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Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall

Titel: Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P Gibert
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schon gestern, also vor Dieter Bauer, getötet.«
    Erneut lachte Erika
Schäfer aus vollem Hals. »Die gute Ruth. Ich dachte, die hätte sich längst
selbst erledigt.«
    »Wie darf ich das
verstehen?«, mischte Lenz sich ein.
    »Depressionen. Sie litt
an schweren Depressionen, wie viele ehemalige Mitarbeiter des Karlshofs
übrigens.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Es gab einmal eine
Selbsthilfegruppe, wo sich Betroffene einmal die Woche zusammengefunden haben.
Sie war eine der Initiatorinnen.«
    »Aber
sie hat doch schon lange nicht mehr im Karlshof gearbeitet?«
    »Das
stimmt. Trotzdem hat sie den Kontakt nie abreißen lassen. Manchmal kam sie
einfach so vorbei, auf einen Kaffee.«
    »Zu Ihnen?«
    Erika Schäfer lachte laut
auf. »Nein, zu mir ganz gewiss nicht. Wir mochten uns nicht so gern.«
    »Wen hat sie besucht?«
    »Ihre alte Gruppe. Dieter
Bauer und die anderen. Die Neuen.«
    »Wissen Sie, was Frau
Liebusch gemacht hat, nachdem sie den Karlshof 1985 verlassen hatte?«, wollte
Hain wissen.
    »Ja, natürlich. Zunächst
hat sie in einem Wohnprojekt hier in Kassel angeheuert, aber das war eher ein
Übergang. Danach war sie ein paar Jahre, bis zu ihrer Frührente, in einer
Suchtberatungsstelle angestellt.«
    »Ach, sie war in Rente?«
    »Schon seit 1999, wenn
ich mich richtig entsinne.« Sie wies auf die Blätter, die Hain noch immer in
der Hand hielt. »Wäre es nicht besser, wir würden zunächst die Dinge klären,
deretwegen Sie so einen Aufstand gemacht haben?«
    »Ja, gern«, erwiderte der
Oberkommissar, reichte ihr die Papiere, zog einen Kugelschreiber aus der
Jackentasche und hielt ihn der Frau hin.
    »Die Verpflegungsabrechnung«,
murmelte sie kaum hörbar. »Das waren noch Zeiten.«
    »Bitte, was sagen Sie?«,
fragte Hain mehr aus Höflichkeit zurück.
    »Nichts, nichts.« Sie
suchte mit wachen Augen die Aufstellung ab, bis ihr Blick an einem Namen hängen
blieb. »Geht es nur um die Vollzeitkräfte oder wollen Sie auch die
Berufspraktikanten aussortiert haben?«
    Lenz und Hain sahen sich
unsicher an. »Was haben denn die Berufspraktikanten zu tun gehabt?«
    »Die
haben ganz normal auf der Gruppe mitgearbeitet.«
    »Für wie lange?«
    Sie überlegte. »Zur
damaligen Zeit war es Standard, dass Sozialpädagogen ein praktisches Jahr
absolvieren mussten, bevor ihre Ausbildung beendet war. Also höchstens ein
Jahr.«
    »Dann nehmen wir sie mit
auf«, entschied Lenz.
    »Wie Sie wollen«, gab sie
schnippisch zurück und hakte einen Namen ab. Keine fünf Minuten später reichte
sie die Papiere zurück an Hain. »Das war’s. Mich selbst habe ich nicht
vermerkt, aber Sie wissen ja, dass ich zur fraglichen Zeit ebenfalls auf der
Gruppe Dienst geschoben habe.«
    Der Oberkommissar warf
einen Blick auf die wenigen Zeilen, die sie gekennzeichnet hatte. »Und das sind
wirklich alle?«
    Erika Schäfer bedachte
ihn mit einem bösen Augenaufschlag. »Was glauben Sie denn? Denken Sie, ich will
dem Irren, den Sie suchen, einen ehemaligen Kollegen ans Messer liefern?«
    »Nein, das nicht. Aber es
sind nicht viele, die Sie angekreuzt haben.«
    »Das, junger Mann, liegt
daran, dass es auf unserer Gruppe wenig bis gar keine Fluktuation gegeben hat.
Außer den paar Praktikanten, die ich aufgeführt habe, gab es nur fünf weitere
Erzieher. Und die eine, Rosemarie Schnitzler, können Sie schon streichen, von
ihr weiß ich sicher, dass sie seit Jahren tot ist.«
    Hain
machte eine Markierung hinter dem Namen. »Was ist mit den anderen? Wissen Sie
etwas über deren Verbleib?«
    Frau
Schäfer schüttelte den Kopf. »Eine der Praktikantinnen, diese Dagmar Zitter,
hat nach ihrem Jahr bei uns fest im Karlshof angefangen, aber auf einer Gruppe
im Haupthaus. Ansonsten kann ich Ihnen leider nicht helfen, die Weiteren sind weggezogen
oder haben Kinder bekommen und dann aufgehört.«
    »Ich muss noch einmal auf
eine Frage zurückkommen, die ich Ihnen heute Mittag schon gestellt habe, Frau
Schäfer«, wandte Lenz sich wieder an die Frau. »Gibt es jemanden von den
damaligen Heimbewohnern, denen Sie zutrauen würden, einen Menschen zu
ermorden?«
    »Und ich kann Ihnen nur
noch einmal sagen, dass ich den meisten der Jungs damals so was zugetraut
hätte. Aber nach so vielen Jahren? Keine Ahnung.«
    »Wirklich nicht?«, bohrte
Hain nach.
    Sie ließ sich mit ihrer
Antwort ein paar Augenblicke Zeit. »Die Füchse würden dafür infrage kommen.«
    »Wer sind die Füchse?«
    »Ein

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