besten Sinn, das Verständnis dafür auch unter Frauen immer wachzuhalten. Die leichte und billige Lösung ist oft die schwere und teure.
    Auch unser System bewirkt nicht, dass sich alle Arbeitszeitkonflikte von selbst lösen. Junge Eltern haben immer Tage und Wochen, an denen die Welt nicht in Ordnung ist – durchwachte Nächte, Kinder mit endlosen Erkältungen und im Beruf Termine, die sich schwer verschieben lassen. Diese Widersprüche lassen sich nicht ausradieren, ebenso wenig wie das Gefühl, manchmal gehetzt und überfordert zu sein. Auch bei uns gibt es diese Tage, wo Eltern sich fragen: Warum das Ganze – wäre ein ganz anderes Leben für uns nicht besser und schöner? Und sich danach sehnen, einfach mehr Ruhe zu haben. Doch im Grundsatz gilt: Dein privates Problem ist nicht allein dein Problem. Wir werden eine Lösung finden, und wir werden dich nicht ins Abseits stellen, weil du ein Problem hast. Es ist normal und gehört einfach zum Leben, dass es unvorhergesehene Haken schlägt. Wir gehen in diesen Situationen aufeinander zu, wir helfen dir als Unternehmen auch ganz konkret – bis zu einem gewissen Punkt.
    Zunehmend finden deshalb bei uns auch junge Väter ihren Platz: Ein Unternehmen, das sie nicht mit unnötiger Abendarbeit, Netzwerkpflege außerhalb von

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