Schmetterlingsgeschichten - Chronik II - Rock 'n' Roll (German Edition)
So
groß, dass sie das Gesamtbild nicht erkennen konnte. Dafür aber die kleinen,
präzisen Umrisse. Cassandra glaubte ein Blatt auszumachen. Ja, und hier endete
es in einem…was war es? Sie konnte es nur vermuten. Ein Stiel? Sie hatte jetzt
alles freigelegt. Die ganze Steinplatte war frei bis auf einen kleinen Rest
noch.
Schnell
wischte sie das letzte bisschen weg. Ein Stückchen über dem metallenen Rand des
Quadrats begann der Stiel…oder was immer es auch war.
Daneben
war noch etwas. Auf beiden Seiten des Stiels.
Cassandra
ging mit ihrem Display näher, um es sich genauer anzusehen, denn es war nicht
groß und war nicht mit den übrigen Linien verbunden. Sie staunte. Es war ein
Handabdruck. Cassandra legte ihre Hand darauf. Zu groß.
»Aber
eigentlich immer noch klein«, sagte sie sich. »Auch wenn auf Sadasch heute alle
Rassen wohnen, war er doch früher ein reiner Barskieplanet«, ging es ihr durch
den Kopf. Der Handabdruck war auch leicht Richtung Stiel gewendet, so, als
wolle er ihn halten. Jetzt spürte sie noch viele kleinere und zartere Linien in
dem Abdruck selber. Sie ging mit dem Kopf tiefer runter und erkannte ein
winziges Symbol: Es war eine uralte Rune. Eine schwertähnliche Zeichnung.
Das
Zeichen für »Mann« - Der Beschützer.
»Uuuf«,
stöhnte sie.
Schnell
rutschte sie zu der anderen Seite hinüber. Der Händeabdruck war kleiner. Auch
dieser Abdruck hatte ein Symbol in seiner Mitte: Hauchdünne Linien bildeten
eine Art Schild. Das Symbol für »Frau« - Die Beschützte. In Cassandra kam ein
eigenartiges Gefühl hoch. Sie erinnerte sich da an Geschichten, die ihre
Großmutter ihr am Kinderbett erzählt hatte.
»Aber
das kann doch nicht sein«, sagte sie sich.
Langsam
legte sie ihre Hand in den Abdruck. Er passte nicht exakt.
Doch
was war das? Der Abdruck wurde warm…angenehm warm. Was passierte hier gerade?
Die Linien, die den Handabdruck bildeten, passten sich ganz langsam ihrer Hand
an, bis sie haargenau passten. Jetzt fingen sie an, zu schimmern. Ein schwaches
Blau entstand um ihre Hand. Auf einmal schwappte das Licht auf den Stiel
herüber und kroch langsam, aber zielstrebig, wie ein Tropfen, empor. Dann
teilte sich das Licht und lief auf beiden Seiten hoch. Cassandra stand unbewusst
auf. Es war wunderschön anzuschauen. Jetzt erhellte das blaue Licht fast die
ganze Höhle.
Cassandra
konnte es nicht glauben - sie stand vor einer blauleuchtenden Rose.
******
10.
E s klingelte an der Tür. Herr Feuerstiel legte die
Zeitung beiseite und machte sich auf den Weg. Aus der Küche kamen die
Geräusche, die seine Frau beim Spülen machte. Irgendwie hatte sie sich dazu
entschieden, alles jetzt per Hand zu waschen.
»Wir
müssen doch Energie sparen«, hatte sie gesagt.
Er
schüttelte den Kopf und griff nach der Türklinke. Dabei schaute er durch den
Spion. »Komisch«, dachte er sich. Den Spion hatten sie schon seit Ewigkeiten,
doch früher hatte er nicht da durchgeschaut. Irgendwie hatte sich alles
verändert.
Auf
der anderen Seite der Tür stand eine junge Frau. Sie hatte ihre Haare mit einem
Haargummi zusammengebunden und trug einen grauen Kapuzenpullover. Es war eine
Aufschrift darauf. »University of Düsseldorf«. Sie lächelte. In dem Moment flog
eine kleine Schmetterlingsfrau vor die Linse und versuchte, zu ihm
hineinzugucken.
»Machen
sie schon auf«, hörte er eine Stimme in seinem Kopf. Er lächelte und schrie:
»Schatz, Julia, kommt! Wir haben Besuch«.
Als
er die Tür öffnete, trat Sarah O´Boile in das Haus der Feuerstiels. »Sarah!!!«,
rief Julia und stürmte die Treppe herunter. Von den letzten vier Stufen sprang
sie ab, und Julias Arme umschlossen Sarahs Hals. Sarah fing sie im Flug. Dabei
drehten sich beide, und Julias Beine wirbelten durch die Luft. Frau Feuerstiel kam
mit Schürze um die Ecke und wischte sich gerade noch mit einem Geschirrhandtuch
die Hände ab.
»Sarah!!
Ach, wie haben wir sie vermisst. Kommen sie. Kommen sie. Ach herrje, ich muss…ach,
warten sie. Kaffee? Tee? Uuuch, ich habe ja gar nicht geputzt«, brabbelte Frau
Feuerstiel sichtlich aufgeregt. »Ganz ruhig. Ich wollte auch eigentlich nur
kurz…«, sagte Sarah, doch weiter kam sie nicht. »Nur kurz? Nein, mein Kind! So
nicht! Das können sie uns nicht antun. Sie bleiben zum Essen! Und basta. Das
ist das Mindeste, was sie uns schuldig sind«, sagte Frau Feuerstiel bestimmend,
ohne ein Widerwort duldend.
»Wo
ist Sonja?«,
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