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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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mit diesem redseligen Mitbewohner zu schließen, den die Wohnungsverwaltung der Universität ihm zugeteilt hatte?
    Wenn Mr. Blackman und Mr. Schmidt zusammenkommen, ist es nicht unüblich, zuerst Neuigkeiten über die Kinder auszutauschen. Also erfährt Schmidt sehr schnell, daß Lisa ihren letzten Job bei einer kleinen Zeitschrift wieder aufgegeben hat und jetzt Bildlegenden für Versandkataloge schreibt und daß Nina und der griechischorthodoxe Popensohn, mit dem sie nun schon länger zusammenlebt, als Gil wahrhaben möchte, heiraten wollen. Die Zeit ist reif dafür, weil die Stimme des einstigen Baritons endlich eine höhere Lage erreicht hat; jetzt ist er ein vierzigjähriger Tenor ohne erkennbare Aussichten auf öffentliche Auftritte, bei denen er seine Gabe vorführen könnte. Mit Ausnahme der Hochzeit selbst hat die Mutter der Braut die Organisation der Feier übernommen, und nachdem der orthodoxe Pope seinen Sohn und Nina zu Mann und Frau erklärt hat, wird der frischgeprägte Tenor in der großen Scheune auf ihrem Grundstück Schubertlieder singen.
    Mich wird sie vermutlich nicht einladen, spekulierte Schmidt. Du weißt ja, nach der Scheidung hat sie kein Wort mehr mit Mary und mir gesprochen. Als wir sie zum letzten Mal sahen, an dem Ballettabend, hat sie nicht einmal so getan, als erkennte sie uns nicht. Ein Bruch, glatt und schlicht.
    Da kannst du recht haben. Mich muß sie wohl schon einladen, da ich die Hochzeitsfeier bezahle, aber doch nicht meinen Anwalt! Die Schlange, die meine Scheidung arrangiert hat! Nicht verziehen und unverzeihlich! Du bezahlst für deine Loyalität, Schmidtie. Warte nur. Ich werde ihr erklären: ohne Schmidtie kein Champagner. Als Eröffnungszug. Mal sehen, wohin er uns bringt.
    Nirgendwohin. Ich werde mir die Hochzeitsphotosansehen. Und was ist mit der schönen, übel beleumdeten Lilly?
    Gil gluckste. Stimmt ja, du bist ein Fan meiner Stieftochter. Sie läßt sich ein Brautjungfernkleid anpassen. Ihr Vater heiratet eine Kleine, die ganze zehn Jahre älter als Lilly ist. Das nennt man Fortschritt. Ihre Vorgängerin war so alt wie Carrie, mein Gott. Ich kann dir sagen: Elaine ist erleichtert. Ich glaube, sie wird ihnen etwas zur Hochzeit schenken.
    Ach ja.
    Dabei fällt mir ein: Wie geht’s Carrie?
    Über dieses Thema wollte Schmidt nicht reden. Wenn er Gil sagte, was er dachte, dann brach er Carries Brücken zu Gil ab. Gil würde das Geheimnis nicht für sich behalten, sondern mit Elaine darüber reden, und dann wäre der freundschaftlich vertraute Umgang mit Carrie für alle Zeiten beendet. Und für Charlotte galt das gleiche, soviel war ihm klar. Er würde Carrie nicht verraten, und er würde seine Tochter nicht verraten – nicht an Gil. Gil würde erkennen, daß es sich um Verrat handelte. Aus Selbstverteidigung wies er auf sein leeres Glas und schwieg, während Mr. Blackman sich auf die Zubereitung der zweiten Runde Martinis konzentrierte.
    Ausgezeichnet!
    Nicht ganz schlecht.
    Das sagte Gil stirnrunzelnd, nach einer kleinen Pause, die wohl ein Zeichen dafür war, daß er mit den Gedanken woanders war.
    Ich mache mir Sorgen um dich, erklärte er, als sie sich zum Essen setzten. Es gab ein Rindfleisch-Stew, dessen Herkunft Schmidt kannte und das ihm lieber war als die angekündigte Ente. Ich mache mir schon seit einer ganzen Weile Sorgen. Du führst ein äußerst bizarres Leben. Du siehst keinen Menschen außer Carrie. Und Bruder Mansour natürlich, aber darüber möchte ich auch mit dir reden. Das Mädchen geht in ihre Kurse, das ist schön und gut, und dann kommt sie heim und macht ihre Hausaufgaben. Ich wette, die Hälfte der Zeit hilfst du ihr dabei!
    Nein, nein.
    Ist auch egal. Den Verstand hast du nicht verloren – noch nicht – aber dein Horizont wird immer enger. Von Tag zu Tag. Und dabei solltest du dir gerade jetzt alle Mühe geben, ihn zu erweitern.
    Ich lese, weißt du.
    Wunderbar. Die Zeitung, jeden Morgen, nehme ich mal an, und im Fernsehen siehst du die Nachrichten und die Spiele der Yankees. Oh ja, und die der Giants auch, wenn die Spielzeit anfängt. Aber worüber unterhaltet ihr euch, du und Carrie? Worüber könnt ihr euch unterhalten?
    Sie ist sehr intelligent, weißt du.
    Ich bitte dich, Schmidtie. Hinreißend ist sie auch, und du bist ein alter Bock. Du weißt, daß ich sie sehr gut leiden kann – manchmal vielleicht zu gut für deinen Geschmack? Stimmt’s? Aber das ist nicht der Punkt. Wie lange wart ihr verheiratet, Mary und du? Knapp dreißig

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