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Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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herausgefunden und ist wütend geworden. Vielleicht hat er sie zur Rede gestellt, und Shaz hat ihm gesagt, daß ihre Empfindungen für Sie stärker sind als die für ihn.«
    Tony verzog die Lippen. »Etwas Besseres haben Sie nicht? Das ist pathetisch, McCormick. Da haben sogar manche meiner Patienten glaubwürdigere Wahnvorstellungen. Sie werden nicht in Abrede stellen, daß die entscheidende Eintragung die ist, aus der hervorgeht, daß sie um halb zehn mit JV verabredet war. Möglicherweise hatte Shaz die Absicht, nach der Unterredung mit Vance mich aufzusuchen, aber sie hat’s nicht getan. Überprüfen Sie den Tagesablauf von Jacko Vance und den Leuten aus seinem Team, dann wissen Sie, was der Mörder am Samstag getan hat.«
    Im dem Moment, in dem ihm der Name herausgerutscht war, wußte er, daß er einen Fehler begangen hatte. McCormick schüttelte mitleidig den Kopf, und Wharton schoß so vehement hoch, daß der Stuhl mit häßlichem Kreischen über den Vinylfußboden schrammte.
    »Jacko Vance bemüht sich, Leben zu
retten
, nicht sie zu vernichten«, rief Wharton erregt. »Sie haben doch schon mal jemanden getötet, Dr. Hill, nicht wahr? Und wie Ihr Psychologen uns immer sagt: Wer einmal ein Tabu gebrochen hat, schreckt vor dem nächsten nicht zurück. Wer einmal getötet hat … den Rest können Sie selber ergänzen.«
    Tony schloß die Augen. Er hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu kriegen. Ein Jahr lang hatte er die Erinnerungen zu bewältigen versucht, und plötzlich war alles wieder da. Er roch erneut Schweiß und Blut, hörte die gequälten Schreie aus seiner eigenen Kehle und schmeckte den Judaskuß. Als er Wharton und McCormick ansah, lag Haß in seinem Blick – mehr Haß, als er noch in sich vermutet hatte.
    »Das war’s«, sagte er und stand auf. »Wenn Sie noch mal mit mir reden wollen, müssen Sie mich festnehmen. Aber ich rate Ihnen, nicht zu vergessen, meine Anwälte hinzuzuziehen.«
    Er stürmte nach draußen, als könnte er’s kaum erwarten, endlich wieder frische Luft zu atmen. Er eilte über den Parkplatz, damit er wenigstens nicht mehr auf dem Dienstgelände war, wenn er die Schlacht mit dem Frühstück verlor. Als ihn nur noch ein, zwei Schritte vom Bürgersteig trennten, hielt neben ihm ein Auto, das Seitenfenster wurde heruntergekurbelt, Simon McNeills brauner Kopf tauchte auf. »Wollen Sie mitgenommen werden?«
    Tony zuckte erschrocken zurück. »Nein – ich … danke.«
    »Ach, kommen Sie«, drängte ihn Simon, »ich hab extra auf Sie gewartet. Die hatten mich die halbe Nacht in der Mangel. Wollen unbedingt einen von uns darauf festnageln. Wir müssen rauskriegen, wer Shaz umgebracht hat, bevor die auf die Idee kommen, es sei Zeit für eine Festnahme.«
    Tony beugte sich durchs Wagenfenster. »Hören Sie mir mal gut zu, Simon. Sie haben recht, die haben uns im Visier. Sie werden hoffentlich nicht so weit gehen, Beweise so lange zurechtzubiegen, bis sie passen. Aber ich hab nicht die Absicht abzuwarten, was sie tun. Ich habe vor, den Kerl zu finden, der’s getan hat. Und dabei kann ich Sie nicht brauchen. Sie sind sicher ein guter Detective, aber wenn’s darum geht, sich mit einem Psychopathen anzulegen, sind Sie ein blutiger Anfänger. Tun Sie uns also beiden den Gefallen und fahren Sie heim. Bitte, Simon, versuchen Sie nicht, den Helden zu spielen. Ich habe keine Lust, noch einen von euch zu begraben.«
    Simon sah aus, als wollte er Tony anspringen oder in Tränen ausbrechen. »Ich bin ausgebildeter Detective. Ich habe Mordfälle bearbeitet. Und ich habe Shaz gemocht. Sie können mich nicht beiseite schieben. Und Sie können mich nicht daran hindern, den Scheißkerl festzunageln.«
    Tony seufzte. »Nein. Auch Shaz hat Mordfälle bearbeitet, sie wußte, worauf sie sich einließ. Trotzdem hat er sie umgebracht. Und nicht nur das, er hat sie regelrecht ausgelöscht. Mit konventionellen Polizeimethoden kann man den Kerl nicht zur Strecke bringen. Ich hab das schon mal getan. Ich weiß, wie das ist, Simon, und ich wünsche keinem, daß er das durchmachen muß.«
    Das letzte, was er sah, war, daß Simon mit qualmenden Reifen lospreschte und in halsbrecherischem Tempo um die nächste Ecke bog. Er konnte nur hoffen, daß der Junge kein noch größeres Risiko einging.

S o schlecht war ein Delirium gar nicht. Es ermöglichte ihr immerhin die Flucht in Halluzinationen, und die waren allemal erträglicher als die Realität.
    Donna Doyle lag zusammengekauert an der Wand und suchte

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