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Schmuggler reisen unerkannt

Schmuggler reisen unerkannt

Titel: Schmuggler reisen unerkannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Den bringt er Ihnen. Sie überzeugen sich. Und geben ihm die
Kohle mit. Die bringt er mir. Ich verdufte. Sobald ich in Sicherheit bin, rufe
ich Sie an und sage, wo Sie Dieter abholen können. Also keine linke Tour, sonst
würde Ihr Söhnchen krepieren — dort, wo es jetzt ist.“
    „Nein, nein, nein! Ich will nur
den Jungen zurückhaben.“
    „Heiße Nächte im In-Treff“,
sagte Platzke und legte auf.
    In derselben Sekunde hörte er
das Knacken an der Tür.
    Der Bengel?
    Platzke hielt den Atem an,
schlich hin, hörte wieder ein Knacken, entfernt, und riß die Tür auf.
    Niemand war in der Diele, die
Schlafzimmertür geschlossen.
    Im übrigen handelte es sich um
ein Gebäude mit viel Holz und knackendem Innenleben.
    Leise öffnete er die
Schlafzimmertür. Dieter lag auf dem Bett mit geschlossenen Augen.
    „Dieter!“ Platzke flüsterte.
    Keine Reaktion.
    Er huschte hinein.
    Die Windjacke des Jungen hing
über einer Stuhllehne. Prall die Brieftasche mit Geld, Paß, Fotos von
verschiedenen Mädchen, einem dünnen Notizbuch und einem — tatsächlich! — einem
Mitgliedsausweis des Fußball-Clubs FC TORJÄGER.
    Den nahm Platzke heraus. Leise
verließ er das Schlafzimmer.

    300 000 würde der Ausweis ihm
einbringen. Ein nettes Nebengeschäft. Denn noch war nicht abzusehen, wie sich der
Drogenhandel entwickeln würde. Über Saßmann war die Polizei auch auf ihn,
Platzke, aufmerksam geworden. Deshalb stand über seiner Zukunft als
Zwischendealer ein Fragezeichen. Vorläufig mußte er auf Helfer wie Erika
Sonntag zurückgreifen, um nicht sich selbst in Gefahr zu bringen. Aber ob das
immer gut ging.
    Was Dieter Wasenduk betraf, sah
Platzke der Notwendigkeit ins Auge. Der Junge durfte nicht zurückkehren zu
seinem Vater. Denn mit dem würde Platzke häufig Kontakt haben, falls sich der
Handel günstig entwickelte. Die Wahrscheinlichkeit, daß er, Platzke, und Dieter
zusammentrafen, war groß. Und dann würde der drogenabhängige Junge den
vermeintlichen Gönner natürlich wiedererkennen.
    Er muß verschwinden für immer,
dachte Platzke.
    Also Mord!
    Aber davor schreckte Platzke
trotz aller Schlechtigkeit im Moment noch zurück. Erst mal kassieren. Dann
würde er sicherlich den Mut dazu haben.

20. Abschaum
     
    Zum ersten und sicherlich
einzigen Mal im Leben hatte Tim die Nacht verbracht mit einem Viertelzentner
Heroin unterm Bett.
    Grinsend wies Karl daraufhin,
als die beiden nach dem Frühstück mit Karls Eltern in Karls Zimmer
zurückkehrten.
    „Wie hast du eigentlich
geschlafen?“
    „Gut wie immer.“
    „Keine Wirkung gespürt?“
    Tim lachte. „Nur wirre Träume.
War vielleicht high.“
    Er holte den Karton hervor und
schob ihn in einen umweltfreundlichen Verkaufsbeutel aus Leinen, der auf einer
Seite den Reklamedruck trug von Margot Glockners kleinem Feinkost-Geschäft, auf
der anderen Seite drängend warb für eine bekannte Schwarztee-Marke.
    Sie verließen die trutzige
Villa und holten ihre Tretmühlen aus dem Schuppen, in dem die Gartenmöbel
überwintert hatten und der Rasenmäher.
    Ab in die Innenstadt. Der Tag
war trüb, und ein grauer Himmel drückte auf Dächer und Kirchturmspitzen. Einige
Autos fuhren mit Licht. Doch das war übertrieben.
    Gaby und Klößchen warteten bei
der Buchhandlung Lichtenacker, und Klößchen zerknüllte gerade leer-gefuttertes
Schoko-Papier, um es einem Papierkorb zu übergeben.
    Tim küßte seine Freundin auf
die Wange, die — obwohl pfirsichzart — ein wenig nach Seife schmeckte.
    Er sagte es Gaby.
    „Du mußt ja nicht an mir
knabbern“, erwiderte sie. „Im übrigen rührt der Seifengeschmack von einer Creme
her, mit der ich meine Haut schütze gegen die Unbilden der Aprilwitterung. Ihr
mit eurem Lederfell braucht euch in der Hinsicht keine Sorgen zu machen. Männer
haben nämlich bessere Gesichtshaut als Frauen — und das macht sich auch bei
Knaben bemerkbar.“
    „Wer ist hier Knabe?“ fragte
der TKKG-Häuptling. „Erklär mir das, Kleine!“
    Sie knuffte ihn, legte den Kopf
etwas schief, pustete gegen die Ponyfransen und beäugte Tim abschätzend.
    „Du siehst unternehmungslustig
aus. Ist was? Wird was sein? Was gestern abend war, weiß ich von Papi. Und was
ist da in Mamis Leinenbeutel?“
    „Den hat sie mir geschenkt, als
ich neulich Obst bei ihr gekauft habe.“
    „Gekauft? Geschenkt hat sie’s
dir! Aber du hast meine Frage nicht beantwortet.“
    „In dem Beutel, den mir deine
hochverehrte Mami schenkte samt Obst, sind 27 Pfund Heroin.“
    Gaby lachte.

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