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Schmeckt's noch?

Schmeckt's noch?

Titel: Schmeckt's noch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Lampert
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Sprache versagt. Es ist ein Eindruck von unendlicher Schönheit. Eine völlige Harmonie — die Berge, das Pinzgauer Rind, die blühenden Wiesen, blauer Himmel, klare Luft — und ein Glücksgefühl erfüllen mich. Mir wird warm bis zu den Ohrenspitzen.

    Als Odysseus’ Gefährten gewaltsam die herrlichen Rinder des Helios töteten, forderte Helios Genugtuung bei Zeus. „Sie machten mir Freude — jedes Mal, wenn zum Himmel mit allen Gestirnen ich aufstieg, und taten es wieder, wenn immer vom Himmel zur Erde ich kehrte.“ So Helios zu Zeus. Er drohte Zeus, wenn er diese Freveltat nicht entsprechend räche, verströme er sein Licht nur noch in der Unterwelt. Und Zeus bestrafte die Schandtat mit funkelnden Blitzen und mächtigen wilden Orkanen von West und Nord. Sogar einen Gott rührte und betörte eine Rinderherde.

    Diese wunderbaren kastanien-rot-braunen Rinder mit einer weißen Zeichnung, einem weißen Band, das sich über den Rücken und den Bauch zieht — Kühe von umwerfender Schönheit. Friedvoll und mit unerschütterlicher Ruhe, phlegmatisch und doch neugierig und hellwach. Stolz stehen sie mit ihren Hörnern da, ein unbeschreiblicher Anblick. Sehen wir einer wiederkäuenden Kuh in die Augen, begegnet uns eine wohlige Ruhe, und zugleich haben wir das Gefühl, in einen tiefen Brunnen zu blicken, der noch viele Geheimnisse birgt.

    „Aber frag doch das Vieh, und es wird dich lehren.“
    Hiob 12,7

    Claude Lévi-Strauss nach einem unerreichten Ziel seines Lebens gefragt: „Ich hätte mich gerne einmal mit einem Tier verständigt. Könnte ich mit einem Tier sprechen, ich glaube, ich gewänne ganz andere Einblicke ins Innere des Lebens.“

    Kühe sind Träger einer uralten Weisheit, mit einem Wissen, das bis in die Urzeit zurückreicht, von dem wir Ahnungslosen viel lernen könnten. Der Mensch ist in der Schöpfungsgeschichte der zuletzt Gekommene. Weder ist der Mensch der Schöpfer noch ist die Schöpfung seiner Phantasie entsprungen. Der Mensch kam in eine Welt, die es lange schon vor ihm gab.

    Mahatma Gandhi spricht über die Kuh, über das merkwürdig Wortlose der Kuh: „Die Kuh bedeutet für mich die ganze nicht-menschliche Welt. Der Mensch wird durch die Kuh dazu geführt, sein Eins- und Gleichsein mit allem, was lebt, anzuerkennen. Die Kuh war immer der beste Gefährte des Menschen. Der Ruf aus tieferen Schichten unserer Schöpfung ist umso zwingender, als er wortlos bleibt.“

    Die Höhlenmalereien von Lascaux , Altamira, Chauvet und Felszeichnungen in der Sahara zeigen faszinierende Abbildungen des Urs — des Urrindes . Die ersten Spuren des Rindes lassen sich hunderttausend Jahre vor unsere Zeitrechnung zurückverfolgen. Die Zeichnungen sind zirka 30.000 Jahre alt. Das heißt, der oder die Zeichner waren genauso enthusiasmiert wie ich es heute bin. Ob diese Ure die Vorfahren unseres Hausrindes sind oder ob die Hausrinder über die Donau aus dem mittleren Osten mit den Menschen eingewandert sind, ist noch nicht endgültig geklärt. In Mesopotamien, bei den Hethitern, in Ägypten repräsentierten die Kuh oder der Stier Götter, im alten Persien stellte die Kuh die Mutter Erde dar.

    Der Beginn unseres Alphabetes, das „A“, ist auf den gehörnten Rinderkopf zurückzuführen. Beginnend aus der ägyptischen Hieroglyphe über das Phönizische bis zum Griechischen cirka 500 Jahre v. Chr. hat sich das Schriftbild entwickelt. Am Beginn des Alphabets stand der Apis-Stier. In ihm verehrten die Ägypter die „herrliche Seele“ des Ursprungsgottes Ptah . Von schwarzer Farbe musste er sein, mit einem weißen Dreieck auf der Stirne, einem halbmondförmigen Fleck auf der rechten Seite, nebst einer Art Wulst und dem käferförmigen Knoten unter der Zunge. War er gefunden, wurde er mit einer Prozession eingeholt und mit einem Freudenfest nach Heliopolos gebracht. Zirka 25 Jahre währte jeweils die Regentschaft des Stieres.

    Wer einem ausgewachsenen Stier einmal begegnet ist, begreift sofort, woher die achtungsvolle Verehrung kommt. Stiere mit ihrer unbändigen Kraft flößen jedem, der mit ihnen zu tun hat, Ehrfurcht ein.

    Der Stier steht als Hieroglyphe für den Ackerbau. Die Ochsen, der Stier waren in den meisten alten Kulturen die tragenden Säulen des Ackerbaus. Herkules heißt der Stierbändiger, derjenige, der den Stier unter das Joch beugte, der die Kunst des Bändigens beherrschte. Ohne die Rinderherden gäbe es unsere Zivilisation nicht. Vieles haben wir den Rindern, ihrem Gleichmut und ihrer

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