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Schmetterlingsscherben

Schmetterlingsscherben

Titel: Schmetterlingsscherben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Hazy
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vom Nachttisch. «Und du kannst mir nicht mehr entkommen.» Er setzte die Spritze an die Kanüle an, die in meinem linken Arm steckte. Ich versuchte ihn zu schlagen und zu treten, aber das Einzige, was ich vollbrachte, waren spastische Zuckungen.
    Mir wurde schon wieder schwarz vor Augen und ich war mir sicher, dass ich dieses Mal wirklich sterben würde, als ich einen lauten Knall hören konnte und mit flatternden Augenlidern etwas Rotes auf mich zukommen sah. Es wurde hell im Raum und Feuer loderte auf und ich wollte schreien, weil ich jeden Moment verbrennen würde, als mich die erlösende Ohnmacht wieder einholte.
     
    Ich war mir nicht sicher, ob ich noch lebte oder schon tot und im Himmel war. Es roch nach ihm und er sang das Lied, das er mir immer vorgesungen hatte, wenn ich Angst gehabt hatte. Mir stiegen die Tränen in die Augen, weil ich wusste, dass es nur ein Traum war. Weil er mich betrogen hatte. Zweimal. Und weil er nicht der war, für den ich ihn hielt.
    Ich fror ganz fürchterlich und da wurde mir klar, dass ich nicht tot war. Denn niemand musste im Himmel frieren. Und in der Hölle erst recht nicht. Als ich die Augen öffnete, sah ich in seine grasgrünen Augen und seine warme Hand fuhr über meine taube Wange.
    «Du bist eiskalt. Die haben dir ganz schön viele Narkotika verpasst, Ska», murmelte er leise und strich mir die Haare aus dem Gesicht. «Ruh dich aus.» Er griff nach hinten und zog seine Jacke nach vorne, die er mir um die Schultern legte, ehe er wieder beide Hände ans Steuer nahm. Da erkannte ich erst, dass wir in seinem Auto waren.
    «Was ist hier los?», fragte ich verwirrt. «Da war… da war Feuer und ich hab gebrannt und der Metzger und…» Mein Gehirn arbeitete noch nicht so richtig wieder und ich war so furchtbar durcheinander.
    «Ich hab erst auf der A27 gemerkt, dass dein Vater mir nicht mehr folgt. Ich hab versucht dich anzurufen, aber dein Handy war aus, also bin ich umgekehrt und zurück zu eurem Haus. Ich bin sofort nach Hannover, als ich es begriffen habe, Ska. Es tut mir so leid. Wir hätten deinen Vater da nie mit reinziehen dürfen.»
    Ich schluckte und schmeckte Blut in meinem Mund. Meine Zunge klebte trocken an meinem Gaumen. Ich musste mir in der Ohnmacht selbst darauf gebissen haben. «Durst», murmelte ich schlaftrunken und Lennard setzte mir eine Flasche an den Mund und kippte sie vorsichtig. Gierig trank ich einige Schlucke, ehe das Brennen in meinem Hals den Durst überlagerte. Seufzend lehnte ich mich zurück.
    «Sie sieht ganz furchtbar aus!», rief jemand hinter mir und ich drehte überrascht meinen Kopf. Von der Rückbank aus grinste mich ein irrer Clown an, neben dem eine dicke, nackte Kinderstatue saß, die mürrisch zu mir rüber starrte und mir die Zunge rausstreckte, und daneben lag ein aus Stein gehauener Kopf, der ziemlich viel Ähnlichkeit mit unserem Maskaron hatte.
    «Ich brauch mehr Medikamente», murmelte ich, drehte mich wieder zurück nach vorne und schloss die Augen. Lennard lachte leise. «Das scheint jetzt alles noch ziemlich verwirrend, aber ich werde es dir alles erklären, wenn du wieder ganz bei Verstand bist.»
    «Lennard?», fragte ich tonlos und streckte meine Hand nach ihm aus.
    «Was?» Er ergriff meine Hand und hielt sie fest.
    «Ich hasse dich», nuschelte ich und er lachte erneut. «Ich weiß, Eisprinzessin. Schlaf.»
    Und dann sang er wieder und ich dämmerte weg.
     
    Als ich aus einem überaus verwirrenden Traum aufwachte, war mir nicht mehr kalt. Im Gegenteil, ich schwitzte wie ein Affe und hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.
    Das lag daran, dass ich unter einem riesigen Berg von Wolldecken lag, wie ich feststellte, als ich mich aufrichtete und die Augen öffnete.
    Der Raum, in dem ich lag, war klein und die Einrichtung und der Geruch erinnerten mich an meine Großmutter, die ich ein paar Mal in meinen frühen Jahren besucht hatte, ehe sie mit dem «gestörten» Kind nicht mehr zurechtgekommen war.
    Das Bett, in dem ich lag, war alt und aus Holz und knarrte bei jeder meiner Bewegungen. Aus demselben, dunklen Holz war ein Kleiderschrank gefertigt, der rechts von mir an der Wand stand. Ansonsten gab es noch einen kleinen Schreibtisch und einen vergilbten Sessel, der uralt sein musste. Draußen dämmerte es bereits.
    Ich hatte keine Ahnung, wo ich war, aber es gab hier immerhin keine Dinge, die sich bewegten oder mit mir sprachen. Die Tür zum Flur stand offen und ich kletterte vorsichtig aus dem Bett und schlich

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