Schmidts Einsicht
gesehen, wie er immer grinste, wenn Obama redete? Nicht einmal, nicht zweimal, sondern jedesmal! LBJ hätte gesagt: Schmink dir das Feixen ab, oder ich mach dich einen Kopf kürzer. Barack kann das nicht. Ein schwarzer Mann darf The Man , den Mächtigen, nicht schuriegeln, das geht nicht. Bloß keine bösen schwarzen Männer, bitte nicht! Obama hat höflich zu sein und nett zu allen, und ihr wißt ja, nice guys finish last , die Netten haben das Nachsehen.
Dann redeten alle durcheinander, Gil brüllte Mike an, Mike und der Southamptoner Club brüllten Gil an, Alice lachte und lachte, und Schmidt fragte sich, wie Michelles Lachen klingen mochte.
Was hältst du von Mikes Vorhersagen? fragte Schmidt Caroline.
Du und ich, wir hören sie nicht zum erstenmal. Ich fürchte, mit dem amerikanischen Rassismus hat er recht. Mir macht etwas anderes noch mehr Sorgen: Kann Obama führen? Er und sein Stab haben einen brillanten Wahlkampf gemacht. Aber werden sie genauso gut regieren können? Ehrlich gesagt, hoffe ich es, aber ich habe Angst.
Natürlich hast du Angst, sagte Schmidt. Wir stehen am Rand eines Abgrunds.
Die Gäste standen Schlange, um Mr. Mansour zu danken. Caroline war weitergegangen, und Schmidt fand sich neben Elaine. Sie sagte, sie könne ihm erklären, warum Joe sich noch unerträglicher aufführe als gewöhnlich.
Es ist schrecklich, erzählte sie. Gil freut sich so auf die Adaption von Joes erstem Roman, aber er macht sich auch furchtbare Sorgen. Erst in diesem Monat, als du verreist warst, ging Caroline mit Joe zu einem Neurologen in New York – dem besten, er war Mrs. Astors Arzt. Wie auch immer, dieser Mann meint, daß Joe unter Alzheimer im Frühstadium leidet.
Sonderbar ist er immer schon gewesen, nicht nur widerwärtig, antwortete Schmidt. Was sie auf die Idee bringe, daß noch etwas dazugekommen sei?
Er hatte auf einmal Mühe, Schecks auszufüllen. Offenbar nimmt er es mit seinem Scheckheft sehr genau. Weder seine Sekretärin noch Caroline durften es auch nur anfassen. Das muß er selbst machen, er muß die Kontoauszüge prüfen, Soll und Haben ins Gleichgewicht bringen – alles. Und auf einmal konnte er es nicht. Er blieb stecken. Konnte nicht mehr zusammenrechnen. Das hat er selbst gemerkt. Und nicht lange danach wollte er sein Auto in die Werkstatt in Springs bringen, die sie immer benutzen – er ist tausendmal da gewesen –, und er fand den Weg nicht mehr. Wußte überhaupt nicht mehr, wo er war. Fuhr immer im Kreis herum. Schließlich hielt er an einer Kreuzung und rief Caroline an. Sie kam zu ihm. In alltäglichen Dingen war er schon immer vergeßlich, aber nie so wie jetzt, sagt Caroline. Ich mache mir schreckliche Sorgen wegenGils Projekt mit Joe. Wird er die Handlungsstränge im Kopf behalten können? Das macht Gil wahnsinnig.
Das ist wirklich schlimm.
Die Aussichten für Mike und Caroline als Paar waren plötzlich viel günstiger, das konnte dem Finanzmagnaten nicht entgangen sein. Aber er mußte darauf achten, seine Zufriedenheit nicht zu zeigen. Caroline war eine gütige Frau, sie würde bis zum Ende loyal zu Joe stehen. Sie würde ihn pflegen, solange sie konnte, und jedes Zeichen für Mikes Ungeduld schwernehmen.
Richtet Mike aus, daß Gil und ich ihm gute Nacht und alles Gute wünschen. Gil kommt gerade aus der Toilette. Ich bringe ihn nach Hause. Er ist todmüde und wird nicht länger bleiben wollen. Wir sehen euch morgen abend, ihr Lieben. Um acht.
Schmidt drückte Alice die Hand. Wir sind als nächste an der Reihe, flüsterte er, Kuß hier und Kuß da und danke, danke, und dann gehen wir auch nach Hause.
Endlich wandte sich der große Herr ihnen zu, küßte Alice die Hand in seinem feinsten Ägypter-im-Exil-Stil, klopfte Schmidt auf die Schulter und drückte ihm den Oberarm und wünschte ihnen félicitations . Er ist einer der Besten, versicherte er Alice. Wahrscheinlich mein engster Freund, pas de problème . Solange er meinen Rat annimmt, wird er gut damit fahren. Mein Rat in diesem Moment: Er soll sich an Sie halten!
Sie waren schon fast an der Tür, da kam Caroline und zwei Schritte hinter ihr Joe.
Frohes neues Jahr und gute Nacht, Schmidtie, rief Caroline. Wir müssen uns bald mal wieder sehen. Zum Mittagessen, hier? Mike wird sicher etwas organisieren. Bis dann, aber willst du uns nicht deiner Pariser Freundin vorstellen? Sie wandte sich zu Alice. Ich bin Caroline Canning.
Alice streckte ihre Hand aus, und Schmidt sagte: Entschuldigung, ich bin verwirrt und
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