Schmidts Einsicht
Mal, vielleicht gar nicht verquollen, Charlotte machte Anstalten, vom Sofa aufzustehen, setzte sich dann schnell wieder, um diese offenbar unwillkürliche Bewegung zu unterdrücken.
Hallo, Süße, sagte er, ich bin so froh, dich zu sehen.
Eindeutig hatte Charlotte keine Verwendung für Vorgeplänkel oder unverbindliche Unterhaltung. Sie kam gleich zur Sache: Dad, ich gehe hier weg. Townsend hat mir nur noch zwei Medikamente verordnet, beide in niedriger Dosis. Ich kann es schaffen, wenn er mich in der Stadt weiterbehandelt. Er sagt, er hat dienstags und freitags freie Termine und kann mich donnerstags vielleicht einschieben.
Das ist großartig, erwiderte Schmidt. Ich könnte gar nicht glücklicher sein.
Hast du für alles bezahlt, ich meine, für dieses Loch hier – sie machte eine vage Kreisbewegung mit der rechten Hand – plus Townsend, oder zahlt Jon?
Ich war das.
Paßt. Na ja, du wirst erleichtert sein, daß du keine Schecks mehr für Sunset Hill ausstellen mußt. Sonnenuntergang, was für ein Name!
Daß ich zahlen muß, ist meine geringste Sorge.
Kaum waren ihm die Worte herausgerutscht, bereute Schmidt sie. Vielleicht war es ein Fehler, Charlotte zu unterbrechen. Aber wie sich zeigte, machte es ihr nichts aus.
Keine Sorge, du wirst noch viel zu bezahlen haben. Ich gehe nicht wieder zu Jon zurück, fuhr sie fort. Ich weiß nicht, ob ich fertig mit ihm bin oder nicht, aber daß ich nicht wieder in die Wohnung einziehen will, weiß ich. Ich brauche eine Chance, über alles nachzudenken und mit Townsend zu arbeiten, ohne daß Jon und dieses Scheusal Renata mir im Nacken sitzen.
Schmidt nickte.
Du verstehst, daß ich kein Geld habe? Ich habe meine Konten bei der Chase Bank geprüft, Giro- und Sparkonten. Er hat sie abgeräumt. Was mit meinen Wertpapieren ist, weiß ich nicht. Sie liegen auch auf einem gemeinsamen Konto. Ich wette, das ist genauso leer. Ich habe keinen Cent.
Ich verstehe, sagte Schmidt.
Dad, ich frage nicht, ob du verstehst oder nicht verstehst. Ich möchte wissen, ob du für eine Wohnung zahlst und mir genug Geld zum Leben und für den Psychiater gibst. Hast du eine klare Antwort für mich? Dies wird nicht ewig so weitergehen. Ich will wieder arbeiten, sobald ich kann. Das heißt, falls mich irgend jemand nimmt.
Liebes, sagte Schmidt, natürlich gebe ich dir Geld zum Leben, Miete, Arztkosten und alles andere eingeschlossen. Das ist doch keine Frage. Möchtest du, daß ich dir bei der Wohnungssuche helfe? Das will ich gern versuchen. Gib mir nur einen Anhaltspunkt zur Gegend – Uptown? Downtown? Ost oder West? Und natürlich helfe ich dir, hier herauszukommen. Damit meine ich die Abmeldung und die Fahrt in die Stadt und zu deiner neuen Wohnung, falls wir rechtzeitig eine hübsche Bleibe für dich gefunden haben, oder zu einem Hotel, und ich gebe dirGeld und alles, was du sonst noch brauchst. Du könntest auch in meinem Appartement in der Stadt wohnen, während du auf Wohnungssuche bist. Ich würde solange in ein Hotel ziehen oder eine andere Lösung finden. Oh, und ich möchte, daß du ein Konto nur auf deinen Namen eröffnest.
O.K.
Erst nach einer Pause fuhr sie fort.
In dein Appartement zu ziehen, wäre mir zu viel. Mach dir eines klar, Dad: Ich brauche deine Hilfe, aber ich will nicht, daß du dich einmischst.
Und ob ich das verstehe, erwiderte Schmidt. Darf ich dich etwas fragen? Du hast Renata Riker zweimal als Scheusal bezeichnet. Letztes Mal, als ich dich besuchte, und heute wieder. Das sind ganz neue Töne. Kannst du mir erzählen, was passiert ist?
Charlotte sah aus, als drücke ein Bleimantel sie nieder. Sie krümmte sich zusammen und umklammerte ihre Knie. Ja, ich war dumm. Ich hab’s nicht kapiert. Sie ist ein übles, manipulatives Luder. Weißt du, was sie Jon erzählt? Keine Enkelkinder zu haben würde ihr das Herz brechen. Ihr Scheißherz. Was das heißt, ist klar. Weg mit der Schickse, weg mit der beschädigten Ware, wenn du deiner Mama nicht das Scheißherz brechen willst!
Sie begann zu schluchzen, redete aber weiter.
Ich weiß einfach, daß sie ihm eingeredet hat, das Geld zu nehmen. Ich kann es hören: Wenn du es nicht nimmst, findet Schmidt einen Weg, die Konten zu sperren. Sie haßt dich!
Das habe ich gemerkt. Gibt es einen besonderen Grund dafür? Mir fällt keiner ein. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ich ihr irgendwas angetan habe, ich habe nur ein paarmal zu unverschämten Forderungen nein gesagt. Zum Beispiel sollte ich W & K dazu überreden,
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