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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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sondern auch von Menschen geht. Ich traue ihm ohne weiteres zu, daß er meint, wenn er dich mit seinen Einladungen und Schmeicheleien ködert (der Subtext: Du bist zwar ein idiotischer weißer angelsächsischer Protestant, aber er sieht in dir dennoch etwas Besonderes, das er liebt) – ich weiß, daß er dir diesen Kram serviert –, dann bist du womöglich bereit, mich zu beeinflussen. Weil er weiß, was du mir bedeutest, denkt er wahrscheinlich, es sei nicht ausgeschlossen, daß ich nachgebe. Du mußt verstehen: Er will unbedingt, daß ich ihm diesen Wunsch erfülle. Er weiß, daß er mich nicht dazu zwingen kann, indem er mir droht, sein Geld nicht mehr in meinen Film zu investieren, falls ich nein sage, denn daß ich mir auch anderweitig Geld verschaffen kann, weiß er. Jederzeit kann ich das. Er dagegen meint, zu jemand anderem könne er nicht gehen. Kapiert? Ich habe eine Alternative und er nicht! Er ist entschlossen, verantwortlicher Produzent für mich und nicht für einen beliebigen Schmock zu werden, den er in Hollywood kaufen kann. Er will Klasse. Geld spielt dabei für ihn, allerdings nicht für Holbein, eine untergeordnete Rolle.
    Nein, es war kein Traum. Gil hatte wirklich gesagt, ganz natürlich hatte es sich ergeben, die Worte schienen ihm einfach herausgerutscht zu sein, vielleicht waren sie es sogar auch, Gil hatte gesagt, daß er, Schmidt, ihm etwas bedeutete, ihm wichtig war, also einen Wert in jenen Regionen darstellte, in denen sich Gils tatsächliches Leben abspielte – und dabei hatte Schmidt immer geglaubt, aus diesen Regionen sei er ausgeschlossen, sein Platz sei in den Vororten der Zuneigung, die Gil aufsuchte, wenn ihn das Bedürfnis überkam, mit einem alten Mitbewohner über vergangene Zeiten, Kinder und Sex zu plaudern. Wie die plötzliche Lust auf ein Pastrami-Sandwich.
    So etwas würde ich nie tun, Gil. Ehrlich gesagt, kann ich mir auch nicht vorstellen, daß er das von mir verlangt. Es paßt nicht zu seinem Verhalten – in letzter Zeit.
    Aha, er hat Carrie angebaggert!
    Nein, nur beinahe.
    Du mußt mir nichts erzählen. Aber laß dir was erzählen. Ich weiß nicht, was zwischen ihm und Judith vorgefallen ist – in solchen Fragen halte ich es immer mit dem letzten Redner. Der Ehemann sagt mir A: also schön, es ist A. Die Ehefrau sagt mir B: na gut, dann ist es B. Aber ich habe Mike in New York und Los Angeles oft genug erlebt, um ziemlich deutlich zu sehen, daß er ein One-Night-StandMechaniker ist – wenn auch einer von einer seltenen Sorte. Er pickt sich eine Frau heraus, und, Bingo, hält sie sich für Kleopatra. Er wird ihr ein Königreich geben, ihren jämmerlichen Sprößling zum Satrapen machen. Was er noch zu bieten hat, habe ich mich oft gefragt. Irgendwas muß es ja sein. Vielleicht nicht viel. Es scheint immer schon, gleichnachdem es angefangen hat, wieder zu Ende zu sein, und doch endet es nicht. Da tauchen seltsamerweise Frauen wieder auf, die, so glaubtest du, in einem schwarzen Loch versunken waren. Sie zeigen sich in dem Lokal, in dem du mit ihm zum Essen verabredet bist, er ruft dich an, damit du ihrer Schwester eine stumme Rolle in einer SitcomSerie verschaffst; du steigst in sein Flugzeug, weil er dir angeboten hat, dich nach Paris oder London zu bringen, und da sitzt wieder eine und spielt mit dem Leibwächter Rommé. Das ist mir einmal passiert, als Elaine mich begleitete. Ihr Gesicht hättest du sehen sollen. Sie war eng mit Judith befreundet, weißt du. Die Art, wie dieser Kerl mit Frauen umgeht, hat nichts Einfaches oder Ungebrochenes an sich; das ist das Problem. Ein Mädchen wie Carrie ist verletzlich. Ich muß dazu sagen, daß er meist auf verheiratete Frauen aus ist – und von deren Ehemännern lungern einige in seinem Haus herum! Wenn ich mir’s recht überlege, paßt die Beschreibung fast auf deine Lage. Scheiße, Schmidtie, hoffentlich bin ich jetzt nicht zu weit gegangen.
    Mach dir keine Sorgen. Carrie ist stark. Stärker als du denkst.
    Mag sein.
    Schmidt hörte seinen Anrufbeantworter sofort ab, als er ins Haus kam, zu ungeduldig, um zuerst zur Toilette zu gehen. Hey, ich habe mit Mike gegessen. In einem japanischen Lokal. Da geben sie dir zwanzig kleine Schüsseln, und du mußt raten, was du ißt. So wie sie ihn behandeln, muß er der Besitzer sein. Sicher in einem Separé, dachte Schmidt, keine Schuhe, Tatami-Matte, Füße und Beine begegnen sich unter dem Tisch. Meine Leute freuen sich echt, daß ich gekommen bin. Ich ruf dich morgen an.

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