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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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da ist. Hast du was dagegen? Ich dachte, du magst diese Küche.
    Ja, ja. Was ist das da in der Auflaufschüssel? Soll das Pasta sein?
    Fischlasagne, Charlotte.
    Und das da drüben? Reis? Dann esse ich nur Reis. Pasta und Reis zusammen. Ziemlich merkwürdig, oder? Was ganz Neues?
    Ungewöhnlich, aber es schmeckt gut.
    Ich glaub’s dir ja.
    Was sollte er machen? Sie schlagen? Vom Tisch aufstehen? Ihr erst ein Taxi nach New York bestellen und sie dann verprügeln? Carries Gesichtsausdruck war ihm vom Restaurant her wohlvertraut: ein träumerisches, abwesendes Lächeln, das ihr Gesicht erhellte, wenn sie Bestellungen von einer Handvoll Rüpel entgegennahm oder wenn ein ungeduldiger Essensgast mit den Fingern schnalzte, damit sie endlich die Rechnung brachte. Wenn Carrie diesen Ausdruck hatte, konnte ihr allenfalls ein hemmungsloser Lachanfall die Fassung rauben. Er glaubte, sie sei kurz davor, aber dann sprach sie statt dessen Charlotte an: Na ja, das ist eine Idee von meiner Mom. In dem Restaurant, wo sie gekocht hat, gibt es Reis als Beilage zu Lasagne. Eine italienische Spezialität oder so.
    Wirklich? Ist deine Mutter Küchenchefin?
    Chef? Nein. Sie hat in Brooklyn für ein Lokal um die Ecke gekocht. Eine Menge Italiener essen da. Nichts Feines, nicht so wie O’Henry’s. Na ja, sie hat gearbeitet, bis die Venen in ihren Beinen echt schlimm geworden sind. Ihr Blutdruck auch. Deshalb bin ich vom College abgegangen. Als sie nicht mehr arbeitete, konnten Mom und Dad mir das nicht mehr finanzieren.
    Er hätte sich keine Sorgen machen müssen. Carrie konnte für sich selbst einstehen. Genauso hatte sie ihm ihre kurze Lebensgeschichte auch erzählt, in ein paar knappen, nüchternen Sätzen, leicht auf die Rückenlehne eines freien Stuhles gestützt, während er die Hamburger und Pommes verzehrte, die sie ihm serviert hatte. Keine Spur Selbstmitleid, nicht der geringste Wunsch, anders zu erscheinen, als sie war. Sie wußte, wo der Ort war, an den sie nach eigenem Urteil gehörte, und schätzte ohne Umstände die Position anderer relativ zu ihrer eigenen ein.
    Nur war sie viel mehr wert, als sie in ihrer Bescheidenheit angab.
    Das tut mir leid. Und deshalb bist du nach Bridgehampton gekommen?
    Ja, genau. Nach einem Jahr ging ich vom Brooklyn College ab, und dann habe ich den Job im O’Henry’s angenommen; ich wollte genug Geld machen, damit ich wieder zur Schule gehen kann. In ein paar Jahren oder so. Aber jetzt hilft Schmidtie mir, und darum gehe ich aufs Southampton College. Als Hauptfach habe ich Sozialarbeit, aber irgendwann möchte ich zur Filmhochschule.
    Als sie das gesagt hatte, errötete sie. Im nächsten Augenblick spürte Schmidt, wie ihr nackter Fuß, der unter dem Tisch langsam näher gekommen war, sich in sein Hosenbein schob und an seiner Wade rieb. Vorsichtig erwiderte er die Zärtlichkeit.
    Vielleicht hätte ich auch zur Filmhochschule gehen sollen. Manchmal kommt es mir vor, als ob mein halber Collegejahrgang inzwischen Arbeit in Hollywood hat. Die meisten schreiben Drehbücher. Für mich ist es zu spät, glaube ich. Dads Freund Gil Blackman müßte dir helfen können. Falls sie noch Freunde sind.
    Hm, ja, er hat davon gesprochen. Aber erst sollte ich meine Ausbildung zu Ende machen, glaube ich. Dann kann ich mir vielleicht alleine einen Job verschaffen. Das wäre doch was!
    Kommt in den Kreisen meines Vaters nie vor. Weißt du noch, Dad? Wie du mich zu Mr. Ogglethorpe geschickt hast, dem Mann, der mir Zutritt zur Arbeitswelt verschaffen würde! Anscheinend konntet ihr euch überhaupt nicht vorstellen, daß eine PR-Firma auch nur im Traum daran denken würde, mich einzustellen, ohne daß mein Vater, der großartige Mr. Schmidt von Wood & King, die richtigen Drähte zog! O Gott, wie habe ich das gehaßt. Genauso war’s mit meiner Mutter; sie konnte nichts mir überlassen. Meine Ferienjobs durften immer nur Stellen sein, die sie vermittelte. Im Grund jedes Jahr wieder eine kleine Praktikantenstelle bei einer öden Provinzzeitung.
    Sie sah trübselig, aber auch siegesgewiß aus.
    Dir haben diese Jobs Spaß gemacht, Charlotte.
    Klar, ich hatte ja von Anfang an ein Schild um den Hals: Tochter von Freunden des Verlegers. Vorsicht, bloß kein Ärger, sonst fällt euch das Brot auf die Butterseite. – So wie in dem Sommer, als ich beim Verleger wohnte, mit einem von Mutters alzheimerverdächtigen Autoren.
    Ha! Das war ein Schlag unter die Gürtellinie. Den hatte Schmidt nicht erwartet. Sie spielte auf den Job

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