Schmerzverliebt
Schuld!«
»Deine Schuld?«
»Nein! Das hab ich nur so gesagt!«, ruft Sebastian heftig.
»So, du hast es nur so gesagt!«, wiederholt Benne scheinheilig freundlich. »Möchtest du vielleicht noch was sagen?«
»Was soll das, Benne? Ich will einfach nur wissen, wie es ihr geht!«
»Das glaub ich dir gern, Kramer! Ich komme nämlich langsam dahinter, woher sie ihre Verletzungen hat! Püppi hat der Friseurin erzählt, sie sei überfallen und belästigt worden. Sie will uns aber nicht sagen, wer’s war. Außerdem weiß ich von meinem Vater, dass Püppi lauter mysteriöse Verletzungen hat, für die es keine Erklärung gibt. Da stimmt doch irgendwas nicht!«
Sebastian will etwas sagen, aber er bekommt die Worte nicht auf die Reihe, in seinem Kopf geht alles durcheinander.
»Und nun kommst du, Kramer, und sagst, es ist alles deine Schuld! Was muss ich denn da denken?«
»Da gibt’s gar nichts zu denken!« Sebastians Stimme überschlägt sich, er springt hastig vom Bett auf, tritt aus Versehen auf einen Tennisball, der neben dem Bett liegt, knickt um, rutscht aus und stürzt der Länge nach auf den Boden. Dabei fällt ihm der Telefonhörer aus der Hand, und als er ihn wieder aufnimmt, hat Benne aufgelegt.
27 Pia
Als ich mit meiner Mutter aus dem Krankenhaus zurückkomme, sind die meisten Gäste bereits da. Wegen des Regens spielt sich der ganze Trubel im Haus ab und wie schon am Nachmittag bin ich keine Minute allein.
Zuerst habe ich ständig meine kleine Cousine Johanna am Rockzipfel, sie ist acht, und nur weil ich mich bei den letzten Besuchen mit ihr beschäftigt habe, läuft sie mir nun hinterher und möchte, dass ich mit ihr spiele. Gleichzeitig erzählt mir meine ältere Cousine Mareike von ihrem Freund, einem Jungen aus der Ukraine, und ihren Plänen, Russisch zu lernen; meine Mutter hängt mir in den Ohren, im Salat sei noch kein Löffel und dort fehle noch eine Serviette, und als ich mich kurz vor dem offiziellen Start der großen Party mit einem Tablett voller Sektgläser auf die Terrasse verdrücke, um mir wenigstens in Ruhe eine Zigarette zu gönnen, kommt Conny angedackelt.
»Hi, Püppi, heimlich eine rauchen?«
»Genau.«
»Wie geht’s deiner Hand?«
»Ja, ja. Ist auszuhalten.«
»Sebastian hat vorhin angerufen, als du im Krankenhaus warst.«
»Echt?« Mein Herz macht einen Sprung.
»Mensch, Conny, vielleicht ist er mir nicht mehr böse, da wäre ich so froh!«
Conny aber zieht ein Gesicht, als müsse sie mir gleich eine Todesnachricht überbringen.
»Froh?«, fragt sie. »Warum froh? Weil du Angst vor ihm hast?«
»Was?« Ich starre sie an. Was soll das? Ich kann’s mir schon denken. Jetzt kommt wieder einer ihrer superwitzigen Scherze über sein Gewicht. »Ja, froh!«, rufe ich mit Nachdruck und stampfe mit dem Fuß auf.
»Er hat aber vor Benne zugegeben, dass er es war.«
»Dass er was war? Conny, ich verstehe nur Bahnhof! Was ist jetzt schon wieder los?«
In dem Moment kommt meine Mutter auf die Terrasse und ruft: »Püppi, die Gäste sind da! Wir brauchen dich! Und wo hast du das Tablett mit den Sektgläsern hingestellt, ich such es überall!«
»Das ist hier!«, ruft Conny und ich werfe schnell meine Zigarette in die Büsche.
»Dann kommt! Es sind alle da und Papa will seine Ansprache halten!«
»Ich erklär’s dir gleich!« Conny macht mir einen Wink mit dem Kopf. »Los, feiern wir erst!«
Im Partykeller sind alle versammelt: Connys Eltern, die Kollegen meiner Eltern, unsere Nachbarn, die gesamte Verwandtschaft und viele von Bennes Freunden.
Sie bilden einen Halbkreis um die Boxen, Verstärker und Musikinstrumente der mobilen Disco, die ein Freund meines Vaters aufgebaut hat. Dahinter hängt ein Transparent mit der Aufschrift: »Alles Gute unserem lieben Benne!«, und vor dem Schlagzeug steht mein Vater in seinem besten Anzug und mit einem Redescript in der Hand.
»Ah, meine Tochter ist auch schon aufgetaucht, wie schön, dann kann ich ja beginnen«, leitet mein Vater seine Lobrede ein und einige Gäste werfen mir viel sagende Blicke zu.
»Sie kommt wieder zu spät«, scheinen diese Blicke zu sagen. »Sie macht wieder ein Gesicht wie zehn Tage Regenwetter … Sie hätte ja mal was Eleganteres anziehen können… Überhaupt dieser stieselige Anblick, eigentlich eine Schande für die ganze Familie …«
»… so lasst uns unsere Gläser heben und gemeinsam auf eine erfolgreiche Zukunft unseres Benedikt anstoßen!«, endet mein Vater.
Da klingelt es an der Tür.
»Ich
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