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Schmerzspuren

Titel: Schmerzspuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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und Benny vorher sprechen. Beide stehen am Fahrradständer.
    »Tut mir leid. War kacke von mir gestern. Ich war irgendwie schräg drauf. Natürlich finde ich den Raum auch nicht
so prall. Aber wir können es doch erst mal versuchen. Wenn es zu fies ist, ziehen wir wieder in unseren Keller, okay?«
    Die beiden nicken. Komischerweise gucken sie mich nicht an. Als wollten sie mich schneiden.
     
     
     
    Mein Vater willigt erstaunlich schnell ein. Vorsichtig habe ich ihn gefragt, ob er am Wochenende das Schlagzeug ins Jugendhaus bringen kann.
    »Wollt ihr nicht mehr hier proben? Uns stört das nicht.«
    »Dich vielleicht nicht, du bist ja nie hier.«
    Er guckt fremd.
    »War nicht so gemeint. Aber es ist wegen unseres neuen Sängers. Das ist für den zu weit, immer hierhin zu fahren. Und in dem Jugendhaus proben auch noch andere Bands, vielleicht können wir mal mit denen zusammen auftreten.«
    Ich bin überrascht, wie schnell mir in letzter Zeit Lügen von den Lippen gehen.
    Mein Vater nickt. Irgendwann hat er mir erzählt, dass er während des Studiums - also vor hunderttausend Jahren - in einer Kapelle Saxofon gespielt hat. Er sieht so aus, als müsste er daran gerade denken. Ich habe seinen melancholischen Punkt getroffen.
    »Kein Problem. Am Samstag nach dem Frühstück können wir deine Schießbude verladen.«
     
    Wenn ich richtig zutrete, fliegen uns fast die Ohren weg. Die Akustik in dem neuen Probenraum ist kacke. Von den acht Duftbäumchen Marke »New Car« habe ich schon leichte Kopfschmerzen. Aber egal. Ich habe eine super
Idee. Ich weiß nur noch nicht, wie ich das den andern sagen soll. Und wie ich Lea fragen kann. Als wir uns heute vor der Probe oben im Jugendhaus getroffen haben, stand Max plötzlich mit einem Mädel zusammen. Die beiden haben sich über die Schule unterhalten. Und ihre Stimme hat mich fast umgehauen. Ein bisschen rauchig, ein bisschen traurig, ein bisschen wütend. Ich finde, genau so muss eine Sängerin klingen. Und auch sonst fand ich Lea ganz okay. Ziemlich klein, aber nicht so püppchenhaft. Eher ein bisschen Flummi mit langen Haaren. Ich wusste sofort: Die muss auch in unserer Band singen. Max ist gut, keine Frage. Ein bisschen rotzig, vielleicht einen Tacken zu leise. Aber wenn diese Lea noch mit dabei wär, das wär der Hammer. Vielleicht könnte sie auch einfach bei manchen Songs Background machen. Wenn sie überhaupt singen kann. Von mir aus würde es auch reichen, wenn sie nur die Ansagen machte und ansonsten einfach da rumstünde. Aber das wär wohl ein bisschen albern. Ich bin schon wieder aus dem Takt gekommen. Die andern gucken mich vorwurfsvoll an.
    »Dieses New-Car-Zeugs macht mich fertig«, stöhne ich. »Ich brauch eine Pause.«
    »Das ist es«, brüllt Benny.
    »Was?«
    »Wir nennen uns die ›New Cars‹. Wie findet ihr das?«
    Wir gucken ihn und uns fragend an.
    »Wenn es dich glücklich macht«, sagt Max.
    Mir ist es gerade total egal und ich nicke.
    »Dann lasst uns oben mal auftanken, ihr Cars«, schlage ich vor.

    Lea sitzt auch noch oben. Max geht nicht zu ihr hin. Mist. Ich hatte gehofft, dass er sie wieder anspricht. Allein kann ich natürlich nicht zu ihr gehen. Wir lehnen an einem wackligen Bistrotisch und schlürfen Cola. Plötzlich steht sie hinter mir. Hab sie gar nicht kommen hören.
    »Hört sich ganz gut an«, sagt sie und ihre Stimme kratzt richtig in meinen Ohren.
    »Woher willst du das wissen?«, frage ich sie und klinge irgendwie hölzern.
    »Hört man doch bis hier oben«, lacht Lea.
    Mehr sagt sie nicht. Sie geht aber auch nicht. Sehr viel Ahnung von Musik hat sie wohl nicht. Wir haben nur ein paar Songs gespielt, ansonsten bloß rumprobiert.
    »Wenn du das deinen Ohren zutraust, kannst du ja gleich mit runterkommen und es dir live anhören«, schlägt Max vor.
    Sie sagt nichts dazu. Sie nickt nicht. Steht da nur. Als wir nach der Cola runtergehen, geht sie wie selbstverständlich mit. Sie setzt sich auf den wackligen Stuhl rechts hinter mir. Aus den Augenwinkeln kann ich manchmal ihre Füße sehen. Die sind absolut im Takt. Als wir nach einer Stunde die Verstärker ausmachen, sagt sie immer noch nichts. Ein »Gefällt mir« oder so was wär ja mal nett gewesen. Sie wirft Max ein »Bis morgen« hin und ist weg.
     
    »Du kommst gerade richtig«, ruft mein Vater aus dem Garten. Ich habe die Haustür noch nicht mal zu.
    »Die Würstchen sind fertig«, brüllt er noch lauter.
    Eigentlich habe ich null Bock, jetzt mit meinen Eltern
auf der Terrasse

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