Schmusekatze, jung, ledig, sucht
Wohnzimmer.
»Das hat was von den Trickfilmen, die ich als Kind gesehen habe«, meinte Robert. »Tom und Jerry beispielsweise.« Er sah Chrissy an. »Das kennst du bestimmt auch, dieses Bild, das einen langen Flur zeigt, auf jeder Seite ein Dutzend Türen, und dann wird Jerry von Tom von links nach rechts und von rechts nach links gejagt …«
»Ja, ich weiß, was du meinst«, bestätigte sie und musste lachen. »Ständig laufen die beiden durch eine andere Tür, bis irgendwann die Maus hinter dem Kater her ist.«
»Richtig. So was veranstalten die beiden auch.« Er zog die Augenbrauen hoch und setzte eine fragende Miene auf. » Was meinst du? Vertragen sich die beiden?«
Chrissy konnte nur mit den Schultern zucken. »Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung. Ich weiß nicht, ob das hier die Katzenvariante von Fangen ist oder ob da was anderes dahintersteckt. Vielleicht will Penny deinem Kater nur Gelegenheit geben, sich überall umzusehen«, sagte sie. »Oder sie will ihn in Sicherheit wiegen, um sich dann doch auf ihn zu stürzen und ihn zur Schnecke zu machen.«
»Hm, möglich ist beides«, stimmte er ihr zu. »Allerdings glaube ich, dass Jules nicht der Typ ist, der sich so schnell zur Schnecke machen lässt.«
Als hätte Robert ein lange erwartetes Stichwort gegeben, ertönte in diesem Moment aus dem Wohnzimmer ein durchdringendes Miauen, dem ein Fauchen folgte … und dann ohrenbetäubender Lärm, da irgendwas durch die Gegend flog, das von Chrissy nicht zuvor angekettet, angeschweißt oder festgeleimt worden war.
»Oh«, machte sie erschrocken, aber bevor sie ins Wohnzimmer laufen und dem Geräusch auf den Grund gehen konnte, setzten die beiden Katzen die Verfolgungsjagd fort – jetzt allerdings unter verschärften Bedingungen.
Wie ein Blitz schoss Jules ins Schlafzimmer, mit nur einer Körperlänge Vorsprung vor Lady Penelope, die im Laufen fauchte, als sei sie ein Drache, der vergessen hatte, dass er gar kein Feuer speien konnte. Etwas landete im Schlafzimmer auf dem Boden, ob es auch zu Bruch gegangen war, ließ sich allein nach dem Geräusch nicht beurteilen. Dann kam Jules auch schon wieder aus dem Schlafzimmer, lief auf die hintere Wohnzimmertür zu und schaffte es irgendwie, in letzter Sekunde einen Haken zu schlagen, ohne dabei wegzurutschen. Lady Penelope, die wieder dicht hinter ihm war, versuchte gar nicht erst, dieses Ausweichmanöver nachzuvollziehen, sondern stürmte weiter ins Wohnzimmer.
Jules kam auf Robert und Chrissy zu, aber sie sahen beide, dass er viel zu schnell war. Zwar versuchte er abzubremsen, aber er war mit dem Fußboden noch nicht vertraut und hatte sich ganz offensichtlich verschätzt.
Chrissy wollte sich bücken, um den Kater mit den Händen abzufangen, damit er nicht mit ihren Beinen kollidierte und sich dabei womöglich verletzte. Zur Seite springen konnte sie natürlich nicht, sonst wäre Jules weitergerutscht und gegen die Wohnungstür geprallt. Dummerweise hatte Robert die gleiche Idee wie sie und beugte sich ebenfalls vor, allerdings in ihre Richtung, weil er den Kater zu fassen bekommen wollte – mit dem Ergebnis, dass niemand seine Rutschpartie bremste, weil sie beide mit den Köpfen zusammenstießen.
»Autsch !«, rief Robert und bewegte sich hastig nach links, während er sich den Bereich über dem rechten Ohr hielt.
Chrissy drückte eine Hand auf ihre Stirn, allerdings hatte ihr Aufschrei nicht nur die Kollision als Ursache. Jules war in diesem Moment über ihren Fußrücken hochgerutscht und hatte die Gelegenheit gesehen, seine unkontrollierte Vorwärtsbewegung zu beenden – indem er seine Vorderpfoten um Chrissys Fußgelenk schlang und … dabei die Krallen ausfuhr.
Mit verkniffener Miene sah Robert sie an, da er fürchtete, sie könnte sich bei dem Zusammenstoß mit seinem Schädel die Nase gebrochen haben. Aber Chrissy stand da, kniff die Augen vor Schmerzen zu und stieß einen langen spitzen Schrei aus, obwohl ihr Gesicht unversehrt war.
Robert brauchte vielleicht vier oder fünf Sekunden, ehe er die Bewegung zu ihren Füßen bemerkte und erkannte, was sich da unten abspielte. Nach einem vorsichtigen Blick, mit dem er sich vergewissern wollte, dass sich Chrissy nicht ein zweites Mal zeitgleich mit ihm bücken würde, beugte er sich vor.
Sein Gedanke, sie von den Krallen seines Katers zu befreien, war durchaus richtig, aber er kam ein paar Augenblicke zu spät. Bevor Jules seine Umklammerung lösen und weglaufen konnte, schoss Lady Penelope aus dem
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