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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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zu sein glaubt, Lügen eingeben; und trotzdem und trotz all ihrer Tonbandaufnahmen und Notizen zu dem, was das dritte Ohr gehört oder überhört haben mochte, ließ sie Schmidts »niemals« als Antwort gelten und hakte nicht nach; wäre er in dem Augenblick ins Nachdenken geraten, hätte erdies nicht im entferntesten zu hoffen gewagt. Und doch war er es gewesen, nicht der Zeiger der billigen Tischuhr, den die Analytikerin gerade noch aus dem Augenwinkel sehen kann, er hatte die Fünfzig-Minuten-Stunde beendet, er war unerbittlich und gerade noch rechtzeitig vom Restauranttisch aufgestanden, hatte Renata eilends auf die Straße geschoben, wortlos auf seine Garage gedeutet und sich ohne einen Blick zurück aus dem Staub gemacht. Ja, diesmal hatte er der subtilen Höhlenforscherin, in deren Händen er ehemals weich wie Wachs gewesen war, listig jede Chance genommen, der Spur des Pferdefußes bis zu der Moderhöhle zu folgen, in der seine Schande sich versteckt hält. Zum Beispiel Schmidts bewundernswert korrekter Umgang mit Geld: Er hätte ihr erzählen können, daß es einmal eine Verkäuferin mit weißen Armen, weichen Brüsten unter einer weißen Satinbluse, mit blauen Augen und schwarzem Haar gab; sie war Kassiererin in einem Herrenmodengeschäft am Harvard Square. Nähere Bekanntschaft mit diesen Armen, Brüsten und anderem schloß Schmidt auf der Rückbank von Gil Blackmans Nash, den er sich auslieh und am Memorial Drive oder in einer Seitenstraße der Brattle Street parkte. Die kleinen Perlmuttknöpfe öffnete er einen nach dem anderen, wobei seine kalten, beharrlichen Finger und die rundlichen, heißen, erst abwehrenden und endlich nachgebenden Finger der irischen Schönheit ineinander verschlungen waren. Schmidt fand es unterhaltsam, im Herrenmodengeschäft einen Fünfzigdollarscheck in Bargeld einzutauschen, besonders wenn er außerdem Jockey-Shorts kaufte, so daß er mit ihren Fingern spielen konnte, während sie den Kauf in die Kasse eintippte und ihm Wechselgeld herausgab. Einmal gab sie ihm bei dieser Gelegenheit in ihrer Liebesverwirrung eine Fünfzigdollarnote und seinen Scheck dazu heraus. Er bemerkte ihren Irrtum sofort,deckte Scheck und Geld mit seiner freien Hand zu und schob beides in seine Manteltasche. Aber wozu war so großes Geld gut?
    Kannst du mir drei Zehner und vier Fünfer dafür geben? fragte er und ließ ihre Hand los.
    Sie zählte die kleineren Scheine und, Wunder über Wunder, griff nicht nach dem Fünfzigdollarschein, den er nun wieder in der Hand hielt, allerdings zur Form einer Zigarette zusammengerollt hatte.
    Sehen wir uns heute abend?
    Ich hol dich um sieben ab, flüsterte er.
    Nein, um acht, ich muß mit meinen Leuten essen.
    Den Fünfzigdollarschein ließ er wie den Scheck in seiner Manteltasche verschwinden. Die anderen Scheine steckte er schön ordentlich in seine Brieftasche und nickte zustimmend. Diese Verabredung ließ ihm Zeit, im Speisesaal des Lowell House zu essen, sich auf den Geschichtstest vorzubereiten, die Zähne zu putzen und den Nash zu holen. Gil hatte am Abend Proben im Theater-Club.
    Sie wartete im Regen an einer Straßenecke, zwei Blocks vom Haus ihrer Eltern in Somerville entfernt. Gehen wir Eis essen? fragte er.
    Später.
    Ich will dich.
    Er sah einen Parkplatz, parkte, stellte den Motor ab und fand ihren Mund. Die Finger begannen ihr Spiel. Die Autofenster waren regenüberströmt. Verschwommene Silhouetten huschten vorbei.
    Dann kam er, zu schnell wie immer.
    Speedy Gonzalez! höhnte sie und stellte ihr Ächzen ein, obwohl er seine Hand weiter bewegte, bis ihm wegen der unbequemen Stellung das Gelenk weh tat und sie seine Hand endlich wegstieß.
    Sie wendete ihm den Rücken zu, damit er ihr den BHschließen konnte, schlüpfte wieder in ihren Slip, strich sich den Rock glatt und stellte dann die Frage, auf die er schon gewartet hatte:
    Spinnst du eigentlich, Freundchen, oder was ist los? Du hast den Scheck und den Fünfzigdollarschein eingesteckt! Du hättest mal Mr. Jacobs hören sollen, als er Kassensturz machte. Der war vielleicht wütend!
    Wovon redest du?
    Ich rede von dem Fünfzigdollarschein und den fünfzig Dollar in kleinen Scheinen und dem Scheck – alles hast du eingesteckt. Zeig mal deine Brieftasche.
    Er tat es. Hier, sieh nach.
    Die Zehner und Fünfer waren da, abzüglich der Summe, die er bezahlt hatte, nachdem er Gils Auto aufgetankt hatte.
    Sie durchsuchte die Brieftasche, zog das Geld, seinen Führerschein, den Einberufungsbescheid, ein

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