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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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dem Blick zu urteilen, den sie ihm zuwarf, war er haargenau so begriffsstutzig, wie er gefürchtet hatte.
    Also echt, Schmidtie, ich bin jede Nacht in deinem Bett, oder nicht? Mit ihm mach ich’s, wenn ich kann. Das ist nicht gerade oft. Sowieso will ich mit euch beiden nicht durcheinanderkommen. Verstehst du, was ich meine?
    Das verstehe ich. Liebt er dich denn? Wollt ihr im Ernst zusammensein – zum Beispiel heiraten?
    Er sagt, er will, antwortete sie und senkte die Augen; er sah in dieser Geste einen Ausdruck jener Bescheidenheit, die man nicht lernen kann und die von derselben vollendeten Schönheit war wie ihre Anmut.
    Und du?
    Sie lächelte.
    Na gut, sagte Schmidt. Das ist alles sehr schwer, aber es wird sich wohl richten lassen, wenn ihr beide es ernsthaft wollt. Und möchtest du bis dahin weiter hier mit mir leben? Was meinst du? Kannst du das?
    Heißt das, ich kann? Ich hab gedacht, du würdest sagen, ich soll gehen. Schluß für mich mit dem Haus und so. Du weißt schon. Nichts mehr mit College und Auto. Meinst du echt, ich kann hier bleiben?
    Ja, das meine ich.
    Auch wenn ich mit Jason bin, so wie ich dir erzählt habe? Hey, Schmidtie, hör zu, wenn du mich hier bleiben läßt, dann können wir beide immer noch zusammensein. Rumspielen oder so. Du weißt schon, wie heute nacht. Für mich ist das okay. Ich will auch nicht zickig sein, ich schwör’s. Jason weiß, daß ich dich liebe. Es ist nur anders. Ich liebe ihn anders.
    Außerordentlich freudige Erregung und Unglauben: Er fragte sich, ob er noch klar denken könne. Deshalb, um Himmels willen, überstürze nichts. Und überhaupt, wofür hältst du dich? Bist du die Sittenpolizei? Greif zu, nimm das Angebot an. Du wirst sie in deinem Haus und in deinem Bett haben. Alles andere ist gleichgültig. Das, was dabei beschämend ist, geht dich nichts an.
    Auf jeden Fall kannst du bleiben, erklärte er ihr. Wir wollen’s ganz natürlich nehmen und nett zueinander sein. In Ordnung?
    Als sie zu ihrer Übungsklasse gefahren war, betrachtete er den Rest Rotwein in der Flasche, die er am Abend zuvor geöffnet hatte, goß sich dann aber lieber einen Bourbon ein und griff nach einem Messer, mit dem er den Umschlag von Charlottes Brief aufschlitzen wollte. Seine Hände zitterten. Er legte das Messer hin, sah sich in der Küche um, wo alles am richtigen Platz war, und versuchte es noch einmal. Im Umschlag lagen zwei gedruckte Karten. Die obenauf liegende war eine Variante der vorgedruckten Formblätter für Adressenänderungen. Sie zeigte urbi et orbi an, daß Charlotte wieder in dem Apartment wohnte, das ihre und Jons Bleibe gewesen war; das Datum ihres Umzugs lag über eine Woche zurück. Die Telefonnummer war die alte. Charlotte war dort nun auch per Fax zu erreichen. Wo sie vorher gewohnt hatte, stand nicht auf der Karte. Die Faxnummer war neu, Schmidt unterstrich sie, um sich daran zu erinnern, daß er sie in sein Adreßbuch eintragen müsse, und legte die Karte dann beiseite. Die andere Karte enthielt die Mitteilung, daß Jon Partner einer Kanzlei mit fünf namentlich genannten Sozii in New York geworden war – vier davon waren offensichtlich Juden und einer Italiener. Das sollte wohl eine gute Nachricht sein. Schmidt warf die Karte in den Papierkorb. Die Kanzlei war ihm, wie er glaubte, nicht bekannt – er würde die W&K-Bibliothekarin bitten müssen, ihm Informationen über sie zu schicken –, aber Grausam, der erste der Anwälte auf dem Briefkopf, war mit Sicherheit der Mann, der immer als Teilnehmer an Konkursprogrammen der Anwaltsvereinigung aufgeführt wurde, und der Italiener, Mazzola, war der bekannte Scheidungsanwalt. Nun ja, mit Jon hatten sie sich einen erstklassigen Spezialisten für Konkursverfahren zugelegt – sogar einen auf Prozesse aller Art spezialisierten Anwalt, wenn man Jack DeForrest glauben durfte. Wood & King hatten auch klein angefangen. Mit einem einzigen Anwalt, dem hochverehrten Mr. Wood! Vielleicht würden Jon und seine neuen Partner Wood & King über kurz oder lang zu schaffen machen. Dies war zwar nicht ganz die Umgebung, die Jon Riker angestrebt hatte, als Schmidt ihn in der Yale-Universität anwarb, aber er war weiß Gott beschädigte Ware und konnte von Glück sagen, daß jemand es mit ihm versuchen wollte. Schmidt nahm an, daß die Kanzlei zu den Firmen gehörte, die nehmen, was sie bekommen können. Riker würde Mandanten finden müssen. Wenn jemand eine Topfirma verläßt, dann sind die ehemaligen Kollegen seine beste

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