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Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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sein, ich könnte es mir im Moment zeitlich gar nicht leisten, nach London zu fahren. Ich muß jederzeit erreichbar sein, für den Fall, daß mein Brandstifter wieder zuschlägt.«
    Tony lächelte. »Genau daran hatte ich gedacht. Wir wollen ja nicht riskieren, daß der Kerl Ihnen durch die Lappen geht.«
     
    Kay hatte aufgehört mitzuzählen, sie hätte nicht sagen können, ob es das siebte oder achte Videoband war, das da vor ihren Augen ablief. Natürlich hatte sie wieder mal den kürzesten Strohhalm gezogen, und das bedeutete, daß sie die Autobahntankstellen zwischen Leeds und London abklappern mußte. Also nach London preschen, Kehrtwendung und an sämtlichen Tankstellen in Gegenrichtung haltmachen. Inzwischen war es später Nachmittag geworden, und sie saß in einem der zahllosen, muffigen Tankstellenbüros, die vor Müdigkeit sandigen Augen auf das wer weiß wievielte Videoband gerichtet.
    Gut, daß ihr eine zeitsparende Methode eingefallen war. Sie hatte ausgerechnet, daß sowohl Shaz wie auch Vance frühestens um elf Uhr vormittags eine der Servicestationen angefahren haben konnten, der späteste Zeitpunkt war etwa sieben Uhr abends. Also hatte sie den automatischen Vorlauf so eingestellt, daß nur die Videoaufnahmen aus den in Frage kommenden Zeiten wiedergegeben wurden. Das Aufnahmeverfahren verkürzte den Zeitaufwand zusätzlich, weil die Anlage jedes ankommende Auto nur wenige Sekunden lang aufzeichnete. Dennoch dauerte es Stunden, alle Bänder durchzusehen, und es kostete eine Menge Kraft, weil Kay auch während der Vorlaufphase angestrengt auf den Bildschirm starrte und jedesmal, wenn etwas auftauchte, was auch nur entfernt nach einem schwarzen VW oder einem silberfarbenen Mercedes-Kabriolett aussah, die Stopptaste drückte. Wegen schwarzer Volkswagen mußte sie häufig drükken, wegen silberfarbener Kabrioletts seltener.
    Ihrem Eindruck nach kam sie jetzt schneller voran als am Anfang. Ihre Augen reagierten fast automatisch auf die gesuchten Objekte. Was andererseits die Gefahr in sich barg, daß sie sich zu sicher fühlte und irgend etwas Wichtiges übersah. Da – wieder der kastenförmige Umriß eines Volkswagens. Sie schaltete um auf normale Geschwindigkeit und sah sofort, daß es sich bei dem Fahrer um einen älteren Mann handelte. Das graue Haar, das unter der Baseballkappe hervorsah, ließ keinen Zweifel daran, daß es nicht Jacko Vance sein konnte. Kays Finger hing bereits über der Taste für den schnellen Vorlauf, als ihr etwas Merkwürdiges auffiel. Es hatte nichts mit dem Mann zu tun, der zur Zapfsäule ging, sondern mit dem Nummernschild. Ganz konnte sie das Kennzeichen nicht lesen, weil der VW leicht schräg zur Kamera stand, aber die letzten beiden Ziffern waren eindeutig identisch mit denen von Shaz’ Kennzeichen.
    »O Scheiße«, murmelte sie in sich hinein, ließ das Band ein Stück zurücklaufen und konzentrierte sich diesmal auf den Fahrer. Und prompt fiel ihr auch an ihm etwas Merkwürdiges auf. Er hantierte mit dem Zapfhahn wie ein ungeübter Linkshänder. Nein, er gebrauchte die rechte Hand praktisch gar nicht. Genauso hätte es Jacko Vance gemacht.
    Sie sah sich die Stelle mehrere Male aufmerksam an. Die Gesichtszüge des Mannes waren nur verschwommen zu erkennen, aber Kay verließ sich darauf, daß Carol Jordan jemanden kannte, der ihnen bei diesem speziellen Problem weiterhelfen würde. Mit ein wenig Glück hatten sie bis spätestens zum Morgengrauen etwas gegen Jacko Vance in der Hand, was ihnen nicht mal ein Team hochbezahlter Anwälte vor Gericht zerpflücken würde. Und wenn es so kam, hatte sie einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, den Tod einer jungen Frau zu sühnen, die ihr – dessen war sie sich sicher – eine gute Freundin geworden wäre.
    Sie klappte ihr Mobiltelefon auf und tippte DCI Jordans Nummer ein. »Carol? Ich glaube, ich habe was, was Ihr Bruder sich mal ansehen sollte …«
     
    Chris Devine hatte nichts dagegen, an ihrem freien Tag eine Pathologin zu besuchen. Was sie wütend machte, war, daß die Pathologin, die sie suchte, diesen freien Tag bei strömendem Regen mitten in der Wildnis verbringen mußte, und das nur, weil sie partout irgendeinen albernen Vogel beobachten wollte, der eigentlich um diese Jahreszeit in Norwegen sein müßte, aber irgendwie den Anschluß verpaßt hatte. Je mehr Regen ihr am Mantelkragen vorbei in Richtung ihrer Schultern lief, desto mürrischer wurde sie. Beschissenes Essex, dachte sie grimmig.
    Sie schirmte

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