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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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er seinerseits eine Notiz hinterlassen und vorschlagen, die Verabredung auf einen anderen Tag zu verschieben, wenn Mr. Mansour nicht ganz so beschäftigt sei. Er bezweifelte nicht, daß es untunlich war, eine Telefonkonferenz mit London zu unterbrechen; dort war es schon beinahe sieben Uhr abends, und wenn Mr. Mansour sein Mittagessen beendet hätte, würden die Londoner zum Abendbrot zu Hause sein wollen, aber Schmidt kannte den Stil seines Gastgebers im Umgang mit Kollegen inzwischen gut genug, um zu wissen, daß Mansours Rücksicht auf sie ein Ende hätte, falls er Schmidt für einen wichtigen Gast hielte, den er warten ließ, oder falls Mr. Mansour etwas von ihm wollte, das nicht ohne Schmeicheleien, nicht ohne »Charmieren«, wie Mansour es nannte, zu haben war. Am Ende nahm Schmidt den Cocktail, den Manuel ihm angeboten hatte. Er wußte keinen Ort, der ihn jetzt besonders gelockt hätte. Auch war er nicht willens, den Unterhaltungswert aufs Spiel zu setzen, den ein Besuch bei Mr. Mansour für sich genommen und als Gesprächsstoff dann mit Carrie bot.
    Zwischen ihnen hatte sich eine Kameraderie entwickelt, die Michael Mansour sehr schnell Freundschaft nannte. Schmidt hatte Michael nie im Kreis von Freunden gesehen, jedenfalls nicht von Freunden in dem Sinn, in dem Schmidt das Wort verstand, und offenbar gehörte Michael auch zu keiner Schickeria-Clique. Vielmehr war er – zu diesem Schluß war Schmidt gekommen – Mitglied einer unvergleichlich exklusiveren geistigen Bruderschaft, zu deren Insignien und Privilegien es gehörte, daß man die anderen Milliardäre in Nord- und Südamerika und Europa (und sogar in jenen Gebieten des Nahen Ostens, in denen es nicht als schwerwiegender Makel galt, wenn ein Mann mit dem Reichtum eines Golf-Scheichs ein in Ägypten geborener Jude war) beim Vornamen nannte, daß man ihre streng geheimen privaten Telefonnummern kannte und darüber hinaus – ganz unerklärlich sonst – mit Einladungen auf Karibikinseln in Privatbesitz und in Chalets in Vail und Gstaad rechnen durfte und natürlich zu den Hochzeiten und Beerdigungen der Mitbrüder geladen wurde. Es war Mitte August. Michael ließ sich von seinem Helikopter nur zu Kurzbesuchen in die Stadt einfliegen. Fast täglich wurden Schmidt und Carrie zum Lunch oder Dinner gebeten – Schmidt hatte den Eindruck, daß der beharrliche Gastgeber sie am Ende jeder gemeinsamen Mahlzeit gleich wieder einlud oder seine Sekretärin am nächsten Morgen früh anrufen ließ –, und Gäste und Gastmahl Mr. Mansours erinnerten Schmidt an die Klientel eines schwerreichen Römers – eines freigelassenen Sklaven, Trimalchio zum Beispiel –, die sich in Erwartung desunvermeidlichen Augenblicks, da er seine Gunst gewährt, um den Gastgeber scharte. Geld lag in der Luft wie der schwere Duft der Geißblatthecke, die Mr. Mansours Auffahrt einfaßte.
    Es tut mir leid, daß Carrie nicht kommen konnte, erklärte er Mr. Mansour, als sie sich endlich am kleinen Tisch im Eßzimmer mit Blick auf das Sonnendeck niederließen; der Wind hatte so aufgefrischt, daß Manuel vom Essen im Freien abriet.
    Der Hummersalat wurde dem Gastgeber mit zusätzlichen Mayonnaiseklecksen serviert. Mr. Mansour nahm eine zweite Portion, überlegte kurz und füllte sich noch mehr auf den Teller.
    Vergiß es. Sie ist große Klasse. Aber unter uns gesagt: Sie muß langsam verrückt vor Langeweile werden. Das ist auch etwas, worüber ich mit dir reden wollte. Aber erst mal das Dringendste, fuhr er fort, kaute, schluckte und redete dann weiter: Was hast du mit deinem Schwiegersohn vor? Ich habe meine Leute auf ihn angesetzt. Ich muß mich wohl mal mit ihm und deiner Tochter zusammensetzen und dieses Ding für dich in Ordnung bringen. Ich bin wahrscheinlich der einzige Mensch, der das schaffen kann. Du möchtest vielleicht auch dabeisein, und ich kann euch dann wieder alle drei zusammenbringen, aber nicht beim ersten Treffen.
    Dies war nicht das erste Mal, daß Michael Jon Riker erwähnte, ganz zu schweigen von dessen Blamage. Er saß über sein Essen gebeugt da, und sein vollkommen ovales, für einen Mann von seiner untersetzten Statur vielleicht etwas zu schweres Gesicht verzog sich zu einem breiten Lachen, als hätte er gerade einen erstklassigen Witz erzählt oder gehört. Sein kahler Schädel glänzte. Er trug weiße Leinenhosen und ein weißes Baumwollhemd mit langen Ärmeln, das der Bequemlichkeit halber an denHandgelenken hochgekrempelt und über der Brust bis zum vierten

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