Schmetterlingsgeschichten - Chronik III - One (German Edition)
gucken.«
»Ja,
los. Zieh ihm die Hose runter«, gab es einstimmig zurück.
Dann
hörte Sebastian, wie ein Stuhl sich bewegte, eindeutig Schritte zu hören waren
und sich auf ihn zubewegten.
»Hilfe!
Die meinen mich«, schrie Sebastian durch den Kater, den er hatte, und riss die
Augen auf.
Vor
seinem Gesicht waren ganz nah zehn, elf, zwölf oder dreizehn Kindergesichter
aufgebaut, die ihn alle interessiert anstarrten. Sie saßen alle an einem großen
Tisch um ihn herum, der eindeutig in einer Küche stand. Überall von der Decke
hingen an Eisenketten Töpfe, Schüsseln, Löffel und andere Küchenutensilien
herunter. Im Hintergrund bewegte sich eine Frau, wahrscheinlich die Mutter. Sie
hatte ihm den Rücken zugekehrt. Vor mehreren großen Töpfen stand sie, hatte ein
Kleid um, bei dem man erkennen konnte, dass hinten die Schleife einer Schürze
festgemacht war. Dir Mutter rührte gemütlich mal in dem Topf, dann in dem
anderen. Qualmend stiegen dort Düfte empor, die Sebastian noch nie in seinem
Leben gerochen hatte und jetzt zum ersten Mal wahrnahm.
Oh
Gott… sein Kopf.
Sebastian
hatte gerade noch rechtzeitig die Augen geöffnet, bevor der Junge, der sich auf
ihn zubewegt hatte, an ihm rumfummeln konnte.
»Oh.
Er ist endlich wach«, strahlte ihn jetzt eines der Mädchen an.
Erst
jetzt fiel ihm auf, dass die Jungen schon alle Bärte hatten, aber ihre
Gesichter verrieten, dass sie unmöglich viel älter als er sein konnten.
Die
Mutter drehte sich um. Er hatte solche Lebewesen noch nie gesehen.
Sie
war maximal einen Meter vierzig, wenn nicht sogar noch kleiner. Moment. Hier
war alles klein! Sogar der Tisch an, dem er saß, war nicht für Menschen gebaut
worden. Sondern war im Modell eine Nummer kleiner.
Erst
jetzt kapierte er, dass das höchste der Kinder gerade mal einen Meter groß sein
konnte. Und die wahrscheinlich Kleinste hier in der Runde, die, die das mit dem
Kindergarten gesagt haben musste, war vielleicht 60 oder 70 Zentimeter groß.
»Wundervoll,
dass du endlich wach bist. Wir haben in unserem Haus nur selten so große Gäste.
Und wenn, dann trinken sie nie. Warte, ich hole dir einen Krug«, sagte sie
freudig, ganz Gastgeberin. Dann griff sie nach einem Humpen, der in den kleinen
Händen einfach überdimensional wirkte, er musste fast zwei Liter packen, ging
zu einem der drei riesigen Eichenfässer, hielt das Gefäß unter den Hahn, der
dort angebracht war, und zapfte solange, bis der Schaum ihr über die Hände
lief. Dann drehte sie wieder zu und knallte ihm schnell den Krug vors Gesicht.
»Wir
machen von allen das Beste! Es ist mir eine große Ehre, dass ich es dir
anbieten darf.«
Der
Junge, der sich ihm genähert hatte, blieb stehen und schaute ihn an. Dann
blickte er fragend zu seiner Mutter.
»Geh
und hol Vater. Sag ihm, dass der Gast wach ist«, befahl sie im Kommandoton.
Flugs
machte sich der Junge aus dem Staub.
Sebastian
kapierte gar nichts mehr.
Wie
heißt du? Wer bist du? Vor allem, was bist du? Wo kommst du her? Was machst du
so alleine an der Grenze? Hast du den Lonka-Clan gesehen? Wo sind deine Sachen
her? Bist du aus der Gefangenschaft entkommen? Warst du ein Sklave? Vielleicht
bist du auch ein König? Kannst du dir selber schon die Schnürsenkel zubinden?
Magst du lieber blau oder grün? Welches Bier ist das Beste? Bist du reich? Oder
bist du arm? Was ist dein Beruf? Kannst du wirklich mit dem Schwert umgehen?
Sebastian
wurde mit tausenden Fragen bombardiert, nachdem die Mutter den Krug vor ihm
hingestellt hatte, als wäre es ein Startschuss für die Kinder gewesen.
Die
Begeisterung der Kinder schwappte ein wenig auf ihn über und konnte jeden
anstecken. Doch er wäre nicht oberster Ritter des Rosenordens gewesen, wenn er
diese Situation nicht ordentlich meistern konnte. Dafür hatte er mittlerweile
zu viel erlebt. Und wundern… tat ihn seit einem halben Jahr auch nichts mehr.
Doch das mit den Rittern und den Schmetterlingen wollte er vorerst einmal
weglassen. Seine Kräfte waren ja auch nicht wieder zurück.
Ruhig
und bedächtig fing er an: »Mein Name ist Sebastian Feuerstiel. Ich bin ein
Mensch von dem Planeten Erde und ich bin 14 Jahre alt. Ich bin noch Schüler.
Wir sind nicht reich und nicht arm. Ich habe eine Mutter, einen Vater und eine
Schwester…«
Noch
während er erzählte, schob ihm Luka, den Namen hatte er mittlerweile
aufgenommen, der am nächsten zu ihm saß, den Krug näher vor die Nase.
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