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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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seine gesamte Kleidung. Gelbe Leinenhose und ein rotes Seidenhemd. Kleidungsstücke, wie man sie eher bei Gil erwarten würde. Kaufte Mansour die Hemden für Gil, oder umgekehrt? Mansours Knöchel waren sonnengebräunt, vielleicht aber auch mit Bräunungscreme behandelt. Zum Teufel mit ihm, seinen gelben Hosen, seinen Betperlen und seinem gelben Rolls Royce.
    Begreife bitte, sagte Schmidt, mein Verstand, meine Gefühle funktionieren nicht wie deine. Ich bin anders erzogen als du. Leute wie dich habe ich noch nie kennengelernt. Gesellschaftlich, meine ich. Ich erwarte einen Anruf. Von jemandem, der mir sehr wichtig ist. Ich will nicht, daß du dabei bist, wenn ich diesen Anruf annehme. Warum gehst du nicht endlich?
    Weil wir noch nicht fertig sind. So würdest du michnicht behandeln, wenn ich einer deiner alten Freunde wäre. Das stimmt doch, oder? Eins will ich dir sagen. Ich wünschte, ich hätte alte Freunde, aber man hat mich aus meinem Land vertrieben. Ich hatte keine Zeit, Freunde zu suchen. Ich mußte meinen Vater und meine Mutter vertreten und das Geschäft aufbauen. Meine erste Frau war ein Fehler – kein so schlimmer Fehler wie meine zweite Frau, aber doch ein Fehler. Du weißt wohl nicht, daß ich zwei Kinder habe? Ungefähr so alt wie deine Tochter: Die hatte ich gleich zu Anfang der Ehe. Sie leben in Israel, kannst du dir das vorstellen? Wo ich ihnen so viele Chancen bieten kann! Aber was ich erreicht habe, ist ihnen egal. Begreifst du das, sie könnten sofort an der Spitze meines Unternehmens stehen, und trotzdem weigern sie sich, mit mir zusammenzuarbeiten. Also, ich habe kein Familienleben. Und das sage ich dir: Im nächsten Leben keine Kinder mehr. Und dann nimm Judy, meine zweite Frau. Mit ihr mußte ich jeden Abend ausgehen. Immer mit denselben Tunten. Ausnahmslos! Tunten, die Off-Broadway-Stücke für Tunten inszenierten. Tunten, die Unfalltote fotografieren. Ich kann das in meiner Position nicht brauchen. Ich habe nichts gegen Abendessen mit Gil Blackman und seiner Bande oder sogar mit dir, aber für Judy war das zu langweilig. Du hast ja Partys in meinem Haus mitgemacht. Was hältst du davon? Außer dir und Hillel wuseln da nur Schmocks herum, die für mich arbeiten oder arbeiten wollen oder Geld von mir wollen, ohne für mich zu arbeiten. Immer dasselbe. Brauche ich das? Verstehst du jetzt, wie ich den Kopf verlieren und mich danebenbenehmen konnte? Schau nicht so, ich weiß doch, daß du mich verstehst. Übrigens, was ich dir gerade von mir erzählt habe, das hast du noch nie von mir gehört. Siehst du? Wir sind schon engere Freunde. Bis dann beim Essen.
    Ausgeschlossen, daß ich mich auf dich einlasse oder gardein Haus betrete, bevor ich mit Carrie darüber gesprochen habe. Das kann frühestens heute abend geschehen. Ein Mittagessen steht nicht zur Debatte.
    Schmidtie, wenn du glaubst, ich würde aufgeben, irrst du dich. Ich werde dich verändern – ganz umkrempeln werd ich dich. Vielleicht klappt das, wenn ich dir die Geschäftsführung meiner Stiftung übergebe. Schon recht, mach’s gut. Zu meinem Abendessen am Sonntag kommt ihr beide, und ich lade dich auf morgen zum Mittagessen. Rede mit Carrie. Sie ist gescheit. Wir werden einen guten Wein trinken und das Ganze bereinigen.
    Er streckte seine Hand aus.
    Komm schon, Kumpel. Gib mir die Hand.
    Was sollte er tun? Er nahm die Hand, und Mansour umarmte ihn lang und heftig. Du bist ganz fabelhaft, rief er. Du hast ja keine Ahnung, wieviel du mir bedeutest.
    Die polnischen Damen waren nach überschwenglichem Abschied gegangen. Schmidt leckte den Klebestreifen des letzten Briefumschlags. Wie üblich, hatte er nicht genug Briefmarken. Der Regen hatte aufgehört. Sollte er an der Bar des Süßwarenladens eine Kleinigkeit essen, wenn er zur Post fuhr? Sich zwischen zwei Paaren von Großeltern niederlassen, die Kinder in Reithosen mit gerillten Käsesandwichs und Schokoladenmilchshakes fütterten? Das glaubte er nicht ertragen zu können. Die Schecks konnten auch am nächsten oder übernächsten Tag oder in der nächsten Woche weggeschickt werden, ihm war es gleichgültig. Charlottes Leben fiel so rapide in Scherben, daß er nie ein Enkelkind zum Essen ausführen würde. Sardinen und ein Bourbon in der Küche waren gerade richtig und danach ein Mittagsschlaf, bis Carrie wiederkam. Er würde nicht tief schlafen. Wenn Charlotte anrief, brauchte sie nicht zu merken, daß sie ihn geweckt hatte. Das Telefon klingelte,als er noch an seinem zweiten Whisky

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