Schmidts Bewährung
gewissen ägyptischen Würze. Jim Morgan, ein Veteran, der bei irgendeiner Truppe in Algerien gedient hatte und immer noch am Harvard Square herumhing, Jim Morgan hatte dem Erstsemester Schmidt erzählt, daß Araber gern die Schamlippen ihrer Frauen vernähen lassen, um sie enger zu machen, oder jedenfalls Alaun benutzen, damit sich innen die Haut zusammenzieht. Ah, Schmidt kann es genau sehen, sogar von Bridgehampton aus. Sie sind jetzt im Penthouse an der Fifth Avenue. Ein Leibwächter hat sich schleunigst auf den Weg gemacht und besorgt den Lachs und die Bagels, weil die Haushälterin vergessen hat, den Kühlschrank nachzufüllen. Sein Kollege lungert im Stock darunter herum, vielleicht in der Küche, die irgendwo neben dem Marmorfoyer liegt. Er sieht von seiner Zeitung auf und lacht meckernd über die immer lauteren Geräusche (Mansour das Schwein wird die Schlafzimmertür offengelassen haben, und mein Gott, wie Carrie schreit). Bevor Carrie und der Boß herunterkommen, wird der Leibwächter dem Überbringer der postkoitalen Delikatessen ein Licht aufgesteckt haben, und der eine wie der andere werden sich über das pflichtgemäß strenge Gesicht ein leichtes Grinsen huschen lassen, das deutlich genug ist, um ihr anzuzeigen, daß sie mehr als genug gehört haben. Willkommen im Team!
Er wartete bis fast acht Uhr und hoffte auf das Klingeln des Telefons. Es gab Möglichkeiten, Anrufe vom häuslichen Apparat umzuleiten zu jeder beliebigen Nummer, unter der man erreicht werden wollte. Er wünschte, er wäre bei dem entsprechenden Telefondienst als Kunde angemeldet oder besäße wenigstens ein Handy, dessen Nummer Carrie versuchsweise wählen konnte, wenn sie ihn zu Hause nicht ans Telefon bekam und ihn unbedingt erreichen wollte. Er konnte freilich auch zu Hause bleiben; das wäre die andere Lösung. Er konnte Gil anrufen und die Verabredung absagen oder ihn zum Kommen überreden. Blauer Filzpantoffel war egal, und was Gil vorbereitet hatte, auch. Sollte er das Essen doch mitbringen. Sie konnten ja hier genauso essen und trinken. Dann müßte nicht Schmidt, sondern Gil volltrunken nach Hause fahren. Aber er wollte Gil nicht den Grund für die Änderung des Plans sagen, und belügen wollte er ihn auch nicht. Er stürzte aus dem Haus und ins Auto, so entschlossen und schnell, wie man sich eine Nadel in den Fuß sticht, um einen widerborstigen Splitter herauszuhebeln: nicht langsam und zögerlich, sonst verläßt einen der Mut.
Den Champagner kannst du vergessen, erklärte Gil. Elaine schwärmt für das Zeug. Ich überhaupt nicht. Viel Volumen und eine Menge Kalorien, und was hat man davon? Luft im Bauch. Das ist alles. Für das zentrale Nervensystem und die höheren Hirnsphären taugt es nicht im geringsten.
Majestätisch und soigniert in schwarzem Hemd und schwarzer Hose, entweder aus Seide oder aus einem der neuen Gewebe, die sich so weich wie Maulwurfsfell anfühlen – vorausgesetzt, man kann sich dazu überwinden, den Maulwurf zu befühlen, den der Hund gerade totgebissen hat –, mixte Mr. Blackman Martinis. Er trug schwarze Sandalen. Seine Martinis, die immer noch mit der gleichen Achtsamkeit zusammengestellt, umgerührt und dann geschüttelt werden wie bei der ersten Begegnung im Wohnzimmer der Suite eines Harvard-Studentenwohnheims für Erstsemester, trinkt Schmidt nun schon seit fast fünfzig Jahren. Damals war der Tag genauso strahlend gewesen wie der, der eben zur Neige ging und für Mitte September sehr warm war. Ihre Suite lag im Erdgeschoß, vom Wohnzimmer blickte man auf die Memorial Chapel, und sie hatten am offenen Fenster gestanden, um die Radcliffe-Studentinnen zu mustern, die so zahlreich waren, daß man meinen konnte, der Harvard Yard sei einer Invasion von Amazonen in Schottenröcken und Shetlandwolljacken zum Opfer gefallen. Ein Jude aus den besseren Wohnvierteln Brooklyns, Zögling einer staatlichen Highschool, die der Brutkasten für kleine jüdische Genies war, mixte Drinks, eine prinzipiell den weißen angelsächsischen Protestanten vorbehaltene Spezialität – und dies für einen Knaben, der zur Episkopalkirche gehörte und aus Sparsamkeitsgründen von Jesuitenpatres in der Park Avenue erzogen war. Gil war der erste Jude, den Schmidt je kennenlernte. In der Schule und im Ferienlager war ihm nicht einer begegnet. Wenn die Eltern in ihrem kleinen, aber geschichtsträchtigen Haus im West Village das erfahren, werden sie durchdrehen! Andererseits: Gab es einen besseren Grund, Freundschaft
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