Schmetterlingsscherben
soll?»
«Ich sehe ihn da vorne ein paar Autos weiter, schon gut», antwortete Rüdiger. Da er auf der Fahrerseite saß, hatte er einen besseren Blick nach vorne auf die anderen Spuren, also gab ich es irgendwann auf, nach dem schwarzen Wagen zu suchen und lehnte mich zurück.
«Suchen wir erst mal Unterschlupf in unserem alten Haus?», fragte ich, als ich Hannover erkannte, sobald wir die Ausfahrt verlassen hatten.
«Ach, Liebling», seufzte mein Vater und bog in die falsche Richtung ab. «Ich hatte wirklich gedacht, du hättest es hinter dir. Aber mach dir keine Sorgen. Wir kriegen das schon in den Griff, richtig?» Er lächelte mich an und mir gefror das Blut in den Adern, als wir auf den Parkplatz der Klinik bogen.
«Pa!», rief ich entsetzt, schnallte mich ab und stieg aus dem Wagen. «Paps, du musst mir GLAUBEN!» Panik kam in mir hoch und ich sah mich hilfesuchend nach dem scheiß BMW um, der nirgendwo in Sicht war. Scheiße, war das alles bloß ein abartiger Plan von Lenny Lennard gewesen, um mich wieder zum Durchdrehen zu bringen?! Mir stieg die Galle hoch und ich drehte mich um mich selbst, während drei Kittelmänner von verschiedenen Seiten auf mich zusteuerten.
«Es tut mir leid, Louise», seufzte Rüdiger, während alles in mir zusammenbrach. Er hatte mich verraten und Lennard hatte mich hierher zurückgetrieben und alles, absolut alles, was ich jetzt noch wollte, war sterben. Die Welt um mich herum fing an sich zu drehen und mir wurde schwarz vor Augen.
Kapitel 14
«Willkommen in deinem neuen Zuhause, Cassandra», sagte Dr. Meineken und lächelte mir aufmunternd zu. Der Raum, in dem ich stand, war klein und steril, wie ein Krankenhauszimmer, nur ohne den Gerätekram. Obwohl ich wusste, dass ich hier die nächsten Monate verbringen würde, war es mir egal. Bunte Tapete oder Kuscheltiere hätten mich auch nicht glücklicher gemacht. Und Dr. Meinekens Freundlichkeit prallte an mir ab wie an einem Eisblock. Ich wollte bloß meine Ruhe und irgendwie die Zeit rumkriegen. Am Leben bleiben. Für meine Ma. Auch wenn ich lieber tot wäre.
Mir war speiübel, als ich irgendwann zu mir kam. Der Geschmack von Erbrochenem lag mir noch auf der Zunge und ich war mir sicher, dass ich irgendwann im Halbbewusstsein gekotzt hatte, ohne es zu merken.
Mein Kopf fühlte sich furchtbar dösig an und schläfrig öffnete ich die Augen und versuchte mich zu orientieren. Mir war immer noch schwindelig und ich konnte nur verschwommen den Raum erkennen, in dem ich lag. Aber das, was ich sah, machte mir Angst. Ich hatte in einem dieser gleich aufgebauten Räume so viel Zeit verbracht, dass ich jeden Winkel davon in und auswendig gekannt hatte.
Es roch nach Desinfektionsmitteln und sterilem Bettzeug, auf dem ich lag.
«Kann sie mich hören?», fragte eine Stimme und ich brauchte meine ganze Willenskraft, um meinen schlaffen Kopf zu drehen. Neben mir am Bett standen zwei Ärzte und starrten auf mich herunter. Den einen kannte ich noch von früher, der andere musste neu sein.
«Eigentlich müsste sie das, ja», erklärte Dr. Meineken und notierte sich irgendwas auf seinem Notizblock. Der andere beugte sich zu mir herunter und lächelte mich scheißfreundlich an, während ich mich konzentrieren musste, um ihn klar erkennen zu können. Er hatte ein freundliches Gesicht und eine lange Nase und roch irgendwie nach Bleichmittel. Vielleicht färbte er seine aschblonden Haare damit.
«Du bist Louise, richtig?», fragte er. «Wie geht es dir?!»
Mein Blick glitt an seinem Hals hinab, weil seine Brusthaare so lang waren, dass sie selbst aus dem doch recht verschlossenen Kragen herausragten. Und dann bekam ich so eine scheiß Angst, dass ich nur noch weglaufen wollte. Unter seinem Kittel trug er eine dieser verdammten Schlachterjacken. Er war einer von denen. Oh Gott, dieser Alptraum wollte einfach nicht enden.
«Könnte ich wohl kurz allein mit ihr reden?», fragte der Metzger jetzt den anderen und setzte sein falsches Lächeln auf.
«Ist das in Ordnung für dich?», fragte mich Dr. Meineken. Ich wollte schreien und ihn am Arm packen, irgendetwas tun, damit er auf keinen Fall den Raum verließ, aber alles, was aus meinem Mund drang, war ein widerliches Gurgeln.
«Ich bin bald wieder da», nickte er und verschwand. Mir lief Sabber aus dem Mundwinkel und wäre nicht die Panik gewesen, wäre die Situation einfach nur demütigend gewesen.
«Ich weiß, was du bist, Teufelsweib», flüsterte der Mann nun und nahm eine Spritze
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