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Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Begegnung, seit er sich an Vance’ Fersen geheftet hatte, und jedesmal hatte sie ihm neue Erkenntnisse gebracht. Es war, als seien Jäger und Gejagter durch einen unsichtbaren Draht miteinander verbunden. Und dieses Mal hatte er sich vorgenommen, dafür zu sorgen, daß es nicht plötzlich zu einem Rollentausch kam. Das eine Mal hatte ihm gereicht.
    Er schlenderte im Schutz der tatsächlich eingeladenen Gäste durch die Lounge, ohne Vance länger als einen kurzen Moment aus den Augen zu lassen, und ergatterte schließlich einen Platz in einer Ecke der Lounge, schräg gegenüber dem Fernsehstar, aber so, daß Vance sich umdrehen mußte, um ihn zu entdecken.
    Nach einer Weile kam plötzlich eine junge Frau mit zurückgekämmtem blondem Haar, einer John-Lennon-Brille, einem knallroten Amorbogen in der Hand und einer Tasche, auf der RADIO AKTUELL stand, in die Lounge gestürmt, im Schlepptau drei aufgetakelte, aufdringlich geschminkte, junge Frauen, zwei eher durch ihre Pickel als ihren Charme auffallende Teenager und eine Dame reiferen Alters, deren Frisur so drapiert wirkte, als hätte sie noch die Lockenwickler drin. Drei Schritte dahinter folgte ein Typ mit ausgebeulten Taschen und zwei um den Hals baumelnden Spiegelreflexkameras. Die Gewinner einer Ruf-deinen-Sender-an-Aktion, vermutete Tony. Wer weiß, welche Preisfrage die Anrufer beantworten mußten. Bestimmt nicht: Wie viele Teenager hat Jacko Vance ermordet.
    Die energische Blonde drängte sich in den Kreis der Bewunderer, in deren Mitte Vance hofhielt, und wandte sich an Jackos Presseagentin. Sie sprachen kurz miteinander, die PA nahm Jacko am Arm und machte ihn auf die Neuankömmlinge aufmerksam. Als er sich umwandte, ließ er den Blick mit der Routine des Profis einen Moment lang durch die Lounge schweifen und entdeckte Tony. Seine Augen verharrten eine Sekunde lang, dann setzten sie ihre Wanderung fort, seine Miene verriet nichts.
    Die Gewinner der Anrufaktion wurden in die Nähe ihres Idols gewinkt, Jacko plauderte lächelnd mit ihnen, schüttelte Hände, kniff die beiden Teenager freundlich in die Wangen und posierte für den Fotografen. Alle dreißig Sekunden ließ er den Blick in die Ecke huschen, in der Tony, das Glas mit Sekt in der Hand, an der Wand lehnte und die Szene rund um den Fernsehstar mit seltsam zufriedener Miene beobachtete.
    Als die Audienz für die Radiogewinner endete, wechselte Tony zu der kleinen Gruppe hinüber, die geduldig darauf wartete, daß Vance endlich Zeit für sie fand. Lauter brave Durchschnittsbürger, mächtig aufgeregt, aber sichtlich bemüht, kühl und gelassen zu wirken. Er drängte sich in ihre Mitte. »Bitte, entschuldigen Sie, wenn ich so bei Ihnen hereinplatze«, sagte er, »aber ich glaube, Sie können mir helfen. Mein Name ist Tony Hill, ich bin Psychologe und Profiler. Stars wie Jacko locken, wie Ihnen sicher bekannt ist, oft Leute an, deren Absichten man nicht gerade ehrenhaft nennen kann. Daher erarbeite ich mit einem Team von Police Officern an einem sogenannten Schutzprofil. Es geht uns darum, verdächtige Typen abzufangen, bevor sie Ärger machen können. Der erste Schritt besteht darin, das Profil des zuverlässigen Fans zu erarbeiten. Leute wie Sie, die jeder Prominente gern in seiner Nähe weiß. Wir müssen dazu lediglich ein kurzes Gespräch mit Ihnen führen. Allerhöchstens eine halbe Stunde. Wir kommen zu Ihnen oder Sie zu uns, ganz wie es Ihnen lieber ist. Wir zahlen Ihnen für Ihre Mühe fünfundzwanzig Pfund, und Sie haben das schöne Bewußtsein, etwas für die Sicherheit Ihres Idols getan zu haben.« Immer dasselbe, sobald er die fünfundzwanzig Pfund erwähnte, bekamen die Leute leuchtende Augen.
    Tony nahm die vorgedruckten Zettel aus der Innentasche seines Jacketts. »Na, wie wär’s? Eine absolut vertrauliche, anonyme Befragung, und Sie haben uns geholfen, ein Leben zu retten, und sich außerdem fünfundzwanzig Pfund verdient. Notieren Sie einfach Namen und Adresse auf einem der Zettel, dann setzt sich einer meiner Mitarbeiter mit Ihnen in Verbindung.« Er verteilte seine Visitenkarten mit dem Aufdruck der NOP Task Force. »Damit Sie wissen, mit wem Sie’s zu tun haben.«
    Er schielte zu Vance hinüber. Der plauderte lächelnd weiter, aber sein Blick ruhte finster, fragend und feindselig auf Tony.
     
    Ein Palast ist es nicht, dachte Simon, als er den Wagen vor dem Bungalow abstellte. Drei Schlafzimmer, Wohn- und Eßzimmer, Küche und Nebenräume, schätzte er. So gesehen, hätte sie’s

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