Schmetterlingsgeschichten - Chronik III - One (German Edition)
würde er nie mehr weggehen.
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29.
» H ey,
yo, du!«, pöbelte eine Stimme. Der Trooper drehte sich fragend um.
»Ja,
genau du! Dir ist schon klar, dass das hier die Heimat des Fußballs ist?«
Wer
sprach da mit ihm? Und was ist Fußball?
Der
Trooper stand hier an der Station Knightsbridge der Londoner U-Bahn und sorgte
alleine mit seiner Präsenz für Ruhe und Ordnung im Stadtbezirk »Royal Borough
of Kensington and Chelsea«. Hier, hieß es, ging die Upperclass von London
einkaufen. Zweifelsohne trug das Nobel-Kaufhaus Harrods seinen Teil dazu bei.
Allerdings musste der Trooper nicht wirklich für Ruhe sorgen. Die Bevölkerung
war auch hier schon recht gut dezimiert und viele der Londoner waren bereits
irgendwo an der Küste in Schiffe verladen worden. Sie hatten allerdings den
Verkehr noch nicht lahmgelegt - sie wollten ja nicht alles zerstören. Doch
sollte hier gleich ein kleiner Gefangenentransport durchgehen und dann musste
er den Verkehr stoppen, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren.
Aber
wer zum Geier wagte es, ihn hier so unverschämt anzuquatschen?
Der
Trooper schaute sich um. Eigentlich würde sich so eine Unverschämtheit nur ein
anderer Trooper erlauben können. Jeder Mensch von der Erde, der das wagte,
spielte bekanntlich mit seinem Leben.
»Hallo
Flachzange? Ich rede mit dir«, wieder drehte er sich um. Aber da war nur ein
Schmetterling. »Genau ich, der Schmetterling, du Puddingteilchen.«
Der
Trooper verließ seinen Posten. Wäre ein sprechender Schmetterling nicht so
eigenartig gewesen und würde es nicht seine ganze Konzentration fordern, hätte
er vielleicht mitbekommen, dass sich der Gullydeckel, auf dem der Trooper
vorher unbewusst gestanden hatte, langsam und leise zur Seite bewegte. Aber
wann hatte er schon einmal einen Schmetterling gesehen, der einen Kopf mit
einem Gesicht hatte? Und dabei Zigarre rauchte?
»Schau
mal hier, das kann richtig was«, sagte der Schmetterling jetzt, drehte seinen
Oberkörper, richtete ihn demonstrativ nach vorne und zeigte auf ein Tattoo.
He?
»Mann,
das riecht hier ja voll nach Scheiße«, brüllte eine angeekelte Frauenstimme aus
der Kanalisation nach oben.
Vor
lauter Schreck drehte sich der Trooper abrupt um und riss dabei seine Waffe
empor. Doch zu spät.
Er
bekam nicht mehr wirklich mit, wie Jack Johnson ihn bewusstlos schlug.
»Igitt,
ist das ekelig. Jack, du bist und bleibst ein Schwein«, fluchte Evelynn
Bronström, während sie auf die Straße kletterte.
»Da
kann ich doch nichts für, wenn die einen Abwasserkanal über den Eingang bauen«,
verteidigte sich Jack, doch waren ihm immer noch die Tritte bewusst, die
Evelynn in München auf ihn abgelassen hatte.
Ganz
so war das nämlich nicht abgesprochen gewesen, sie hatten dieses Ablenkungsmanöver
lediglich spielen wollen.
Doch
irgendwie schien das Temperament mit Evelynn durchgegangen zu sein, und sie
hatte ihm mehrere Volltreffer in seine Weichteile verpasst. Damals hatte sie
fast denselben Gesichtsausdruck gehabt wie jetzt. Nun wirkte sie noch ein wenig
gefährlicher. Jack hatte ein bisschen Angst vor ihr.
Das
musste er sich schon eingestehen.
Unbewusst
packte er sich in den Schritt und verzog dabei eine schmerzverzerrte Grimasse.
Die
anderen, die ihnen folgten, waren wegen des Drecks nicht ganz so erregt, sie
wussten ja, dass Jack damit nichts zu tun hatte.
»Und
jetzt?«, fragte einer der Männer.
»Wie
besprochen«, sagte Jack und die Männer schwärmten aus.
Sie
hatten alle Mäntel über den Rittergewändern, damit ihre Uniform mit der
silber-blauen Rose nicht auffiel. Außerdem sah jetzt nicht nur Jack wie ein
Penner aus, sondern alle, die sich verteilten. Der Vorteil war, dass sie hier
garantiert keinen Verdacht auslösten. Jack wusste, dass der Londoner Nebel eher
selten geworden war, aber heute hatten sie Glück. Die Sicht war sogar extrem
eingeschränkt. Ein paar der Männer hatten Infrarot-Nachtsichtgeräte dabei und
zogen sich diese über. Dann hoben sie die Kapuzen von ihren Anzügen und zogen
sie tief ins Gesicht. Niemand konnte erkennen, dass hier ein
Ritter-Einsatzkommando operierte.
Bis
auf den quatschenden Schmetterling roch nichts nach Gefahr.
»Ich
geh so lange in nen Pub! Ist das okay für euch?«, wollte Johnny wissen, wartete
aber keine Antwort ab, und verschwand.
Jack
schaute Evelynn an und zuckte mit den Schultern. Irgendwie fand er, war er ihr
Rechenschaft schuldig.
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