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Schmetterlingsjagd (German Edition)

Schmetterlingsjagd (German Edition)

Titel: Schmetterlingsjagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Ellison
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mit winzigen Glitzerpartikeln, sodass ihre Haut aussah, als sei sie aus Diamanten gemacht. Wenn sie gegangen war – meist am Arm von meinem Vater, zu irgendeinem Abendessen – und Oren Baseball im Fernsehen sah oder im Keller wie wild auf seiner Gitarre spielte, schlich ich mich oft ins Badezimmer und bestäubte mein Gesicht und die Arme mit dem Diamantenrouge, und dann sprang ich glitzernd im Haus herum und spielte, ich wäre eine Fee.
    Auf meinem Weg ins Badezimmer sehe ich Licht in der Küche und meinen Dad, wie er über den Herd gebeugt dasteht, sein breiter Rücken nur mit einem weißen Unterhemd bekleidet, das in seiner seidig schwarzen Anzughose steckt. Ich habe mir das Abendessen wohl doch nicht eingebildet.
    «Lind? Bist du’s?», ruft er, ganz offenbar in der Hoffnung, dass ich meine Mutter wäre. Er hofft sicher, dass das warme Abendessen sie wenigstens für ein paar Minuten aus ihrem tiefen schwarzen Loch holt.
    «Nein, Dad. Ich bin’s.»
    Kurzes Schweigen. «Lo?»
    Wer sollte es wohl sonst sein?, denke ich, aber laut sage ich: «Ja. Lo.»
    «Gleich gibt’s Abendessen.»
    Es bricht mir das Herz zu sehen, wie mein Dad im Unterhemd dasteht und in den Töpfen herumrührt. Überall liegen Küchenmesser und Kräuter und Gemüse herum (verschiedene Farben völlig ungeordnet nebeneinander), und er wischt sich die bleichen Hände am Geschirrtuch mit den Löwenzahnblüten darauf ab, das Mom immer zu Ostern herausholte. Früher kochte Dad uns komplizierte Menüs, jeden Freitagabend. Wir zogen uns alle schick an, als ob wir in einem teuren Restaurant wären, und Mom und Dad ließen Oren und mich am Wein nippen, so wie es Eltern in Frankreich tun. Jetzt, da ich ihn so sehe, könnte man fast glauben, dass alles wieder normal werden kann. Wenn auch nur für einen Abend. Vielleicht taucht ja sogar Mom auf. Vielleicht zünden wir ein Feuer im Kamin an, und ich erzähle ihnen alles. Und dann bringen sie alles wieder in Ordnung, so wie Eltern es tun sollten.
    «Ich … äh … hab gar keinen Hunger», sage ich, und es stimmt.
    Er dreht sich zu mir um und sieht ganz niedergeschlagen aus. «Ich habe Linguini mit Pesto gemacht. Du magst Pesto, oder?»
    Eigentlich hasse ich Pesto. Es ist gar nicht der Geschmack, den ich eklig finde, sondern die Konsistenz. Pesto klebt an meinem Gaumen wie grüner, klumpiger Sand. Aber ich zwinge mich zu einem Lächeln. «Pesto klingt echt gut.»
    «Dann setz dich hin, Schatz.» Er macht eine Handbewegung in Richtung Tisch. Er hat drei Sets auf den Tisch gelegt, offenbar hofft er immer noch, dass Mom herunterkommt. Orens Stuhl fehlt. Mein Vater muss ihn irgendwann weggestellt haben, in den Keller, damit er uns nicht jedes Mal anstarrt, wenn wir daran vorbeigehen, und uns mit seiner Leere verstört.
    Ich setze mich hin, und Dad häuft in Pesto ertränkte Nudeln mit Erbsen erst auf meinen Teller, dann auf seinen. Grün. Alles ist grün und bildet einen schreienden Kontrast zum Weiß. Er legt einen Klumpen Essen auf einen dritten Teller und stellt ihn ans andere Ende des Tisches. Dann verteilt er Gabeln, die viel zu laut klappern.
    «Also, wie läuft’s in der Schule?», fragt er und setzt sich.
    «Prima», sage ich. Wir sitzen einen Moment lang schweigend da, dann beginnt er zu essen. Ich starre vor mich hin. Als ob ich vergessen hätte, wie man es macht.
    Endlich bricht er das Schweigen. «Tut mir leid, dass ich in letzter Zeit nicht viel zu Hause war, Lo. Ich muss mir noch darüber klarwerden, was ich mit dieser Firma mache, mit der wir im Moment arbeiten. Die versuchen, die Stadt hinters Licht zu führen … Transport von Industrieabfällen und so. Das ist wirklich abstoßend. Dieser Typ da glaubt, er sei ein ganz toller Hecht – erst dreißig und schon Geschäftsführer. Der versucht, mit seinem hinterhältigen Immobilienscheiß durchzukommen.»
    Als er wieder zu sprechen beginnt, ist seine Stimme ganz leise. «Trotzdem möchte ich, dass du weißt, dass ich mir Mühe gebe, Lo. Du weißt das, oder? Deine Mutter und ich – wir tun, was wir können. Ich bin heute extra früh von der Arbeit gekommen, um ein bisschen Zeit mit dir zu verbringen.»
    «Ich weiß. Halb acht. So früh.» Die Worte fühlen sich riesig an in meiner Kehle. Und die Erbsen liegen scheußlich unordentlich auf meinem Teller herum. Die Pasta ist ein verwirrtes Durcheinander.
    «Und ich werde versuchen, noch viel mehr zu Hause zu sein.» Er greift nach seiner Gabel. «Übrigens, ich habe die Mülltüte im

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