Schmetterlingsjagd (German Edition)
Geschäftsleute hier haben protestiert, weil die Müllcontainer schon vor Monaten weggeschafft worden sind. Er weiß etwas … er weiß ganz sicher etwas … wir müssen … wir müssen ihn finden.»
Flynt beugt sich vor und zwinkert. «Lo … ich glaube wirklich, wir sollten die Sache jetzt auf sich beruhen lassen. Sie haben den Türsteher verhaftet. Er war es.»
«Aber warum hat Mario gelogen?», protestiere ich. «Er muss doch irgendetwas damit zu tun haben. Vielleicht weiß er etwas.» Ich ziehe eine Fünfdollarnote aus der Tasche, lasse sie auf den Tisch fallen und rutsche hastig aus der Sitzecke. Flynt folgt mir und packt meine Hand, bevor ich aus der Tür stürzen kann. Er schaut mir direkt in die Augen. «Was? Kommst du nicht mit?»
«Lo. Hör mir zu.» Er legt seine Hände auf meine Schultern. Sein Gesicht ist jetzt hart und ernst. «Du musst die Finger von der Sache lassen. Der Türsteher ist im Gefängnis. Sie hätten ihn nicht eingesperrt, wenn sie nicht wirklich gute Gründe dafür hätten.»
«Stimmt … natürlich, denn die Bullen haben immer recht.» Ich mache mich von seinen Händen los. «Erst sagst du mir, ich soll mich da raushalten, dann behauptest du, dass du mir helfen willst, und dann sagst du wieder, ich soll damit aufhören! Das stinkt mir … das hier und deine ewigen Geheimnisse!», platze ich heraus. Die Blicke der anderen Gäste im Lokal sind mir plötzlich ganz egal. «Warum sagst du mir nicht einfach mal die Wahrheit ?»
Er legt seine Hände zurück auf meine Schultern und versucht weiter, auf mich einzuwirken. «Lo, du bist mir wichtig. Ich will nur, dass du in Sicherheit bist, okay? Das ist die Wahrheit. Das ist alles, was ich will. Und …», fährt er sanft fort, «glaubst du, dass du vielleicht nur so besessen von diesem Fall, von Sapphire bist, weil du dich dann nicht um deinen eigenen Scheiß kümmern musst?»
Ich entwinde mich noch einmal seinem Griff. «Meinen Scheiß?», wiederhole ich. «Was zum Teufel weißt du denn schon von meinem Scheiß? Du kennst mich ja nicht einmal. Du weißt doch gar nichts!»
Flynt schüttelt den Kopf, er sieht aus, als ob er gleich in Tränen ausbricht. «Lo … ich hab das nicht so gemeint … ich …»
«Du bist ein Lügner», schreie ich wütend. «Du tust den ganzen Tag nichts anderes, als zu lügen – du hast nie etwas anderes getan. Du hast gesagt, du seist ewig nicht mehr im Tens gewesen, aber du warst doch da, du hast gesagt, du hättest keine Ahnung, wer Sapphire sei, aber du wusstest es ganz genau. Alles. Alles, was du sagst, ist eine Lüge.» Ich starre ihm wütend in die Augen – in die Augen eines Menschen, der nicht glaubt, dass ich gut oder stark genug bin.
Plötzlich habe ich das dringende Bedürfnis zu spucken – ich würde zu gern einen Spuckekometen an seinem Kopf vorbeischießen – aber ich tue es nicht. Stattdessen stampfe ich mit den Füßen. Sie schreien den Rest meines Körpers, mein Blut an: Geh. GEH .
Jetzt , flüstert Sapphire, die durch jeden einzelnen winzigen Jukebox-Lautsprecher zu mir flattert. Jetzt. Ich habe siebenundzwanzig Sekunden, um zu gehen – siebenundzwanzig, die Mutterzahl, die Beschützerin, die Zahl, die sieht und weiß, die ihr Wissen durch jeden einzelnen Teil deines Körpers transportiert. Siebenundzwanzig Sekunden, um diesen Ort zu verlassen. Siebenundzwanzig Sekunden, oder alles ist vorbei.
Oder ich bin tot. (Fünf, sechs, sieben.)
Ich schaue nicht zurück (zehn, elf, zwölf) und laufe an den schäbigen Sitzecken vorbei zur alten Diner-Tür, an der Glöckchen hängen. (Siebzehn, achtzehn, neunzehn.) Plötzlich spüre ich diesen Drang in meinen Fingern – ich habe keine Wahl –, und ich stecke die Glöckchen im Vorbeirennen ein. Ihr Läuten klingt wie der heisere Gesang von Engeln, die ein bisschen aus der Übung sind. Sie klimpern beim Rennen in meiner Tasche (fünfundzwanzig, sechsundzwanzig, siebenundzwanzig), weg vom warmen Licht des Diners, weiter dorthin, wo alles alt und klapprig ist, weiter dorthin, wo das Chaos herrscht.
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Kapitel 17
Ohne anzuhalten, renne ich den ganzen Weg vom Diner zum Flohmarkt, und als ich ankomme, hebt und senkt sich meine Brust in unregelmäßigen Wogen. Bisher war ich nur samstags hier. Ich weiß nicht, wie es sein wird – wie es sich anfühlen wird – wenn er überhaupt hier ist –, wenn die Welt plötzlich in Flammen aufgeht. Alles, was ich weiß, ist: Ich musste hierher, bevor der Markt schließt,
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