Schlussblende
Also hatte Chris doch recht gehabt, er konnte Vance nicht vor Erreichen seines Ziels abfangen.
Vance war nicht dumm. Er rechnete damit, daß Tony etwas von dem Cottage in Northumberland wußte und sich, nachdem bei seinem Besuch in Holland Park nichts herausgekommen war, auf den Weg dorthin machen würde. Was Vance nicht wußte, war, daß Tony bereits drei seiner Leute in Northumberland hatte. Tony vermutete, daß die drei immer noch mit ihren Recherchen beschäftigt waren, er hatte jedenfalls nichts anderes gehört. Genaugenommen hatte er seit drei Uhr nachmittags nichts mehr von ihnen gehört, als sie, wie Simon am Telefon gesagt hatte, von Haus zu Haus gegangen waren, um zu hören, ob jemand Donna Doyle gesehen hätte.
Drei junge Officer, die daran gewöhnt waren, daß ihnen jemand sagte, was sie tun sollten, ohne Erfahrung, wann es besser war, sich zurückzuhalten und wann der Moment für entschlossenes Handeln gekommen war. Sie brauchten jemanden, der ihnen das sagen konnte. Und es gab nur einen Menschen, der rechtzeitig in Northumberland sein konnte.
Sie meldete sich nach dem dritten Durchläuten. » DCI Jordan?«
»Ich bin’s, Carol. Wie geht’s Ihnen?«
»Nicht gut. Um ehrlich zu sein, ich bin froh, Ihre Stimme zu hören. Ich fühle mich wie eine Aussätzige. Alle schneiden mich, weil sie denken, daß ich irgendwie für Di Earnshaws Tod mitverantwortlich bin. Und zu Dis Eltern zu gehen und ihnen die Nachricht zu überbringen war auch nicht so einfach. Ich mußte an die alten Griechen denken, die die Überbringer schlechter Nachrichten getötet haben. Manchmal mag das für den Boten eine Erlösung gewesen sein.«
»Es tut mir so leid für Sie. Wäre besser gewesen, wenn ich Sie nicht in die Sache mit Vance reingezogen hätte.«
»Jemand muß Vance stoppen«, sagte sie entschieden, »und außer mir wollte Ihnen ja niemand zuhören. Was in Seaford passiert ist, war nicht Ihre Schuld. Dafür bin ich verantwortlich. Ich hätte mehr Leute für die Observation anfordern müssen.«
»Carol, hören Sie auf, sich Vorwürfe zu machen.«
»Das kann ich nicht. Aber genug davon. Wo sind Sie? Und wie war’s bei Vance?«
»Ich bin auf der M1. Es war ein schwieriger, ereignisreicher Tag.« Er schilderte ihr in kurzen Worten den Verlauf der Unterredung mit Vance und das, was er eben telefonisch von Chris erfahren hatte.
Carol horchte auf. »Dann ist er jetzt irgendwo zwischen London und Newcastle?«
»Richtig.«
»Und Sie können es nicht rechtzeitig schaffen.«
»Unmöglich.«
»Aber ich könnte es.«
»Wahrscheinlich. Jedenfalls mit Blaulicht auf dem Dach. Ich kann Sie nicht darum bitten, aber …«
»Hier kann ich jetzt sowieso nichts tun. Ich hab Feierabend, und eine Aussätzige ruft nachts niemand an. Es tut mir gut, irgend etwas zu unternehmen, statt herumzusitzen und in Selbstmitleid zu baden. Beschreiben Sie mir kurz die Strecke. Ich rufe Sie an, sobald ich in der Nähe von Newcastle bin.«
Ihre Stimme klang fester als am Anfang. Carol wuchs mit den Herausforderungen, die an sie gestellt wurden; er hatte es immer gewußt. »Danke«, sagte er schlicht.
»Vergeuden wir keine Zeit mit Gerede.« Und dann war die Leitung plötzlich tot.
Tony verstand nur zu gut, was in Carol vorging. Das ist der Preis für die Erfahrungen, die man sammelt, dachte er. Nur wenige Menschen wußten aus eigenem Erleben, wie das ist, wenn man sich für den Tod eines anderen verantwortlich fühlt. Plötzlich bricht alles weg, was einem bisher Sicherheit gegeben hat. Was Carol jetzt brauchte, war ein Erfolgserlebnis, das ihr die alte Sicherheit zurückgab. Carols Entschluß war der erste Schritt in die richtige Richtung.
Zu der Frage, wo der Eingang zur Krypta lag, konnte Mrs. Elliott nur vage Angaben machen. »Irgendwo unter den Steinen. Er hatte sich damals zwei alte Kumpel aus Newcastle geholt, und die haben irgendeinen Mechanismus eingebaut, den man von außen nicht erkennen kann.«
Die drei Officer starrten frustriert auf den Steinfußboden. Simon kratzte sich hinter dem Ohr. »Wenn man ihn nicht erkennen kann, wie kommt man dann runter?«
»Unser Derek sagt, daß da ein Elektromotor installiert ist«, war alles, was Mrs. Elliott wußte.
»Wenn’s einen Motor gibt, muß es auch einen Kontakt geben«, murmelte Leon. »Simon, fang rechts zu suchen an. Und du links, Kay. Ich seh mich hinten bei der Schlafgalerie um.«
Leon ging nach hinten, Simon und Kay wollten mit der Suche beginnen, aber Mrs. Elliott hielt
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