Schlussblende
Blickkontakt mit Micky zu halten und ihr nötigenfalls eine stumme Warnung zukommen zu lassen. »O Himmel, was für ein zauberhafter Raum«, plapperte Suzy drauflos, »so leicht und elegant. Ein derart stilsicheres Interieur trifft man selten. Und glauben Sie mir, ich kenne hier in Holland Park mehr Anwesen von innen als alle ortsansässigen Makler.« Sie schwang sich etwas unbeholfen herum und fragte Betsy in einem Ton, als hätte sie’s mit dem Hausmädchen zu tun: »Haben Sie dafür gesorgt, daß die Leute vom Partyservice alles haben?«
Betsy nickte. »Alles in Ordnung. Sie waren ganz entzückt von der Küche.«
»Das war mir im voraus klar.« Dann war Betsy abgemeldet, Suzy widmete sich ganz Micky. »Haben Sie das Eßzimmer selbst eingerichtet? So überaus stilvoll! So ganz
Sie
! Wie geschaffen für
Ein Fest mit Joseph
.«
Ein zweifelhaftes Kompliment von einer Frau, die ohne Scheu hartes Rot mit einem schwarzen Kostüm von Moschino kombinierte, das für eine zwanzig Jahre jüngere, nicht ganz so hagere Person gedacht war. Aber Micky verschanzte sich hinter einem Lächeln. »Um ehrlich zu sein, verdanken wir das mehr Betsys Anregungen. Sie ist hier für den guten Geschmack zuständig. Ich sag ihr lediglich, wie ich mir das Ambiente denke, und sie realisiert das dann.«
Suzys Routinelächeln fehlte jede Herzlichkeit. Es gelang ihr einfach nicht, Micky Morgan eine Antwort zu entlocken, die sich in ihrem Artikel zitieren ließ. Bevor sie einen neuen Versuch starten konnte, kam Jacko ins Zimmer, die breiten Schultern unter dem maßgeschneiderten Jackett so gekonnt nach vorn geschoben, daß er Suzy irgendwie an einen schwebenden Keil erinnerte. Er ignorierte ihr entzücktes Gurren, steuerte auf Micky zu und umarmte sie innig. »Liebling …« Mit einer Stimme wie ein Celloakkord. »… tut mir leid, daß es später geworden ist.« Dann erst bedachte er Suzy mit seinem sorgfältig dosierten Lächeln. »Sie müssen Suzy sein. Wir waren entzückt, als wir hörten, daß wir Sie heute bei uns haben.«
Suzy strahlte wie ein Christbaum. »
Ich
bin entzückt, hier zu sein«, flötete sie und ließ vor Aufregung ihren West-Midlands-Akzent durchklingen, den sie sonst mit viel Bedacht unterdrückte. Betsy fand es jedesmal verblüffend, wie wenig Jackos Wirkung auf Frauen mit den Jahren nachließ. Sogar eine abgebrühte Journalistin wie Suzy Joseph war nicht gegen Jackos Charme gefeit. Und da Feste für Suzy etwa denselben Reiz hatten wie Misthaufen für Fliegen, kam sie natürlich sofort auf den Anlaß ihres Besuches zu sprechen. »Selbst
Ein Fest mit Joseph
gibt mir nur selten Gelegenheit, bei Leuten zu Gast zu sein, die ich aufrichtig verehre.«
»Danke«, sagte Jacko mit strahlendem Lächeln. »Betsy, sollen wir schon mal ins Eßzimmer gehen?«
Betsy warf einen Blick auf die Uhr. »Ja, das wäre wohl angebracht. Dann könnten die Leute vom Partyservice auftragen.« Sie folgte Micky, Jacko und Suzy bis zur Eßzimmertür, zog sich, als alle Platz genommen hatten, zurück und dachte, als sie wenig später bei Brot, Käse und
Die Welt um eins
allein in ihrem Zimmer saß, daß es eben mitunter gewisse Vorteile mit sich brachte, keine offiziellen Pflichten zu haben.
Micky, die geflissentlich so tun mußte, als bemerke sie Suzys unverfrorene Flirtversuche mit ihrem Mann nicht, hatte es da etwas schwerer. Sie gab sich Mühe, nicht auf das schale Geschwätz zu achten und sich darauf zu konzentrieren, die leckeren Happen aus den Hummerscheren zu lösen.
Bis sie an Suzys Tonfall merkte, daß aus der Plauderei journalistische Arbeit wurde. Und richtig, Suzy hatte die Hand auf Jackos echte Hand gelegt – die andere würde sie wohl nicht derart liebevoll tätscheln, dachte Micky grimmig –, und dann hörte sie Suzy sagen: »Ich habe natürlich in Presseausschnitten gelesen, wie Sie und Micky sich gefunden haben, aber nun möchte ich es gern aus Ihrem Mund erfahren.«
Aha, ich bin dran, dachte Micky. Für den ersten Teil der Geschichte war sie zuständig. »Wir haben uns im Krankenhaus kennengelernt«, begann sie.
Bis Mitte der zweiten Woche fühlten sich die Officer der Profilergruppe in der neuen Dienststelle heimisch. Sicher kein Zufall, daß sechs von ihnen Singles ohne feste Bindung waren, was Commander Bishop nicht nur den Personalakten entnommen, sondern außerdem durch diskrete Recherchen verifiziert hatte. Genau die Mitarbeiter, die Tony haben wollte – ungebundene junge Officer konnten leichter zu einem
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