Schmetterlingsgeschichten - Chronik III - One (German Edition)
der Stadt
Berwick-upon-Tweed gnadenlos abschlachten lassen. Nur weil sie ihm die Hilfe im
Krieg gegen die Franzosen verweigert hatten. Waren sie vorher noch einigermaßen
frei gewesen, standen sie jetzt unter der Herrschaft der Engländer.
»Sag,
was bedeutet die blaue Rose auf deinem Kleid?«, neckte ihn Wallace jetzt. »Das
wollte ich schon immer wissen. Es ist dein Familienwappen. Wofür steht es?« Sir
Virgil kannte launische Sprüche vor einer Schlacht. Eine wahre Sturmflut von
Emotionen durchströmte den Körper eines Kriegers, angepeitscht durch die
Unmengen von Adrenalin. Ein letztes Ablenken. »Unter anderem für den Sieg. Den
Sieg der Gerechtigkeit. Aber noch für so viel mehr.«
Sir
Virgil konnte dem Mann, der bereit war für Rache und für die Unabhängigkeit
Schottlands sein Leben zu geben, nicht die volle Wahrheit sagen. »Sieg«,
murmelte William nun. »Ja, dann bist du richtig hier.« Die Blicke der beiden
Männer glitten hinunter. Die englische Reiterei baute sich bereits auf. Ein wenig
war Sir Virgil schon unwohl. Hier kämpften Ritter. Irdische Ritter. Eigentlich
sollte das nicht sein. Aber die Grausamkeit, die über Schottland vor einem Jahr
hereingebrochen war, war eines Königs nicht würdig. Es war ein Verbrechen.
Sogar für einen Herrscher. Es war eine verständliche Reaktion der Schotten,
dass sie sich gegen diesen König auflehnten.
Sir
Virgil war sich bewusst, dass eigentlich keine Seite hätte sagen können, dass
sie auf der »guten« stand. Keiner wusste das so genau wie er. Wie oft hatten
sich die Schotten mit den Wikingern verbündet und waren gegen englische Gebiete
gezogen? Wie viele unschuldige Menschen hatten dabei ihr Leben verloren? Wie
viele William Wallaces waren auf englischer Seite entstanden, die ihre Frauen
verloren hatten und nur noch Rache wollten?
Sir
Virgil kratzte sich den Kopf. Irgendwie fiel ihm jetzt der Spruch ein »Wer frei
von Schuld ist, der werfe den ersten Stein«. War es ein Bekannter, der diesen
Satz gesagt hatte? Egal.
»Hmm«,
grummelte William neben Sir Virgil. Er hatte sein Schild genommen und hielt es
gegen die Sonne.
»Wenn
die Engländer einen Ortskundigen unter sich haben, dann könnten sie die Furt
nehmen, die ein Stück oberhalb des Laufes liegt.«
Sir
Virgil hob seine Hand und schaute nach unten. Niemand brauchte ihm vorrechnen,
was das bloße Auge schon erkannte: Die Engländer waren fast viermal so viel wie
sie. Irgendwie hatte er sich mittlerweile daran gewöhnt, in Unterzahl zu
kämpfen. Wenn die anderen Truppen wirklich über eine Furt kamen, egal welche,
dann würden sie es schaffen, ihre gesamte Streitmacht auf einmal auf den Kampfplatz
zu bringen. Allerdings war nicht weit von der momentanen Position der Engländer
eine Brücke, die über den Fluss »Forth« führte. Eigentlich war dieser Weg der
naheliegendste. Sir Virgil überlegte. Wie waren die Engländer in der
Vergangenheit vorgegangen? Er musste grinsen.
Vielleicht
schickten sie ja einen Boten, um zu fragen, ob sie über die Furt, in aller
Ruhe, durften? Nein. Engländer waren stolz und arrogant. Sie würden
wahrscheinlich auch unter einem Einheimischen, der ihnen eine Furt zeigte,
Verrat oder eine Falle wittern. Nein. Virgil kam zu dem Schluss, dass das
englische Heer die Brücke nehmen würde. Und als hätte er es nicht geahnt,
schickten sie zwei Fußläufer, um den Übergang zu inspizieren. Sofort eröffneten
einige wenige vorgelagerte Bogenschützen das Feuer und mähten die Kundschafter
um. William blickte zu Sir Virgil auf.
»Denkst
du auch, was ich gerade denke?«, fragte William direkt nach der Aktion? In dem
Moment hörten sie Schritte. Andrew de Moray näherte sich ihnen.
»Habt
ihr das gesehen?« »Ja gut, dass du ein paar Mann nach dort geschickt hattest.« »Nein,
ich meine, wisst ihr, was das jetzt für einen Eindruck erzeugt haben muss?« Sir
Virgil lächelte. Andrew de Moray hatte auf jeden Fall dasselbe gedacht wie er.
William antwortete anstelle Sir Virgils: »Sie denken nun, dass wir die Brücke
für wichtig erachten.« »Und der nächste logische Gedanke?«, hakte Virgil nun
nach. Andrew de Moray öffnete den Mund: »Sie werden denken, dass wir die Brücke
für eine Schwachstelle halten.« Alle drei Männer drehten sich um und schauten
auf die Brücke. Ein warmes Lächeln zog in allen Gesichtern die Mundwinkel nach
oben.
»Ich
glaub, die hat da schon weit vor meinem Ur-ur-ur-ur-Großvater
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