Schmetterlingsscherben
höre?» Er war aufgestanden und kam näher.
«Sie lassen Lennard in Frieden, sie krümmen ihm kein Haar, auch wenn er hier einbricht, um mich zu retten. Nicht heute, nicht in einer Woche und auch nicht in zehn Jahren.»
«Das müsste sich einrichten lassen», sagte der alte Mann jetzt und lächelte selig. Er trug jetzt einen dunkelgrauen Anzug und eine Krawatte in bordeauxrot.
«Und ich will duschen und anständige, saubere Kleidung. Ich fühle mich hier wie ein verdammter Penner.»
Morten lachte. «Ja, so riechst du in der Tat auch. Sicherlich verstehst du, dass ich dir noch misstraue und daher eine Begleitperson mit dir ins Badezimmer gehen muss.»
«Solange es nicht Alex oder Martin sind», konterte ich. Morten lachte erneut. «Selbstverständlich nicht, wir respektieren deine Privatsphäre. Wenn sich deine Arbeit ausgezeichnet hat und wir eine gewisse Vertrauensbasis erreicht haben, wird das nicht mehr notwendig sein. Dann bekommst du natürlich auch dein eigenes Zimmer oben bei den Räumen der anderen und alles andere, was du brauchst.»
Ja, Kooperation zahlte sich durchaus aus. «Das klingt akzeptabel», sagte ich, weil ich kein Misstrauen durch Überenthusiasmus hervorrufen wollte. Morten lächelte selbstgefällig und zog ein Handy aus seiner Anzugtasche. «Würdest du bitte Charlotte zu mir runter schicken? Und sag ihr, sie soll ein paar Kleidungsstücke von sich für unseren Gast mitbringen.» Er wartete keine Antwort ab, sondern legte gleich wieder auf. Offenbar wurden seine Befehle umgehend ausgeführt, ohne Rücksprache. Er hatte sie gut diszipliniert, seine kleinen Schoßhündchen.
Kurz darauf ging auch schon die Tür auf und ein Mädchen etwa in meinem Alter schob sich in den Raum. Sie war genauso blond wie Blaze, hatte dafür aber hellblaue Augen und einen Zug um den Mund, der ihre Arroganz verriet. Sie trug ein Bündel Kleidung mit sich, während sie selbst in Designerjeans und einem hautengen Top herumstiefelte.
«Begleite Louise bitte ins gelbe Badezimmer und hilf ihr mit den Sachen, ja?» Morten sah sie mit Nachdruck an, denn ganz offenbar tat Charlotte nur widerwillig, was man ihr befahl. Ich fürchtete, dass es nicht an ihrer aufmüpfischen Art lag, durch die man sie vielleicht zu einem Boykott hätte anstacheln können, sondern lediglich an der niederen Arbeit, die sie offenbar für unter ihrer Würde hielt.
«Komm mit», sagte sie und ging voran zur Tür, um dort auf mich zu warten. Ich beeilte mich, um ihr zu folgen und als ich an ihr vorbei auf den Flur eilte, rümpfte sie angewidert die Nase. Als ob sie noch nie in ihrem Leben dreckig gewesen wäre. Aber vielleicht war sie das auch nicht.
«Da rein», sie deutete auf eine Tür am Ende des Ganges, die ich nun öffnete. Das Badezimmer war riesig und hatte einen sehr hellen Gelbton, auf dem Urinflecken wohl nicht sonderlich auffallen würden. Dennoch sah es sehr edel aus, die Armaturen glänzten und wirkten unbenutzt und Waschbecken und Badewanne waren aus irgendeinem teuren Stein gehauen.
«Beeil dich, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit», schnauzte Charlotte jetzt und schubste mich in Richtung Badewanne. Waren hier eigentlich alle so nett? Und da glaubte Morten ernsthaft, ich könnte mich hier jemals zu Hause fühlen?!
Immerhin konnte ich in diesem Raum keine Kamera entdecken und so schlüpfte ich schnell aus den dreckigen und rußverschmierten Klamotten und stieg in die Wanne, um mich abzuduschen. Hastig trank ich einige Schlucke von dem kalten Leitungswasser, ehe ich es auf warm drehte und mich darunter stellte.
Charlotte starrte mich ganz offensichtlich an und wühlte dann in den Sachen herum, die sie mitgebracht hatte. Ich nutzte den winzigen Moment, in dem ich mich unbeobachtet fühlte, und shampoonierte mein Haar und den Körper gründlich ein.
«Du hast eine Statur wie `ne Zwölfjährige, ich glaub, das Einzige, was dir halbwegs passen wird, ist das hier.» Sie zog ein hellblaues Kleid aus dem Stapel und hielt es in die Höhe. Es war vorne und im Rücken tief ausgeschnitten und allgemein recht kurz.
«Ich hab‘s nur selten angehabt, weil es mir meistens zu offenherzig war. Aber da du eh keine Brüste besitzt, müsstest du ja kein Problem damit haben.» Sie schenkte mir ein gehässiges Grinsen und warf mir das Kleid zu, sobald ich das Wasser ausgestellt hatte.
Handtücher gab es wohl keine für die Gefangene. Seufzend wrang ich mir die Haare aus so gut es ging und zog das Kleid über. Immerhin hatte es ein Band um die
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