Schmidts Einsicht
savoir vivre gemacht, das muß man sagen. Er hatte nicht mehr das Gefühl, mit einer Wodka- oder Slibowitzorgie dafür zahlen zu müssen, daß er diese Damen besteigen oder sich von ihnen reiten lassen durfte, und er hatte gelernt, nach den Zusammenkünften mit ihnen denVorhang so rechtzeitig fallen zu lassen, daß sein Nachtschlaf nicht zu kurz kam. Er hatte den Eindruck, er sei endlich erwachsen geworden.
XX
Beim Lunch zu zweit in Water Mill, ein paar Monate nach seinem katastrophalen Besuch in Sunset Hill, hörte Schmidt aus Mr. Mansours Mund die Worte, es sei wohl an der Zeit, ein ernsthaftes Gespräch zu führen.
Du hast dich für die Stiftung halb totgearbeitet, erklärte er Schmidt am Ende ihrer langen Auswertung der neuesten Initiativen. Holbein sagt das auch. Ob du es weißt oder nicht, er hielt es für einen Fehler, dir die Stiftung anzuvertrauen. Jetzt sagt er, er habe sich geirrt.
Das hört man gern, erwiderte Schmidt.
Interessant, zu erfahren, daß ihm die Stiftung anvertraut worden war; er hatte immer den Eindruck gehabt, daß Holbein ihn überwachte und Mike ihm über die Schulter sah.
Also habe ich Holbein gesagt, er soll dein Gehalt erhöhen und dir einen Bonus geben. Erzähl mir nicht, du brauchst das nicht. Du meinst nur, du hättest einen Haufen Geld. Aber laß dir sagen, du irrst dich. Du brauchst es ganz entschieden. Pas question! Ich setze dich auch in den Aufsichtsrat von Mansour Industries. Das ist eine große Sache und eine Ehre, die mit einem Ehrensold einhergeht. Ha, ha ha! Erzähl mir nicht, du würdest nicht annehmen. Du wirst, sag ich dir.
Natürlich nehme ich an, Mike. Es ist eine Ehre und ein erstaunlicher Vertrauensbeweis.
Ja, das kannst du laut sagen. Aber darüber will ich eigentlich nicht reden. Ich habe eine andere Neuigkeit.
Der Kaffee war serviert. Schmidt nickte, als Mr. Mansours Hausmann Manuel anbot, ihm die Tasse nachzufüllen, und da es kalt war an diesem Samstag nachmittag und Regenschleier den Blick auf die starke Brandung jenseits der Glasfenster verhüllten, nickte er wieder, als Manuel ihm das Etikett auf der Flasche Bas Armagnac zeigte. 1965. Charlottes Geburtsjahr, erklärte er Mr. Mansour.
Santé! Mazel tov!
Sie stießen an, Schmidt mühte sich, das Zittern in seinen Händen und Lippen unter Kontrolle zu bekommen.
Als wir beide in Paris waren und du zurückfahren mußtest, ich aber blieb, haben Caroline und ich Zeit zusammen verbracht. Das hab ich dir erzählt. Weißt du noch?
Schmidt nickte. Diese Woche würde er wohl nicht vergessen, auch wenn er dazu verdammt würde, so endlos viele Tage am Leben zu bleiben wie Hiob.
Aber eine Neuigkeit habe ich dir noch nicht erzählt. Ich habe ein kleines Haus in Sagaponack gekauft. Ich wollte dir näher sein!
Mr. Mansour mußte über seinen eigenen Witz so lachen, daß er sich verschluckte und hustete, bis Manuel, der unaufgefordert hinter ihm auftauchte wie aus einer Falltür, ihm zwei kräftige Schläge zwischen die Schulterblätter versetzte und ein Glas Wasser anbot.
Ja, sagte Mr. Mansour, als er sich wieder erholt hatte. Das gehörte nicht zum Programm, aber so ist es eben. Wir treffen uns weiter. Wenn ich hier bin, häufig, manchmal jeden Tag. Keiner weiß es, nicht mal Holbein, nur Freitag, der Anwalt für Treuhand- und Nachlaßfragen in der Firma, weil ich Caroline Geld hinterlasse, falls mir etwas zustößt. Und jetzt weißt du es auch. Dir erzähle ich es, du WASP-Schmock, weil ich dich gern habe. Sie sagte, es sei O.K., dir die Geschichte zu erzählen. Und was sagst du nun?
Meine Güte, Mike, erwiderte Schmidt, so vieles. Ich fühle mich geehrt, daß du mich ins Vertrauen ziehst, ichbin erstaunt, ich frage mich, wie in aller Welt sie damit durchkommen kann, daß sie hier mit dir zusammen ist. Sie hat Joe bei sich im Haus!
Pas de problème . Er sitzt den ganzen Tag hinter verschlossener Tür in seinem Büro. Sie meint, er weiß nicht und es interessiert ihn nicht, ob sie im oder außer Haus ist, wenn sie ihm nur sein Mittagessen in den Kühlschrank in seinem Zimmer stellt. Immer das gleiche: Thunfischsalat auf Weißbrot, drei Selleriestangen, einen Apfel und Mineralwasser. Das ist alles. Am Vormittag arbeitet sie an ihren eigenen Sachen, aber nachmittags kann sie vorbeikommen, und das tut sie. Sie tut es, sie tut es, sie tut es!
Bei den letzten Worten sprang Mr. Mansour auf und vollführte einen kleinen Stepptanz.
Aber sie möchte nicht, daß meine Leute sie kommen und gehen sehen. Sowieso
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