Schmetterlingsgeschichten - Chronik II - Rock 'n' Roll (German Edition)
fragte Julia jetzt, die die junge Schmetterlingsfrau hinter Sarah
noch nicht gesehen hatte.
»Hier
bin ich, mein kleiner Engel«, sagte Sonja und flog hinter Sarahs Rücken hervor.
»Wie
geht es dir?«, fragte sie. Julias Augen waren wie immer weit aufgerissen, wenn
sie Sonja sah.
»Prima,
kommst du mit raus in den Garten?«, lud sie sie ein. »Ja natürlich«, sagte
Sonja und flog hinter der vorrennenden Julia her. Julia öffnete die Balkontüre und
eine kleine Katze kam hinter dem Sofa hervorgeschossen. Die Freiheit riechend,
tapste die Katze mit sichtlichem Stolz auf die Türe zu.
»Du
bist aber heute schnell«, rief Sonja Julia hinterher. Als die Katze den
sprechenden Schmetterling sah, wurde die Situation abrupt ernst.
»Uii,
uiui«, sagte Sonja, die den Blick des Tieres sofort richtig deutete. In einem
Bruchteil von Sekunden brauchte Familie Feuerstiel einen neuen Blumentopf, eine
neue Stehlampe mit Schirm, ein neues »nicht so teures« Picasso-Bild und eine
neue Gardine. Sonja hatte sich ziemlich schnell an die Decke gerettet und war
durch die Tür entkommen, als die Katze eine Wendung vollzog, dadurch der
Teppich auf dem Boden rutschte, und sie gegen ihren Willen in die genau
entgegengesetzte Richtung beförderte. Als die drei Erwachsenen in das Wohnzimmer
kamen, waren Julia, Sonja und die Katze schon im Garten verschwunden. Herr
Feuerstiel stieß einen kurzen Fluch aus, doch seine Frau schien das Geschehene
gar nicht bemerkt zu haben. Sie überging die Szene einfach. Das fiel Herr
Feuerstiel wiederum auf.
»Irgendwas
stimmt mit ihr nicht«, dachte sich der Mann. Gleichzeitig wurde er richtig
stolz auf sich: Ihm war eine Veränderung an seiner Frau aufgefallen!
»Ha,
und da soll mal einer behaupten, uns Männern würden solche Dinge nicht an unseren
Frauen auffallen«, ging es ihm durch den Kopf, während er die Lampe wieder
aufstellte und das kaputte Bild raus in die Mülltonne brachte. Wieder drinnen
schaute er auf die Gardine.
»Hmmm,
sah die vorher auch so aus?«, fragte er sich. Er drehte sich um und ging zu
seinem Stammplatz auf dem Sessel. Noch ein Blick zur Gardine. »Ja, sieht wie
immer aus«, grummelte er vor sich hin und setzte sich.
»Was
gibt es Neues von Sebastian? Geht es ihm gut?«, wollte Frau Feuerstiel sofort
wissen. Auf einmal wurde sie ganz rot. »Und natürlich Jens. Ihm geht es
hoffentlich auch gut?«, fügte die Strümperin verlegen an. Sie wusste von der
Beziehung der beiden, auch, dass das junge Pärchen nur wenig Zeit für sich gehabt
hatte.
»Ja.
Ihnen geht es allen gut«, sagte Sarah mit einem Lächeln. Sie war zwar keine
Mutter, aber sie war dennoch eine Frau und konnte daher verstehen, wie sich
Frau Feuerstiel ungefähr fühlen musste.
»Weißt
du Sarah, langsam machen wir uns ein wenig Gedanken, wie Sebastian mit der ganzen
Sache klarkommen wird. Er ist ja noch so jung…und das könnte wirklich ein wenig
viel für ihn sein.«
»Ach,
sehen sie das mal von einer ganz anderen Seite. Viele Jungs in seinem Alter
mussten in ihrem Leben schon in jungen Jahren mit ganz anderen Situationen
fertig werden. Denken sie dabei mal einfach an die Kriegswaisen nach dem
Zweiten Weltkrieg. Viele hatten den Vater verloren, mehrere Geschwister. Da war
es selbstverständlich, dass der älteste Sohn eine Art Vaterersatz war und Geld
verdienen musste«, sagte Sarah.
»Wie
Vaterersatz?«, fragte Herr Feuerstiel empört, aber Sarah ignorierte die Frage.
»Wenn
aus irgendeinem Grund dann noch die Mutter mit der Gesamtsituation überfordert war,
kam ihm direkt die Rolle des Oberhaupts der Familie zu. Es ist zwar nicht das Gleiche,
was Sebastian jetzt durchmacht, aber die Verantwortung ist doch fast dieselbe, und
dabei ist Sebastian nicht allein. Mein Jens wird schon ein Auge auf ihn haben«,
versuchte Sarah, die besorgte Mutter zu beruhigen. Ob es wirklich klappte,
stand in den Sternen. Auch dass Jens jetzt auf ihn »aufpasste«, war ein wenig
übertrieben.
Sarah
musste in sich hinein lächeln. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Ihr
war jetzt gerade danach. Sarah musste wieder lächeln. Sie hatte sich gerade in
Jens’ Gedanken geklinkt. Er konnte so einen Quatsch denken! Wie brachte er das
nur fertig? Ihr Herz glühte und raste. Er hatte gerade Sehnsucht nach ihr, sie
spürte seinen Liebeskummer. »Aber du bist immer bei mir. Und ich bin immer bei
dir. Ich liebe Dich, mein Schatz«, tröstete sie ihn sofort. Sie merkte,
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